55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
hintere Tür. Als er wieder zurückkehrte, brachte er eine Anzahl Lichter, welche sofort angebrannt wurden, und Verbandzeug mit. Der Oberst war der erste, welcher verbunden wurde, dann kam dessen Vater an die Reihe. Es war jetzt noch nicht zu bestimmen, ob vielleicht ein Teil seiner Hand gelähmt bleiben werde.
Die Wunden der Verbrannten waren nicht sehr gefährlich, aber desto schmerzhafter. Der Alte verband sie so gut wie möglich und überließ es dann den Gesunden, die Kranken nach Hause zu geleiten. Bis sie sich entfernt hatten, ging er ab und zu, um die Eingänge zu verschließen, dann meinte er zu den beiden Rallions, die sich noch allein im Saal befanden:
„Durch die unterirdischen Gänge können wir nicht zum Schloß zurückkehren.“
„Warum nicht?“ fragte der Graf.
„Weil wir das Tor verlassen haben, und weil man ja Ihre Verletzungen morgen sehen wird, sie aber nicht begreifen könnte.“
„Aber womit wollen wir sie erklären?“
„Pah, das ist sehr leicht! Wir sind im Dunkel über eine Wiese gegangen, da hat eine Sense gelegen. Der Oberst ist auf den Stiel getreten, und so schlug ihm das Sensenblatt quer über das Gesicht. Ihnen aber, Graf, ist die Spitze in die Hand geraten. Kommen Sie. Wir müssen uns sputen, denn es fällt mir ein, von Ihnen gehört zu haben, daß Sie Ihrem Maler noch, heute seine Instruktionen geben wollen.“
Sie verließen die Ruine und wanderten durch den Wald nach dem Schloß, welches sie erreichten, als Müller kaum seine eigentümliche Unterredung mit Hassan, dem Zauberer, begonnen hatte.
Natürlich erregte es die höchste Verwunderung der Dienerschaft, die Herren so spät heimkehren zu sehen, und dieses Erstaunen wurde durch die Verwundung der Rallions noch gesteigert, doch wagte natürlich keiner, eine Frage auszusprechen.
Die Damen waren zur Ruhe gegangen, die Herren begaben sich in ihre Zimmer; vorher aber ließ der Graf dem Maler sagen, daß er ihn in drei Viertelstunden noch aufzusuchen gedenke. In seiner Wohnung angekommen, nahm er Papier und Kuverts hervor und schrieb gegen eine halbe Stunde lang. Dies ging an, da glücklicherweise die linke und nicht die rechte Hand verwundet war. Dann steckte er die Briefe in ihre Kuverts, verschloß die letzteren und begab sich zwei Treppen höher, wo der Maler sein Zimmer hatte und ihn noch erwartete.
Haller, oder vielmehr Lemarch, erhob sich sehr höflich beim Eintritt des Grafen und bot ihm einen Sessel an. Der Graf nahm gerade in demselben Augenblick Platz, in welchem hinter der getäfelten Wand Müller seine Laterne in die Tasche steckte und die Täfelung, welche die geheime Tür bildete, ein klein wenig zur Seite schob, wodurch eine enge Ritze entstand, welche aber weit genug war, um das Zimmer überblicken zu können.
„Ich komme, Ihnen Ihre Instruktionen zu übergeben, mein lieber Rittmeister“, begann der Graf. „Sie werden nicht umfangreich sein. Die Hauptsache, welche ich Ihnen mitzuteilen habe, ist, daß Sie bereits morgen früh abreisen können.“
Lemarch verbeugte sich, zum Zeichen, daß er gehorchen werde.
„Es wird Ihnen durch die Papiere der Weg geordnet werden. Übrigens weise ich Sie auf das zurück, was wir bereits am Morgen besprochen haben. Haben Sie sich den Namen des Offiziers gemerkt?“
„Ja. Rittmeister Richard von Königsau.“
„Richtig! Sie gewinnen die Freundschaft desselben und suchen ihn auszuforschen. Ist er sehr zurückhaltend, so erwähnte ich bereits, daß er vielleicht Verwandte –“
„Er hat eine Schwester“, fiel Lemarch schnell ein.
„Ah!“ lächelte der Graf. „Häßlich?“
„Schön!“
„Woher wissen Sie das?“
„Es gibt einen Hauslehrer hier, einen Deutschen, welcher die Familie kennt.“
Die Stirn des Grafen verfinsterte sich bedeutend.
„Sie haben mit diesem Mann gesprochen?“ fragte er.
„Ja, gnädiger Herr.“
„Ich muß doch nicht etwa befürchten, daß Sie sich in einer Weise unterhalten haben, welche diesen Menschen auf allerlei Vermutungen bringen könnte?“
Die Wangen des Rittmeisters röteten sich denn doch ein wenig, aber er antwortete in einem sehr entschiedenen Ton:
„Ich glaube, niemals Veranlassung gegeben zu haben, mich für plauderhaft und unvorsichtig zu halten!“
Der Graf schien befriedigt zu sein. Er nickte mit dem Kopf und meinte:
„Ich will Ihnen gern glauben. Übrigens ist dieser Lehrer auf jeden Fall ein sehr unbedeutender Mensch, von dem man gar nicht zu sprechen braucht. Hier haben Sie noch einige
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