54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
der Feueresse zusammen, und das gibt so einen Strahl.“
„Schimpf nicht. Die Esse ist doch sehr eng. Wie kann da so viel hineinregnen! Es ist wirklich so, als ob ein Wolkenbruch niederginge.“
„Du, ob es ein Gewitter ist?“
„Nein, da würde es doch donnern, und das müßten wir hören.“
„Es gibt auch Gewittergüsse ohne Donner.“
„Mag sein; aber mir ist das ganz unbegreiflich. Mir steigt das Wasser, weiß Gott, bereits über die Füße!“
„Mir auch.“
„Es wird euch schon noch höher steigen“, lachte Dobronitsch leise.
Jetzt blieb es eine Weile still. Dann hörte man den Kosakenwachtmeister sagen:
„Du, mess einmal! Wie hoch geht dir das Wasser?“
„Herrgott! Bis an die Knie! Eine verdammte Geschichte! Wenn es nur wenigstens bald aufhören wollte!“
„Oh, das macht weiter fort!“
„Das ist ein schöner Trost! Wenn es nach deiner Ansicht geht, so sind wir längst ersoffen, ehe es sich abgewittert hat.“
„Das wolle Gott verhüten!“
„Ja. Möge er mir gnädig aus der Patsche helfen. Dich kann er meinetwegen ertrinken lassen!“
„Treibe keinen Spott! Bei so einem Wetter muß man andächtige Gedanken hegen!“
„Bleibe mir mit deiner Andacht vom Leib! Sage mir lieber, wie wir uns aus dieser Schwemme befreien können!“
„Weiß ich es?“
„Hm! Ein Fenster ist nicht da!“
„Leider!“
„Und die Tür hat dieser Kerl verriegelt.“
„Wir müssen klopfen.“
„Wir blamieren uns da aber auf eine schreckliche Weise. Wenn man uns zu sehen bekommt!“
„So klopfen wir lieber nicht.“
„Aber hier bleiben können wir doch auch nicht. Wenn das so fortgeht, kann ich in zwei Minuten schwimmen!“
„Ich kann gar nicht schwimmen!“
„Da stirbst du schneller. Ich beneide dich.“
„Sei still! Um Gottes willen, sei still! Ich mag um keinen Preis ersaufen!“
„Ich auch nicht. Das kannst du dir denken. Gibt es denn keine Rettung aus diesem fürchterlichen Regenwetter? Hm! Wenn wir zur Esse hinaus könnten! Wollen es versuchen. Du bist dürrer als ich. Ich will mich bücken. Steig' mir einmal auf den Rücken. Dann kannst du in das Loch hinauflangen.“
Als Dobronitsch diese Worte hörte, hielt er das Mundstück des Schlauchs mit dem Finger zu und wartete.
Ein Ächzen und Krächzen ließ sich hören.
„Na, steige!“ sagte der Kosak. „Ja, gleich! Jetzt, jetzt!“
„Kannst du die Esse erreichen?“
„Ja, ich habe sie.“
„Kannst du hinein?“
„Nein. Sie ist zu eng, und – ja, was ist denn das? Ich kann jetzt hinaussehen, ganz deutlich. Es ist ein ganz schöner Sternenhimmel.“
„Unmöglich! So schnell hört kein Regen auf.“
„Und doch ist dies der Fall. Ich sehe alle Sterne am Himmel leuch – – – Oh! Ach! Auh! Puh! Himmelsakrament!“
Sergius brach plötzlich ab, denn Dobronitsch hatte dem Emporblickenden den Strahl gerade ins Gesicht gelassen. Im nächsten Augenblick hörte man einen derben Plumps und dann ein anhaltendes Glitschen und Plätschern.
„Was gibt's denn?“ fragte der Kosak.
„Ich bin in das Wasser gestürzt, von deinem Rücken herab.“
„Daran bist du selber schuld. Warum steigst du nicht langsamer herunter?“
„Es warf mich herab. Es hat wieder angefangen. Hörst du es denn nicht?“
„Hm. Das läuft allerdings wie aus einem Rohrbrunnen. Und da redest du von einem heiteren Sternenhimmel!“
„Ich habe ihn doch gesehen.“
„Unsinn! Aber das Wasser steigt immer höher und höher. So etwas ist doch kaum denkbar. Regen kann das nicht sein. Das ist unmöglich. Ein Wolkenbruch ist es. Du, ich warte nicht länger. Ich klopfe.“
„Ja, vielleicht ist es das allerbeste.“
Die drei Lauscher vernahmen ein lautes Klopfen.
„Jetzt wecken sie deine Leute auf“, flüsterte Boroda.
„O nein. Das Gesinde schläft im anderen Gebäude, und Frau und Tochter schlafen zwar im Haus, aber auf der anderen Seite. Die Kerle mögen nur klopfen. Kein Mensch wird sie hören.“
Nachdem die beiden Eingesperrten eine Zeitlang an die Tür gedonnert hatten, warteten sie, ob man sie gehört habe, dann sagte nach einer längeren Weile Sergius:
„Es kommt kein Mensch! Wir müssen noch einmal klopfen.“
Sie pochten abermals, und zwar aus Leibeskräften, aber ebenso vergebens. Dabei hatten sie weniger auf das Steigen des Wassers achtgegeben, bis plötzlich Sergius erschrocken rief:
„Sapperment, Wachtmeister! Mir geht das Wasser schon bis an die Brust!“
„Weiß Gott, es ist wahr! Das ist zu toll! Das ist wirklich
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