54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Morgen!“ lachte er sie an. „Wie befinden wir uns?“
„Danke! Sehr gut!“ antwortete sie ihm ironisch höflich.
„Freut mich sehr, freut mich außerordentlich! Leider war es uns nicht möglich, dir ein glänzenderes Gemach zu geben.“
„Oh, es genügt vollständig! Man hat ja die allerschönsten Spaziergänge ganz in der Nähe.“
„Alle Teufel! Willst du dich über mich lustig machen?“
„O nein. Ich bin zwar bei sehr guter Laune, aber mit einem solchen Halunken kann man doch nicht gut lustig sein.“
„So erkennst du mich?“
„Ja. Dein Gesicht ist so schuftig, daß man es wohl niemals vergessen kann.“
„Wahre deine Zunge!“ donnerte er sie an. „Ich habe genug Mittel, dir deine gute Laune sehr gründlich zu verderben! Ich lasse dich peitschen! Du sollst vor Hunger und Durst dich zu Tode wimmern, und du wirst das Licht des Tages in deinem Leben nie wieder erblicken!“
„Das ist mir sehr lieb, denn da bekomme ich dich doch nicht zu sehen.“
„Weib, was fällt dir ein? Spielst du etwa mit dem Entsetzen? Meinst du, ich treibe Scherz und habe dich nur zum Spaß eingesperrt?“
„O nein! Ernst ist es dir; das weiß ich sehr genau. Aber ich selbst habe noch nicht Ernst gemacht. Wenn ich will, bin ich frei. Du aber wirst das Schicksal haben, das du für uns bestimmt hast. Während du meinst, daß wir uns in deiner Hand befinden, befindest du dich in der unsrigen.“
„Du bis verrückt. Hat dir dein guter Freund, der Derwisch nicht gesagt, was euch erwartet?“
„O doch.“
„Und du lachst darüber!“
„Ja. Auch ihr würdet lachen, wenn ich euch sagen wollte, was euch erwartet. Wir werden ja sehen, wer über den anderen zu lachen hat. Jetzt sind wir fertig und du kannst gehen!“
Zykyma wandte sich ab, und nun erging es ihm mit ihr geradeso wie mit Tschita; er brachte sie nicht wieder zum Sprechen und mußte die Klappe resultatlos verschließen.
„Das kann ich nicht begreifen“, sagte er im Weitergehen zu den anderen. „Ich habe mir das Verhalten dieser Frauen ganz anders vorgestellt. Die tun ja geradeso, als ob sie die Siegerinnen seien! Sie sind so verteufelt zuversichtlich, daß man es sich gar nicht zu erklären weiß.“
„Oh, zu erklären ist es schon! Sie wollen uns nicht die Freude machen, über sie zu triumphieren. Das ist ja so Weiberart.“
„Mag sein. Wollen sie also bei ihrer geheuchelten Lustigkeit lassen. Sie wird ihnen sehr bald vergehen.“
Und die Uhr ziehend, um nach der Zeit zu blicken, fuhr er fort:
„Es ist wahrscheinlich, daß die Herrschaften nun kommen. Wollen also unsere Posten einnehmen.“
Sie bogen nun nach rechts ein und gelangten vor der Tür der Brunnenstube an. Als der Kastellan geöffnet hatte, traten die beiden nur mit großer Selbstüberwindung ein. Sie wußten nur die dünnen Bretter zwischen sich und dem Tod und atmeten erleichtert auf, als die gegenüberliegende Tür geöffnet war und sie nun wieder auf fester Erde standen.
„Das ist wirklich ein verfluchtes Gefühl“, sagte der Pascha.
„Es ist, als ob man über Wolken laufe, durch die man alle Augenblicke brechen kann. Also hier ist mein Platz?“
„Ja“, antwortete der Kastellan, indem er die Tür hinter sich wieder verschloß. „Bleiben Sie allein hier?“
„Nein, ich bleibe auch da“, antwortete der Derwisch.
„So verhalten Sie sich nur still, damit die Sache nicht verdorben wird! Wenn es nur einem einzigen gelänge, zu entkommen, so wären wir alle verloren.“
„Von welcher Seite bringen Sie sie?“
„Von derjenigen, von der wir jetzt gekommen sind. Sind wir in der Brunnenstube angelangt, so schließe ich hinter ihnen zu. Vor ihnen aber schließe ich auf, indem ich so tue, als ob ich sie weiterleiten wolle, werfe aber, wenn ich durch diese Tür gekommen bin, dieselbe in das Schloß. Dann sind sie gefangen!“
„Können sie die Türen nicht aufsprengen?“
„Oh, die sind so stark, daß ein Aufsprengen gar nicht möglich ist. Und wäre es möglich, so genügt ja ein Druck meiner Hand hier auf den Hebel, sie alle sofort in die Tiefe verschwinden zu lassen.“
„Vorher aber will ich mit ihnen sprechen.“
„Ja. Diese Tür hat, wie ich Ihnen bereits zeigte, auch eine Klappe. Sobald Sie diese öffnen, können Sie sich mit den Herrschaften nach Belieben unterhalten.“
„Machen Sie mir den Spaß und lassen Sie mich den Hebel bewegen! Ich selbst möchte es sein, der sie in die Hölle spediert.“
„Das geht nicht. Sie könnten falsch drücken, und
Weitere Kostenlose Bücher