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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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möglichst zu vermeiden, und deshalb hatte Peter Dobronitsch, dem der Grund und Boden gehörte, da hier in dieser wenig belebten Gegend eine Brücke nicht anzubringen war, eine Fähre gebaut, die aus einem kräftigen, fest zusammengezimmerten Floß bestand, das an einem Seil von einem Ufer zum anderen lief. Dieses Seil war hüben und drüben an dem hohen, felsigen Ufer befestigt.
    Propow ritt auf dieses Floß und stieg dann vom Pferd, um sich am Seil hinüberzuziehen. Doch er hatte die Mitte des Stroms noch nicht erreicht, da wurden drüben zwei Reiter sichtbar, die, wie es schien, ebenfalls die Fähre benutzen wollten, um herüberzukommen.
    Der Kosak war nicht umgekehrt, sondern hielt am linken Ufer des Flusses, um achtzugeben, wie sein Verbündeter das rechte Ufer erreichen werde. Als er die beiden Reiter sah – als Grenzwächter hatte er die Verpflichtung, auf alles zu achten –, beschloß er sofort, da das Mißtrauen ihm zur zweiten Natur geworden war, zu warten, bis dieselben herüberkommen würden.
    Jetzt langte Sergius Propow drüben an. Er kannte den einen der Reiter sehr gut.
    „Gisa, du bist es?“ begrüßte er ihn. „Wie kommst du hierher?“
    Es war wirklich Gisa, der alte Tunguse, den Karpala ihrem Geliebten als Führer nach dem Mückenfluß mitgegeben hatte. Der andere war Georg Adlerhorst, der flüchtige Kosak Nummer zehn. Er trug jetzt nicht die Uniform, sondern ein tungusisches Gewand, das Gisa ihm unterwegs verschafft hatte.
    „Ja, ich bin es“, antwortete letzterer. „Wie geht es dir, Sergius?“
    „Sehr gut. Doch was willst du so allein oder vielmehr nur zu zweien hier am Mückenfluß?“
    „Ich will zu Peter Dobronitsch. Ich führe diesen Herrn zu ihm.“
    „So, so! Was will er denn bei Dobronitsch?“
    „Brüderchen, wir haben nicht viel Zeit zum Plaudern. Du wirst es noch erfahren, wenn du zu Peter Dobronitsch kommst. Du bist ja ein guter Freund von ihm.“
    „Gewesen!“
    „Brüderchen, Brüderchen! So hast du dich mit ihm veruneinigt? Weshalb denn?“
    „Das wirst du erfahren, wenn du zu ihm kommst. Auch ich habe keine Zeit zum Schwatzen übrig. Lebe wohl!“
    „Sage mir erst, wer da drüben am anderen Ufer hält! Meine alten Augen sind schwach. Es ist ein Reiter. Er sieht aus wie ein Kosak.“
    „Er ist auch einer, und zwar der Wachtmeister Wassilij von der oberen Stanitza. Fürchtest du dich vor ihm?“
    Die Frage war in mißtrauischem Ton ausgesprochen worden, denn Gisa hatte sein Gesicht nicht in der Gewalt gehabt, und es war, als er den Namen des Wachtmeisters gehört, ein leiser Schreck über seine Züge gegangen, was Propow wohl bemerkt hatte.
    „Fürchten?“ fragte jetzt Gisa. „Warum soll ich mich vor diesem Wachtmeister fürchten?“
    „Weiß ich es? Es war mir ganz so, als ob es dir nicht lieb sei, daß er sich da drüben befindet.“
    „Oh, es ist mir sogar sehr lieb.“
    „Bist du etwa ein Freund von ihm?“
    „Du weißt, daß ich überhaupt keines Menschen Feind bin.“
    „Ja, aber der allerbeste Freund bist du wohl den ‚armen Leuten‘, Brüderchen.“
    „Wer hat das gesagt?“
    „Jedermann spricht davon.“
    „Da irrt man sich sehr.“
    „O nein, dein Herz ist eben zu weich und zu gut. Nimm dich ja in acht, und jetzt lebe wohl!“
    Mit diesen Worten schwang Propow sich auf sein Pferd und ritt davon, aber nicht ohne vorher Georg Adlerhorst noch einmal genau betrachtet zu haben.
    „Ein gefährlicher Mensch!“ sagte Gisa zu letzterem. „Aber er macht mir keine Sorgen. Wenn ich Bedenken hege, so ist es nur wegen des Kosaken da drüben. Er ist ein tüchtiger Grenzer, Tag und Nacht im Sattel, unermüdlich, listig, falsch, heimtückisch und dabei sehr freundlich ins Gesicht.“
    „Wollen wir etwa so lange warten, bis er da drüben fort ist?“
    „Wie du denkst.“
    „Ich halte es nicht für gut. Wenn wir hier warten, glaubt er, wir haben Veranlassung, ihn zu fürchten. Da wird er gerade erst recht nicht weichen.“
    „Das ist wahr. Aber er wird mit dir sprechen und dich ausfragen, mein Söhnchen. Was willst du antworten?“
    „Daß ich ein Bauer aus der Gegend von Jekaterinburg bin und mich hier ankaufen will.“
    „Hast du denn eine Reiseerlaubnis?“
    „Das laß nur meine Sorge sein.“
    „Ganz wie du willst! Also du meinst, daß wir hinüberfahren?“
    „Auf alle Fälle.“
    Die Männer stiegen nun von ihren Pferden und führten dieselben auf das Fährfloß, mit dem sie sich an Seilen nach dem jenseitigen Ufer zogen. Dort hielt der

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