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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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noch immer nicht sprechen, sondern nur stöhnen.
    „Mensch“, wandte Steinbach sich an Juanito. „Du hast diesen Mann wohl verdursten lassen wollen?“
    „Er ist selbst schuld.“
    „Warum?“
    „Er arbeitete nicht: er war faul.“
    „Und da gabt ihr ihm kein Wasser?“
    „Roulin hat es befohlen. Prügel halfen nichts.“
    „Einen Indianer prügeln! Bist du toll? Seit wann hat er nicht getrunken?“
    „Seit sechs Tagen.“
    „Herrgott im Himmel! Und bereits vorher erschöpft! Drei Jahre gefangen gewesen! Es gibt keine Strafe auf Erden, die, selbst hundertfach angewandt, hart genug für euch sein könnte. Welche Arbeit hat dieser Indsman zu tun?“
    „Er ist der Fördermann. Er hat den Zinnober von hier emporzutragen und das fertige Quecksilber herabzuschaffen.“
    „So befinden sich da oben die Destillierapparate?“
    „Ja.“
    „Da, wo der Vogel sein sollte, der aber doch ein Mensch war?“
    „Ihr hattet richtig gesehen.“
    „Und wer arbeitet da oben?“
    „Lauter Männer.“
    „Wer befindet sich noch hier unten?“
    „Keiner.“
    „Wahrscheinlich belügst du uns da; aber die Strafe wird folgen.“
    „Ich sage die Wahrheit. Mir ist nun alles gleich. Roulins wegen lasse ich mich nicht wieder schlagen.“
    „Das ist sehr klug von dir. Roulins Herrschaft ist hier doch zu Ende. Also geschlagen hast du den Indianer? Siehe dich vor! Wenn er wieder zu sich kommt, so bist du verloren.“
    „Ihr werdet mich schützen.“
    „Das ist ein sonderbares Verlangen. Du trachtest uns wiederholt nach dem Leben und meinst noch, daß wir dich aus Dankbarkeit dafür verteidigen sollen. Entweder bist du maßlos unverschämt oder aber geradezu verrückt. Sieh her, wie raffiniert ihr den Armen gefesselt habt.“
    Der Apache war nämlich nicht imstande, ausgestreckt am Boden zu liegen, er lag vielmehr krumm, wie ein Hund zu liegen pflegt, und das hatte einen zwingenden Grund. Da er zum Tragen von Lasten verwendet wurde und doch Fesseln tragen mußte, auch der Möglichkeit beraubt sein sollte, sich von der Leiter zu entfernen, so hatte man eben neben der Leiter die erwähnte Eisenstange angebracht, die von unten emporführte. An dieser steckten zwei Ringe, an dem einen waren die Hände und an dem andern die Füße des Apachen mittels Ketten befestigt. So konnte er mit einer Last auf- und absteigen und doch gefesselt bleiben, denn die Ringe liefen ja neben der Leiter an der Eisenstange mit empor. Wollte er sich aber zur Ruhe legen, so waren die Ketten zu kurz, und er mußte liegen wie ein Hund, so daß Hände und Füße einander an der Stange berührten.
    „Das hat Roulin sich erdacht“, entschuldigte sich Juanito.
    „Und du bist sein Henkersknecht. Du hast den Apachen geschlagen; diese Beleidigung kann nur dein Tod sühnen, wenn nicht etwas noch Schlimmeres geschieht. Jetzt mag er sich völlig erholen. Wir steigen indessen nach oben.“
    Da richtete sich der Indianer auf. Er warf einen unendlich dankbaren Blick auf Steinbach und sagte:
    „Nimm mein Leben, du bist mein Retter!“
    Die Stimme klang pfeifend und heiser. Steinbach öffnete jetzt mit Hilfe des Schlüssels die beiden Schlösser, die den Indianer an die Kette befestigten. Der Apache war frei. Er dehnte, reckte und streckte sich. Seine Augen begannen zu funkeln und richteten sich auf Juanito, und dann – wie war es doch möglich, daß es so schnell geschah – riß der Apache mit einer blitzschnellen Bewegung Langendorff das Messer aus dem Gürtel, warf sich auf Juanito, riß ihn zur Erde, faßte mit der Linken dessen Haar, trat ihm mit einem Fuße auf die Brust, drei kurze, rasche Schnitte, ein Ruck am Haar, ein entsetzlicher Schrei Juanitos, der Apache sprang von seinem Feind auf, stieß ein triumphierendes Geheul aus und schwang die abgerissene Kopfhaut in der Linken – Juanito war skalpiert, bei lebendigem Leib skalpiert!
    Steinbach hatte an der Leiter emporgeblickt. Er war bereit gewesen, hinaufzusteigen. Darum war er auf das sich mit so rapider Schnelligkeit abspielende Ereignis erst aufmerksam geworden, als der Apache bereits auf Juanito kniete und ihm mit dem Messer rund um das Haar die Schnitte machte. Das übrige geschah so schnell, daß, trotzdem Steinbach sofort hinzusprang, er den Apachen doch erst packte, als dieser bereits die Kopfhaut in der Hand hatte.
    Juanito brüllte natürlich wie ein Rasender. Er lag am Boden und peitschte denselben mit Händen und Füßen. Sein Geschrei hatte nichts menschenähnliches.
    „Was hast du

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