56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Algerien.“
„Ah! Was schreibt man über diese Kolonie?“ fragte ein anderer.
„Mehr als wir selbst über sie wissen. Da ist zum Beispiel auch der Marabut Hadschi Omanah erwähnt.“
Ein Marabut ist ein moslemischer Einsiedler, welcher von der Bevölkerung für heilig gehalten wird. Hadschi aber wird ein jeder Moslem genannt, welcher eine Pilgerreise nach Mekka oder Medina mitgemacht hat.
„Was schreibt man über ihn?“
„Hier steht:
‚Die Haltung des berühmten Marabut Hadschi Omanah ist noch immer eine unerforschliche. Er übt einen ungeheuren Einfluß auf die am Auresgebirge wohnenden Stämme aus, weshalb es von großem Vorteil sein würde, zu wissen, ob man ihn gegebenenfalls als Feind zu betrachten hat. Man spricht davon, daß das Generalgouvernement bedacht gewesen ist, durch Abgesandte seine Stimmung erforschen zu lassen; aber er hat sich stets als unnahbar gezeigt. Auch seine Abstammung liegt im dunkeln. Er trägt den grünen Turban, ein Recht, welches nur den direkten Abkömmlingen Mohammeds zusteht. Seine Verehrer sagen, daß er aus den heiligen Gegenden Arabiens nach dem Auresgebirge gekommen sei. Dabei ist zu verwundern, daß seine Gesichtszüge auf das Abendland hindeuten, wie ja auch die Sage geht, daß ein französischer Reisender, welcher ihn einst in der Nähe zu sehen bekam, in ihm einen Bekannten aus der Gegend von Metz oder Sedan wiedergefunden zu haben meint. Eine gewisse Ähnlichkeit wird der Grund dieser Behauptung sein, welche sicherlich auf einer Täuschung beruht.‘“
„Da sind wir gerade so klug wie vorher“, meinte einer der Zuhörer. „Was da gesagt wird, wußten wir bereits längst. Hat man nicht bisher gemeint, daß diese Marabuts unverheiratet seien und in tiefster Einsamkeit leben?“
„Allerdings.“
„Nun, so ist es jedenfalls auffallend, daß dieser Marabut verheiratet gewesen sein muß.“
„Das ist kein Verstoß. Er kann ja trotzdem einsam leben.“
„Das tut er aber nicht.“
„Wieso?“
„Er hat einen Sohn bei sich. Ist das Einsamkeit?“
„Nicht ganz. Aber wenn in unseren Klöstern Mönche in tiefer Abgeschlossenheit beieinander leben, ist das keine Einsamkeit?“
„Eine vollständige jedenfalls nicht. Übrigens soll der Sohn beinahe ganz in demselben Geruch der Heiligkeit stehen wie der Vater. Was liest man weiter über Algerien?“
„Hier steht weiter unter der Bezeichnung ‚Timbuktu‘:
‚Die Expedition, welche vor zwei Jahren von der deutschen wissenschaftlichen Gesellschaft ausgerüstet und abgeschickt wurde, um den Sudan zu erforschen, scheint bessere Erfolge zu verzeichnen zu haben, als verschiedene vorhergehende. Es verlautet, daß das militärische Mitglied der Expedition, Oberlieutenant von Königsau, sich von Timbuktu aus bereits auf dem Heimweg befindet. Er soll außer den rein wissenschaftlichen Errungenschaften auch bedeutende materielle Reichtümer mit sich führen und seinen Weg über Insalah, el Golea und Tuggurt nehmen.‘“
„Donnerwetter!“ rief einer der Franzosen. „So wird dieser Deutsche auch hierher nach Biskra kommen. Man kennt diese unangenehmen Menschen, welche sich seit den Jahren vierzehn und fünfzehn einbilden, auf uns herabsehen zu dürfen. Königsau? Ist Ihnen dieser Name nicht bekannt, Messieurs?“
„Nein“, antwortete es im Kreis.
„Mir scheint, daß ich ihn bereits einmal gehört habe.“
Er machte die Miene des Nachdenkens, nickte dann und sagte:
„Ah, ich hab es! Königsau hieß ja jener Liebling des alten Grobian Blücher, welcher mit dem Gardekapitän Richemonte verschiedene Renkontres hatte. Sie haben doch jedenfalls von Richemonte gehört?“
„Derselbe, welcher nach der Schlacht bei Belle Alliance infam kassiert wurde?“
„Ja, derselbe. Ich erinnere mich, verschiedene Niederträchtigkeiten über ihn gehört zu haben. Mein Oheim hatte mit ihm gedient und kannte ihn genau.“
„Man hat niemals wieder etwas über ihn gehört. Er scheint untergegangen zu sein.“
„Dies könnte ein Irrtum sein. Richemonte war zwar gezwungen, Frankreich zu verlassen, aber verschollen ist er doch noch nicht. Sie wissen, welch eine Begebenheit der Grund war, daß Frankreich im Jahre 1827 Algier blockierte?“
„Ja. Der Bey von Algier hatte dem französischen Konsul Deval mit dem Fliegenwedel in das Gesicht geschlagen.“
„Nun, Deval behauptete später, Richemonte in der unmittelbaren Umgebung des Beys gesehen zu haben.“
„Hat er ihn denn gekannt?“
„Ja. Deval hatte mit ihm in Paris
Weitere Kostenlose Bücher