56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Schreck.
„Wer – seid Ihr?“ stammelte er.
„Schatzgräber, gerade wie Sie, aber glücklicher. Doch, Sie kommen uns gerade gelegen. Treten Sie doch gefälligst einmal zu dieser Leiche. Kennen Sie dieselbe?“
Richemonte blickte jetzt dem Sprecher schärfer in das Gesicht.
„Verflucht!“ knirschte er. „Königsau!“
„Ja, ich bin es! Aber haben Sie keine Sorge; ich werde ihnen nichts zuleide tun. Nur gestehen sollen Sie mir, daß Sie der Mörder dieses Mannes sind.“
„Den Teufel werde ich gestehen, aber dieses nicht.“
„Sie geben wenigstens zu, daß diese Leiche diejenige Ihres Freundes Reillac ist?“ fragte er.
„Was geht mich dieser Kadaver an?“
„Mir auch recht! Aber da wollen wir dem Herrn doch einmal in die Taschen sehen. Haltet ihn fest!“
Er wurde trotz seines Sträubens so fest gehalten, daß er sich nicht zu bewegen vermochte. Er schäumte vor Wut, konnte aber doch nicht verhindern, daß Königsau die Börse und die Brieftasche des Ermordeten zum Vorschein brachte, beide waren mit dem Namen und Wappen Reillacs versehen.
„So, das ist genug“, meinte der Lieutenant. „Mehr brauchen wir nicht. Ich werde diese Gegenstände behalten und an geeigneter Stelle deponieren. Nehmt ihm die Waffen, und gebt ihm einen Fußtritt. Das ist alles, was er von uns zu fordern hat.“
Man kam diesem Befehl sofort nach. Dann wurde die Leiche untersucht und begraben. Ein kurz abgefaßtes Protokoll, an Ort und Stelle verfertigt und von sämtlichen Leuten unterschrieben, steckte er zu sich; dann wurde der Rückweg angetreten. –
Richemonte wußte nicht, wie ihm geschehen war. Er hatte kein Wort zu sprechen gewagt und sogar den Fußtritt ruhig hingenommen. Er hatte den Fuß des Berges erreicht, als ob es im Traum geschehen sei. Dann aber kam er zu sich. Er blieb stehen, ballte einen Augenblick die Faust und rief:
„Rache! Rache! Ich weiß jetzt alles! Dieser verkleidete Offizier ging nach dem einsamen Haus. Dort wird sich die Dulcinea befinden. Man wird ja sehen, was geschieht.“
Er eilte so, daß er noch vor Anbruch des Morgens nach Gedinne kam. In dem Ort schlief kein Mensch. Eine flüchtige Soldatenschar, welche noch jetzt da rastete, hatte die Meldung gebracht, daß der Kaiser völlig geschlagen und Frankreich verloren sei. Da gab es ein Jammern und Klagen, welches dem Kapitän höchst willkommen war. Er ergriff das Wort und erzählte, daß er diesen braven Patrioten elf deutsche Spione in die Hände liefern wolle. Die Braut des Anführers befinde sich jedenfalls in dem einsamen Haus am Waldrand.
Die Bürger des Ortes ließen sich nicht so leicht hinreißen wie die Soldaten, welche sofort unter Richemontes Führung nach dem Häuschen zogen, es besetzten und die Bewohner desselben gefangen nahmen. Während einige als Wache zurückblieben, zogen die anderen den ‚deutschen Spionen‘ entgegen, um sie zu vernichten. –
Die Preußen hatten es nicht für nötig gefunden, sich jetzt noch zu trennen. Königsau hatte ihnen dies angeraten und sich dann von ihnen getrennt. So kamen sie, die Karre mit sich führend, ahnungslos daher; da krachte eine Salve, und alle zehn stürzten, zum Tod getroffen, zu Boden.
Richemonte untersuchte sie.
„Der Anführer ist nicht dabei“, sagte er. „Er wird noch nachkommen. Er darf uns nicht entgehen.“
Er täuschte sich. Königsau hatte unterwegs daran gedacht, daß er von Richemonte auf seinem Weg zum Waldhäuschen beobachtet worden sei, und das hatte ihn besorgt gemacht. Daher trennte er sich von dem langsamen Zug seiner Leute und eilte ihnen voraus. Dabei schlug er durch dick und dünn die gerade Richtung ein und wurde so von Richemonte nicht getroffen.
In der Nähe des Häuschens angekommen, merkte er sofort, was geschehen war; aber er bemerkte auch, daß die Besatzung keine große sein werde. Dagegen erblickte er eine preußische Husarenpatrouille nicht, welche am Waldrand dahergeritten kam.
Er schritt auf das Häuschen zu und trat ein. Der an der Tür stehende Posten wollte es ihm verwehren, aber in demselben Augenblick hörte er Margots Stimme um Hilfe rufen. Sofort riß er die Pistolen hervor und drang ein. In der Stube rang Margot mit vier Soldaten. Der Wirt und Florian lagen gebunden in der Ecke, und Frau Richemonte war ohnmächtig. Die vier Schüsse krachten, und vier Angreifer stürzten tot zu Boden; aber der Posten war dem Lieutenant gefolgt.
Margot stieß einen schrillen Warnungsruf aus. Königsau wollte sich schnell umdrehen, aber es
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