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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Antworten Sie!“
    „Ich pflege nur solchen Leuten zu antworten, die eine Berechtigung zu der Frage haben oder wenigstens mich höflich fragen.“
    „Ich habe die Berechtigung.“
    „Das bezweifle ich. Sie wohnen nicht hier, und so kann es Ihnen sehr gleichgültig sein, was wir hier wollen.“
    „Ich bin Offizier!“
    „Ich auch.“
    „Dies ist das Regierungsgebäude!“
    „Das weiß ich.“
    „Und ich bin Regierungsbeamter. Also habe ich zu fragen.“
    „So fragen Sie meinetwegen so viel Sie wollen! Tun Sie sich diese Güte; eine Antwort aber werden Sie nicht erhalten.“
    „Wissen Sie, daß ich sie mir erzwingen kann?“
    „Hm! Sind hier die Offiziere zugleich Polizisten und Nacht- und Tagwächter?“
    „Das geht Sie nichts an! Also ich verlange Antwort!“
    Da machte Sam auch ein ernstes Gesicht und fuhr den Leutnant an:
    „Mensch, denkst du vielleicht, wir seien gekommen, uns von einem Kosaken schulmeistern zu lassen? Das bilde dir ja nicht ein! Wenn du noch ein einziges unhöfliches Wort sagst, so schreibe ich meinem Freund, dem Gouverneur von Ostsibirien. Der wird dann dafür sorgen, daß du höflicher wirst!“
    Das war die richtige Art und Weise, sich in Respekt zu setzen, denn der sibirische Kosak will angeschnauzt sein.
    „Verzeihung, Väterchen!“ bat jetzt der Leutnant. „Ich habe nicht gewußt, daß der mächtige Gouverneur Ihr Freund ist.“
    „Sie sollen auch ohnedies höflich sein. Wir wollen zum Kreishauptmann.“
    „Den können Sie nicht antreffen, denn er ist verschwunden, und wir müssen ihn erst suchen.“
    „So gehen wir zu seinem Sohn, dem Rittmeister.“
    „Der ist bei seinem Vater.“
    „Also auch er ist verschwunden?“
    „Ja.“
    „Wohin denn?“
    „Das weiß kein Mensch.“
    „Hm! Vielleicht weiß ich, warum der Rittmeister verschwunden ist. Ein Fremder hat oft ein schärferes Auge als ein Einheimischer. Was sind denn das für zwei Kerle, die da drüben so steif stehen, als ob sie Spazierstöcke verschlungen hätten?“
    „Das sind die Wachtposten vor dem Gefängnis.“
    „Seit wann stehen sie da?“
    „Seit gestern abend.“
    „Wer hat sie hingestellt?“
    „Der Rittmeister selbst.“
    „Nun, so wissen sie vielleicht, wohin er sich begeben hat. Sie können ja ganz gut bis hierher sehen. Vielleicht haben sie ihn bemerkt, als er das Regierungsgebäude verließ.“
    „Ich habe sie bereits verhört. Sie wissen es nicht.“
    „Wahrscheinlich haben Sie nicht richtig gefragt. Ich war einst ein hochgestellter Gerichtsbeamter und habe gelernt, die Fragen so zu stellen, daß die Antworten, die ich haben will, unbedingt erfolgen müssen.“
    „So wollen wir hingehen.“
    Der Respekt des Leutnants vor dem kleinen Dicken war plötzlich außerordentlich gewachsen. Ein Freund des Gouverneurs, und dazu ehemaliger hoher Gerichtsbeamter! Das war sehr viel für das kleine sibirische Städtchen! Er ließ also Sam, Tim und Jim vorausschreiten und ging höflich hinter ihnen her. Als sie bei den Posten ankamen, sagte Sam:
    „Meine lieben Söhnchen, wißt ihr, wo der Herr Rittmeister steckt?“
    „Nein“, antwortete der eine.
    „Das ist schlimm, denn wenn ihr es nicht sagen könnt, werdet ihr die Knute bekommen. Ich rate euch also, eure Köpfchen anzustrengen. Wer hat euch denn hierhergestellt?“
    „Unser Väterchen, der Rittmeister.“
    „Dann ging er fort?“
    „Ja.“
    „Ist er wiedergekommen und brachte er jemanden mit?“
    „Ja, unser Väterchen, den Kreishauptmann.“
    „Was wollten sie da?“
    „Wir wissen es nicht.“
    „Sie müssen doch irgend etwas gesagt haben, was ihr euch habt merken können! Übrigens, zeig doch einmal her! Deine Jacke hat eine Menge Striemen und Schwielen. Du hast also Prügel erhalten. Von wem denn wohl?“
    „Von dem Väterchen, dem Rittmeister.“
    „Wann?“
    „Gestern abend.“
    „Also als er mit seinem Vater hier war?“
    „Ja.“
    „Gut! Warum haben sie denn die Knute reden lassen?“
    „Des Frosches wegen.“
    „Welchen Frosches?“
    „Des dicken.“
    „Kinderchen, so kommen wir nicht weiter. Ich muß euch ein jedes Wort abkaufen, und das erfordert doch gar zuviel Zeit und Geduld. Ich werde die Sache einmal anders anfangen.“
    Sam nahm nun die Peitsche, die er hier in Sibirien bei sich trug, aus dem Gürtel, hob sie drohend empor und fragte:
    „Was wollte der Frosch?“
    „Er wollte uns den Schatz zeigen.“
    „Schön! Seht ihr, die Peitsche macht euch gesprächiger. Also einen Schatz hat er euch zeigen wollen.

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