54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Verbündeten nicht gehört werden konnten. So gelangte er an den betreffenden Ast.
Nun schlüpfte er auf demselben nach dem Eingang des Verstecks hinüber, suchte dort im Finstern mit der Hand nach dem Draht und zog einige Mal stark an demselben. Als er dann lauschte, war es ihm, als ob er aus der Ferne den hellen, silbernen Ton einer Klingel höre. Das Zeichen war also gegeben.
Darauf kehrte er wieder zurück, und je tiefer er hinabkletterte, desto leiser und langsamer wurden seine Bewegungen. Dennoch vernahm er, als er auf den untersten Ästen ankam, wie der Kosak fragte:
„Hast du nichts gehört? Es war etwas über uns in den Zweigen.“
„Jedenfalls ein Eichhörnchen.“
„Mag sein. Ich möchte nur wissen, was das Klingeln zu bedeuten gehabt hat.“
„Vielleicht war es ein Zeichen für das Gesinde, nun in das Haus zu kommen und sich schlafen zu legen. Warten wir noch eine kurze Zeit, und dann will ich mich noch einmal hinschleichen, um nachzusehen, ob die Leute zu Bett sind.“
Wieder verging vielleicht eine Viertelstunde, während der sich die beiden Männer unter dem Baum still verhielten. Dann entfernte sich der Wachtmeister, und als er zurückkehrte, meldete er:
„Sie sind wirklich zu Bett. Alle Lichter mit Ausnahme desjenigen in dem Kämmerchen, auf dessen Fenster das Essen und Trinken steht, sind ausgelöscht.“
„So scheint es, daß der Fang uns gelingen wird. Wollen wir jetzt aufbrechen?“
„Warten wir noch einige Augenblicke, bis sie eingeschlafen sind!“
„Ich denke mir, daß Peter Dobronitsch sich gar nicht niederlegen, sondern auf Boroda warten wird.“
„Schon möglich. Ich habe ganz vergessen, nachzusehen, ob er droben in seiner Giebelstube Licht hat.“
„Davon können wir uns nachher überzeugen.“
Es vergingen nun noch einige Minuten, dann verließen die beiden Spione die Pechtanne, indem sie sich hart an dem Felsen hielten, damit sie von einem vielleicht doch anwesenden Lauscher nicht gesehen werden konnten.
Schnell schwang sich jetzt Georg aus den Ästen zur Erde nieder und folgte ihnen, indem er in tief gebückter Haltung hinter ihnen herhuschte und sich Mühe gab, die Männer nicht aus dem Auge zu lassen.
Diese waren so vorsichtig, jede Deckung zu benutzten, und hielten hinter jedem Busch an, um zu überlegen, ob der freie Raum vor demselben nicht beobachtet werde.
So gelangten sie ganz in die Nähe des Hauses, wo sie sich zunächst nach der Giebelseite desselben begaben, um zu sehen, ob der Bauer Licht habe. Georg tat dasselbe, hielt sich jedoch so fern von ihnen, daß sie ihn in keinem Fall sehen konnten. Das Giebelfenster war dunkel.
Nun schlüpften Propow und der Kosak nach dem betreffenden Fenster, das erleuchtet war.
Der Kosakenwachtmeister stieß einen der nur angelehnten Flügel desselben auf. Dann stieg er ein.
Sergius folgte. Als sich beide im Kämmerchen befanden, schoben sie die Fensterflügel wieder aneinander.
Nun huschte Georg hinzu, stellte sich aber so, daß der Schein des Lichts seine Gestalt nicht treffen konnte, und vermochte nun, den kleinen Raum ganz zu überblicken.
Auf einem Tischchen stand eine kleine Öllampe, die das Kämmerchen zur Genüge erleuchtete. Auf dem Fensterbrett lagen ein halbes Brot und ein Stück Speck, daneben stand ein Fläschchen voll Branntwein. Links gab es eine Tür, die jedenfalls nach dem Hausflur führte, und gegenüber dem Fenster war eine zweite, die, schmaler und viel niedriger als die vorige, mit starkem Eisenblech beschlagen war.
Zu dieser Tür traten die beiden Männer, öffneten sie und huschten hinein.
„Aha!“ dachte Georg. „Das ist die erwähnte Räucherkammer, und sie verstecken sich darin, um Boroda zu ergreifen, wenn er einsteigt, um den Bauern zu suchen. Was beginne ich? Nichts. Ich habe meine Schuldigkeit getan und ziehe mich zurück.“
Damit schlich er sich wieder von dannen, um sich nach der Pechtanne zu begeben, und eben wollte er unter das weite Dach derselben treten, da wurde er von einer barschen Stimme angerufen:
„Halt! Keinen Schritt weiter!“
Georg erschrak. Er kannte zwar keine Furcht, aber wenn man des Nachts so plötzlich angedonnert wird, erschrickt man doch ein wenig.
Er hob den Fuß, um einen Schritt vorwärts zu gehen. Da knackten zwei Hähne.
Jetzt durchdrang Georgs Auge das Dunkel, und er sah eine hohe Gestalt am Stamm des Baumes stehen, die ihm mit ausgestrecktem Arm etwas entgegenhielt, jedenfalls eine Pistole.
Ein Gedanke schoß Georg durch den
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