54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
sollst mit uns zufrieden sein, vorausgesetzt nämlich, daß auch wir nicht über dich zu klagen brauchen. Sage uns nur, ob du die Frau des Majors bist, wie sich aus deinen Worten vermuten läßt.“
„Ich bin es.“
„Wer befindet sich denn noch im Haus?“
„Nur Kathinka, meine alte Magd. Sie schläft droben in ihrer Kammer.“
„Das stimmt. Ich merke, daß du die Wahrheit sagst, und das ist sehr gut für dich. Weißt du wohl, wo sich die Schlüssel zum Zeughaus befinden?“
Die Frau zögerte mit der Antwort. Dann sagte sie:
„Nein, das weiß ich nicht.“
Aber es war ihr leicht anzuhören, daß sie damit nicht die Wahrheit sagte.
„Mütterchen“, antwortete da Sam in warnendem Ton, „wenn du uns belügst, so kannst du nicht von uns erwarten, daß wir dich so rücksichtsvoll behandeln, wie es eigentlich unser Wille ist. Du weißt, wo die Schlüssel sind. Schau dir die Knute an, die ich hier an meiner Seite hängen habe! Soll ich damit etwa eine Frau schlagen?“
„Um Gottes willen! Das wirst du doch nicht?“
„Ich werde es, wenn du nicht die Wahrheit sagst.“
„Was willst du denn mit den Schlüsseln?“
„Das wirst du zur Zeit erfahren. Also!“
Er zog die Knute drohend aus dem Gürtel.
„Laß sie stecken!“ bat sie nun. „Die Schlüssel sind dort in dem Schränkchen.“
Sam öffnete sofort dasselbe und sah wirklich darin einen Schlüsselbund hängen und daneben noch einen einzelnen Schlüssel, den er genau mit den anderen verglich.
„Ah“, sagt er, „gewiß ist das der Hauptschlüssel?“
„Ja. Er öffnet alle Türen des Zeughauses. Mein Mann nimmt ihn beim Revidieren.“
„Schön! So werde ich ihn auch nehmen, und hier ist der Bund.“
Sam gab Jim denselben und sah sich dann aufmerksam in der Stube um. In der Ecke am Fenster stand ein Schreibtisch.
„An diesem arbeitet wohl dein Mann?“ fragte er.
„Ja.“
„Wollen einmal in die Fächer schauen.“
Sam öffnete hierauf dieselben und schien das gefunden zu haben, was er suchte, denn er nickt befriedigt vor sich hin, winkte den Major Sendewitsch zu sich und flüsterte diesem zu:
„Schau, hier sind Petschafte und Stempel des Regimentes, auch Papier und alles Zugehörige. Das übrige ist nun deine Sache.“
„Was soll ich damit?“
„Welche Frage! Brauchst du nicht Legitimationen?“
„Ah, du hast recht. Hier kann ich mir einige Ordres ausfertigen, die vollständig ausreichen, uns alle zu legitimieren und uns zugleich der Hilfe und des Schutzes aller Behörden zu versichern. Wenn ich nur die Namen der hiesigen Offiziere wüßte! Auch den Namenszug des Majors möchte ich kennen.“
„Nichts leichter als das. Da in dem andern Kasten habe ich eine Liste gesehen, die die gewünschten Namen enthalten wird. Darauf hat der Major unterschrieben. Da ist sie. Setze dich her und schreibe!“
Der einstige Offizier zog sich nun einen Stuhl herbei, und Sam brachte ihm die Lampe. Dann begann der erstere, die Liste durchzustudieren und sodann zu schreiben.
Die Frau schien endlich einzusehen, daß sie eine Gefahr für ihre Person nicht zu fürchten habe. Sie wandte sich daher in möglichst strengem Ton an Sam:
„Weiß du auch, was du tust?“
„Ja, Mütterchen, sehr genau“, antwortete er lachend. „Es ist nichts Ungerechtes, gar nicht Ungerechtes. Ich habe dem Mann da nur den Befehl gegeben, die Kompanielisten zu kopieren. Wenn du es deinem Gatten sagst, so wird er schon wissen, warum. Hast du nicht ein Gläschen Wodka hier?“
„Drüben, nicht hier in der Stube.“
„So komm mit hinüber. Brenne ein Licht an! Wir haben Durst.“
Sam tat dies, damit die Frau nicht beobachten könne, was der frühere Major vornahm. Sie sollte nicht sehen, daß er sich des Stempels und des Petschaftes bediente.
Sie mußte ihn und die anderen nun wohl oder übel hinüber in den bereits erwähnten Vorratsraum führen, wo die Männer in aller Gemütsruhe einige Gläser Schnaps zu sich nahmen. Sie beeilten sich dabei durchaus nicht, um Sendewitsch Zeit zu geben, mit seiner Schreiberei fertig zu werden.
Als sie sich dann wieder hinüberbegaben, hatte Sendewitsch sich eben von seinem Schreibtisch erhoben und steckte mehrere zusammengefaltete Bogen zu sich.
„Fertig?“ fragt Sam.
„Ja. Ich habe alles.“
„Gut! So wollen wir gehen. Du aber bleibst hier bei dem Mütterchen und sorgst dafür, daß es sich ruhig verhält.“
Die letzten Worte waren an Georg von Adlerhorst gerichtet, der ja, weil er nicht mit den Verbannten ritt,
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