56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
aus.
„Gott, das ist nicht möglich!“ rief sie.
„Er ist es. Es war kein anderer bei dem Baron. Ich kenne den Grund, weshalb er diesen getötet hat. Aber jetzt haben wir keine Zeit. Es kann uns in jedem Augenblicke seine Kugel treffen. Fort von hier. Der Tote mag liegenbleiben!“
Er tummelte sein Pferd noch einige Male, um den Platz, den er als die Stelle des Schatzes bezeichnet hatte, möglichst unkenntlich zu machen, und dann ritten sie gleich an der Böschung der Schlucht empor, um keinen Umweg zu machen. – – –
Als Richemonte bei der Hütte ankam, erblickte er die drei Toten.
„Hölle und Teufel! Er hat sie erschossen und die Gefangenen befreit!“ rief er. „Wohin aber sind sie? Er hat mich in der Schlucht gesehen. Er wird wieder hin sein, um auch mit mir abzurechnen; aber da soll er sich irren. Meine Kugel trifft ihn, ehe er mich erblickt.“
Er band die mitgebrachten Pferde los und ließ sie, außer dem seinigen, welches er bestieg, frei. Dann ritt er nach der Schlucht zurück. Erst nach längerem Auskundschaften bemerkte er, daß sie verlassen war. Er ritt in sie hinein und betrachtete alles.
„Ja, sie sind hier gewesen“, knirschte er grimmig. „Sie haben den Boden zerstampft; aber ich werde die Kasse dennoch finden. Und da – Donnerwetter! Da liegt der Baron! Sie haben ihn gefunden. Sie wissen, daß ich ihn erstochen habe. Das kann schlimm ausfallen. Schnell ihnen nach! Die beiden Kerls müssen sterben! Mutter und Schwester habe ich nicht zu fürchten!“ – – –
Es war am vierzehnten Juni, nur ganz kurze Zeit nach dem Erzählten, als ein jugendlicher Reiter in höchster Eile von Lüttich nach Namur sprengte. Er hatte Zivilkleider an, aber auf der von preußischem Militär reich belebten Chaussee gab es manchen Offizier, der ihn vertraulich grüßte, wenn er an ihm vorüberflog.
In Namur angekommen, fragte er nach dem Quartier des Feldmarschalls Blücher. Dort angekommen, meldete er sich sofort zur Audienz und wurde sogleich vorgelassen.
Bei dem Marschall befanden sich eben Gneisenau, der Generalmajor von Grolman, welcher Generalquartiermeister war, und der Adjutant Major von Drigalski. Trotz der Anwesenheit dieser hochgestellten Persönlichkeiten ging Blücher dem Eintretenden höchst erfreut entgegen.
„Königsau! Junge!“ rief er. „Bringt dich der Teufel schon wieder zurück? Hast du mich etwa in Lüttich gesucht?“
„Ja, Exzellenz. Ich wußte noch nicht, daß Sie Ihr Hauptquartier nach Namur verlegt haben.“
„Das war notwendig, denn es geht los, mein Sohn, Keile setzt es, fürchterliche Keile! Aber wer sie zunächst bekommt, das weiß man nicht. Weißt du es vielleicht?“
„Auch nicht. Aber wer sie bekommen soll, das wenigstens weiß ich.“
„Ah! Wer denn?“
„Euer Exzellenz.“
„Wie? Wa – wa – was?“ fragte der Alte. „Ich? Ich soll die Keile kriegen? Wer sagt das denn?“
„Der Kaiser selbst.“
„Er selbst? Dann ist er verrückt, total verrückt, was ich übrigens schon längst nicht mehr bezweifelt habe. Aber zu wem hat er es denn gesagt?“
„Zu Ney, Grouchy und Drouet.“
„Ha, das sind lauter hübsche Kerls, die ich wohl noch unter die Fäuste bekommen werde. Bist du etwa verwandt mit einem von ihnen, he?“
„Danke für diese Ehre, Exzellenz!“
„Na, ich dachte beinahe, weil du so genau weißt, was sie mit dem Napoleon gesprochen haben.“
„Ich habe sie belauscht.“
„Wo denn?“
„Auf dem Meierhof Jeannette.“
„Dort? Wohin du dein Mädel geschafft hast? Dort war der Bonaparte?“
„Ja, Exzellenz.“
„Was wollte er denn dort?“
„Hm! Ich glaube, er hatte die Absicht, mich um meine Braut zu bringen.“
„Du flunkerst wohl, he?“
„Nun, Tatsache ist, daß er der Margot eine förmliche Liebeserklärung gemacht hat.“
„Donnerwetter! Der sollte sich doch lieber um ein Paar warme Filzschuhe und um ein seliges Ende bekümmern! Erzähle!“
„Exzellenz, es ist da sehr viel Privates dabei, dessen Bericht eine sehr kostbare Zeit wegnehmen würde. Darf ich nicht lieber vorher über die strategischen Absichten Napoleons berichten, welche sofortige Dispositionen unsererseits notwendig machen?“
„Natürlich! Rede also! Wird er angreifen?“
„Ja.“
„Wann?“
„Morgen oder spätestens übermorgen.“
„Gut! Je eher die Prügel, desto wärmer sind sie. Aber wen?“
„Sie, Exzellenz.“
„Nicht Wellington?“
„Nein. Ich kenne auch den Grund, weshalb er zunächst Sie
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