54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Christina, die Magd?“
„Nein, sondern Mila, die Tochter.“
Da trat sie einen Schritt zurück und sagte in vorwurfsvollem Ton:
„Du solltest mich doch nicht hänseln! Ich bin die Tochter eines Bauern. Du aber bist ein – ein – ein – berühmter Zobeljäger.“
„Was ist das weiter? Ist ein Zobeljäger etwa etwas viel Besseres als ein Landwirt? Der Zobeljäger dient nur dem Luxus, der Landwirt aber ernährt die Menschen. Das ist ein Unterschied. Übrigens bin ich am längsten Zobeljäger gewesen. In Deutschland gibt es keine Zobel.“
„Was wirst du dort tun?“
„Ich werde das, was dein Vater ist, ein Bauer. Mila Dobronitscha, sage mir, möchtest du nicht meine Bäuerin sein?“
Alexius legte den Arm um ihre Taille. Sie duldete es, doch ohne ihm eine Antwort zu geben.
„Mila“, bat er, „sprich! Könntest du mir so gut sein, daß du meine Frau werden möchtest?“
Er beugte den Kopf zu ihr nieder und blickte ihr in das erglühende Gesicht.
„Ja“, antwortete sie ganz leise.
Da jauchzte er laut auf und rief:
„Mila, meine Mila, meine liebe, gute, herrliche Mila! Endlich, endlich habe ich dich!“
Er drückte sie an sich und küßte sie. Sie erwiderte seinen Kuß, fuhr aber höchst erschrocken zurück, als hinter ihnen eine Stimme ertönte:
„Sachte, sachte! Wartet noch ein wenig, denn ich will auch mittun.“
Sie fuhren herum und sahen den Dicken, der eiligst heraufgestiegen kam.
„Oheim!“ rief Alexius. „Hast du gesehen, was hier vorgegangen ist?“
„Ein Zollverein zwischen zwei Nachbarstaaten ist gegründet worden.“
„Sehr richtig, und soeben wurde ein Staatsvertrag besiegelt.“
„Nun bedarf es nur noch eines Stempels. Hier habt ihr ihn. Junge, Mädchen, Kinder, Neffe, Nichte, Alexius, Mila, ich bin euer alter, guter, dicker Prachtonkel! Warum habt ihr mir das angetan, euch die Liebeserklärung in meiner Abwesenheit zu machen! Ich wollte euch belauschen. Nun aber komme ich zu spät. Darum sollt nun ihr kommen, nämlich an mein Herz. Aber erdrückt mich nicht, ich bin sehr weich!“
Sie schlangen ihre Arme um ihn, und er gab Mila einen herzhaften Kuß auf den Mund.
„Donnerwetter! Ja, das ist eine Delikatesse!“ rief er aus. „Junge, die halte dir fest, sonst heirate ich sie dir vom Leder weg! Welch ein Glück, daß ich aufwachte.“
„So hast du geschlafen?“ fragte Alexius.
„Ja, aber es litt mich doch nicht dabei. Mir träumte, ich stände mit der Frau des Majors am Altar, um für ewig mit ihr auf zwei Stühlen zusammengebunden zu werden. Das war entsetzlich. Wir hüpften auf unseren Stühlen wie die Grasspringer hin und her und konnten doch nicht voneinander loskommen. Dies trieb mir einen solchen Angstschweiß aus, daß das Wasser zwei Meter hoch in der Stube stand. Wenn ich nicht noch im letzten Augenblick aufgewacht wäre, so hätte ich in meinem eigenen Angstschweiß ersaufen müssen.“
„So gratuliere ich dir zur glücklichen Rettung.“
„Danke! Sehr verbunden, mein Junge. Aber sagt mir einmal, weiß noch jemand anderer um eure zukünftige eheliche Liebe?“
„Nein. Du bist der erste und einzige Zeuge.“
„So werde ich dafür sorgen, daß wenigstens die Hauptperson Peter Dobronitsch davon benachrichtigt wird.“
„Willst du zu ihm?“
„Ja. Die Kosaken halten noch immer wie die Ölgötzen am Wasser, und es wird Zeit, daß wir unseren Dobronitsch aus ihren Händen befreien.“
„Tue es, lieber Sam“, bat Mila.
„Lieber Sam“, wiederholte der Dicke. „Sapperment! Für so ein Wort aus solchem Mund springe ich ins Feuer und dann auch ins Wasser, ohne mich zu fragen, ob ich mich erkälte. Ich laufe schon.“
Er eilte die Steilung hinab und durch die Höhle, ohne die anderen augenblicklichen Insassen derselben zu beachten.
Als er unten am Baum angekommen war, schlug er die Richtung nach dem Fluß ein, nahm die Haltung eines Spaziergängers an, der läuft, eben nur um zu laufen, und hielt die Augen zur Erde gerichtet, indem er tat, als ob er weder nach rechts noch nach links blicke, bis er von einem Ruf aus seinem scheinbaren Nachdenken geweckt wurde.
„Halt! Steh!“
Nun blickte er auf und blieb stehen. Da stand ein Kosak vor ihm und hielt ihm die Mündung des Gewehres entgegen.
„Donnerwetter, tu das Gewehr weg!“ rief Sam. „Wenn es unversehens losgeht, könnte die Kugel sich in der Richtung irren und dir durch den Kolben in den Leib fahren.“
„Wer bist du?“
„Sam Barth. Ich bin Gast bei Peter
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