56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Sicherheit.“
„Jetzt wohl nicht mehr. Bitte, Mama, benachrichtige sofort die Baronin von dem Vorgefallenen, damit sie ihre Vorkehrungen trifft.“
Frau Richemonte entfernte sich, um diesem Wunsch der Tochter zu willfahren.
Königsau lag oben auf dem Dach vor dem Ventilator. Er hatte die ganze Szene mitangesehen und angehört. Jetzt, nachdem der Kaiser gegangen war, verschloß er das Loch und forschte unter den übrigen Ventilatoren. Er hatte den richtigen sehr bald gefunden. Er konnte jetzt genau das Zimmer Napoleons überblicken, in welches dieser letztere soeben eingetreten sein mußte.
„Die Baronin!“ hörte er den Kaiser sagen.
Der Diener, welchem dieser Befehl gegolten hatte, entfernte sich schleunigst.
„Ah, jetzt fragt er nach mir!“ dachte Königsau.
Der Kaiser saß finster sinnend in seinem Sessel. Als die Baronin eintrat, fuhr er mit dem Kopf empor, sah sie scharf an und fragte:
„Sie sind eine brave Französin?“
„Ja, hoffe ich, Sire“, antwortete sie.
Sie wußte noch nicht, weshalb der Kaiser sie hatte rufen lassen.
„Sie werden jetzt Gelegenheit haben, mir dies zu beweisen“, sagte der letztere. „Seit wann ist Ihr Verwandter, der Seekapitän, der Verlobte von Mademoiselle Richemonte?“
Sie erschrak. Also hatte er dies erfahren! Von wem? Hier galt es, sehr vorsichtig zu antworten, um keinen Fehler zu begehen.
„Seit einigen Monaten“, sagte sie.
„Wo lernte er sie kennen?“
„In Paris.“
„Ist er reich?“
„Ja“, antwortete sie getrost.
„Seit wann befindet er sich hier bei Ihnen?“
„Seit kurzen Tagen.“
„Wo ist er in diesem Augenblick zu treffen?“
„Das weiß ich nicht, Sire.“
„Ich hoffe, daß Sie es dennoch wissen!“
Er schien sie jetzt mit seinen Augen durchbohren zu wollen. Sie hielt diesen Blick ruhig und standhaft aus und antwortete mit fester Stimme:
„Sire, ich sagte die Wahrheit.“
„Sie haben auch keine Ahnung?“
„Ich ahne nur, daß er sich schleunigst über die Grenze geflüchtet hat, um den Folgen, welche das Mißfallen Ew. Majestät nach sich ziehen könnte, zu entgehen.“
„Hier auf dem Meierhof befindet er sich nicht?“
„Nein, sonst wüßte ich es.“
„Das ist gut für Sie; denn ich werde den Hof augenblicklich durchsuchen lassen. Haben Sie mir also vielleicht eine Bemerkung zu machen?“
„Nein, Sire.“
„So können Sie sich entfernen.“
Sie ging. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, so ergriff der Kaiser die Glocke.
„General Drouet“, befahl er dem Diener, welcher auf dieses Zeichen eingetreten war und sich eiligst entfernte, um den Befehl auszuführen.
Drouet ließ kaum zwei Minuten auf sich warten.
„Sie entsinnen sich des Kapitäns, von welchem bei Tafel die Rede war?“ fragte Napoleon.
„Sehr wohl, Sire.“
„Ich wünsche, ihn zu fassen. Lassen Sie sofort den ganzen Hof genau nach ihm durchsuchen. Findet er sich nicht, so sind berittene Piquets auszusenden, um ihn zu ergreifen. Er kann sich noch nicht weit entfernt haben.“
Er machte die Bewegung der Entlassung, als Drouet dennoch stehen blieb, fragte er:
„Was noch?“
„Nachrichten vom Feind, Majestät.“
„Ah!“ rief der Kaiser, rasch aufspringend. „Von welchem Feind? Von den Engländern oder den Preußen?“
„Von beiden, Sire.“
„Wer brachte sie?“
„Kapitän Richemonte, mein bester Eclaireur.“
„Richemonte? Ah, ist er vielleicht mit Frau Richemonte verwandt, welche sich hier auf dem Hof als Gast befindet?“
„Möglich, ich weiß es nicht.“
„Wo befindet sich der Kapitän?“
„In meinem Arbeitskabinett.“
„Er soll augenblicklich zu mir kommen. Nachdem Sie meinen vorigen Befehl ausgeführt haben, bringen Sie Ney und Grouchy zu mir.“
Der General entfernte sich eiligst, und nach ganz kurzer Zeit meldete der Diener den Kapitän Richemonte, welcher auch sogleich eintrat.
Napoleon betrachtete ihn mit scharfem Auge, konnte aber eine Ähnlichkeit zwischen ihm und Margot nicht entdecken. Er fragte: „Wo sind Sie geboren, Kapitän?“
„In Paris, Sire“, antwortete der Gefragte.
„Wo lebten Sie zuletzt?“
„Ebendaselbst.“
„Sie standen im Dienst?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Ich wollte nur meinem Kaiser dienen, nicht aber dem König, welchen uns die Feinde aufzwangen.“
„Das ist brav, Kapitän. Man wird solche Treue zu belohnen wissen. Haben Sie Verwandte?“
Der Kapitän horchte bei dieser Frage auf. Hatte sie einen näheren Zweck?
„Ja“, antwortete
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