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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und gewähren mir, solange ich noch gezwungen bin, bei Ihnen zu bleiben, eine menschenwürdige Gefangenschaft und Behandlung.“
    Er wiegte den Kopf nachdenklich hin und her und antwortete:
    „Das geht nicht. Ich kann Sie nicht losbinden, denn ich würde mich da in Gefahr setzen. Es kann einer Gräfin gar nichts schaden, einmal einen Tag oder zwei in einer unbequemen Stellung zuzubringen. Und sodann bin ich der Überzeugung, daß ich das Geld um so eher und leichter erhalten werde, je weniger es Ihnen bei mir gefällt.“
    „Das ist mehr, viel mehr als grausam. Geben Sie mir wenigstens ein Kleidungsstück.“
    „Ihre Toilette gefällt mir gerade so am allerbesten. Lassen wir sie also, wie sie ist.“
    Sie war ein schwaches Weib, aber wenn sie sich jetzt hätte frei bewegen können, wahrlich, sie hätte den Versuch gemacht, diesen Unmenschen zu erwürgen. So aber konnte sie nur, bebend vor Zorn, rufen:
    „Ich bin hilflos in Ihrer Gewalt; aber Gott wird Sie strafen!“
    Da hielt er ihr das Messer vor und sagte:
    „Sprechen Sie leiser und enthalten Sie sich solcher Reden, sonst mache ich die Drohung wahr, welche ich vorhin ausgesprochen habe. Regen wir uns überhaupt nicht auf. Wir stehen im Begriff, ein Geschäft abzuschließen, und da ist es geraten, seine Kaltblütigkeit und Überlegung zu bewahren. Ihr Großvater muß benachrichtigt werden. Das muß auf eine Art geschehen, welche mich keiner Gefahr aussetzt! Ebenso die Auszahlung des Geldes. Ist ihm Ihre Handschrift bekannt?“
    „Das versteht sich wohl ganz von selbst.“
    „Haben Sie einen Siegelring anstecken?“
    „Nein.“
    „Gut. Sie werden schreiben. Vorher aber muß ich Ihnen einiges sagen. Sobald ich nämlich merke, daß Ihr Großvater die Polizei beauftragt, mir entgegenzuarbeiten, sind Sie verloren. Ich würde Sie dann selbst gegen Geld nicht freigeben.“
    „Aber die Polizei wird vielleicht bereits nach mir suchen.“
    „Dagegen habe ich nichts. Nur Ihr Verwandter soll sich davon fernhalten. Meine Adresse wird natürlich nicht in Ihrem Brief stehen. Ich werde das Geld da und so in Empfang nehmen, wo und wie ich keine Gefahr für mich zu befürchten habe. Sie schreiben also, daß der General keine Nachforschungen anstellen und sodann, daß er übermorgen vormittags punkt zehn Uhr sich zu Fuß und ohne Waffen auf der Straße von Passy nach Saint Germain einfinden soll. Er hat das Taschentuch in der linken Hand zu halten und wird einem Reiter begegnen, welcher ihm eine von Ihnen geschriebene Quittung gibt, um dafür dort auf offener Straße das Geld in Empfang zu nehmen. Dieses letztere hat nur in Gold zu bestehen, er darf dasselbe in einem Köfferchen mitbringen. Wird bemerkt, daß geheime Vorbereitungen getroffen sind, den Reiter zu fangen, so schießt derselbe Ihren Großvater nieder. Ist der letztere aber ehrlich, so werden Sie des Abends freigelassen.“
    „Sie treffen da Vorsichtsmaßregeln, denen ich auch die meinigen entgegensetzen möchte“, bemerkte Ella von Latreau.
    „Sie? Vorsichtsmaßregeln?“ fragte er verwundert. „Welche könnten das sein?“
    „Sie erhalten des Vormittags das Geld. Wer aber garantiert mir, daß ich dann des Abends auch wirklich auf freiem Fuß gesetzt werde?“
    „Mein Wort.“
    „Ah, das Wort eines Räubers!“
    „Mademoiselle“, sagte er drohend, „ich wiederhole, daß Sie sich solcher Ausdrücke zu enthalten haben. Sogar der raffinierteste Spitzbube hat ein Ehrenwort, welches er zu halten pflegt.“
    „Aber wer um Geldes willen eine Dame raubt, kann leicht auf den Gedanken kommen, noch mehr zu verlangen. Wie leicht ist es Ihnen gemacht, noch einmal die gleiche Summe zu fordern, wenn Sie die hunderttausend empfangen und mich noch in Ihrer Gewalt haben.“
    „Ich habe eine bestimmte Summe gefordert und werde nicht weniger nehmen, aber auch nicht mehr verlangen.“
    „Ich habe bereits gesagt, daß ich mich in Ihrer Gewalt befinde; ich kann leider nichts anderes tun als das, was Sie bestimmen. Wann soll ich schreiben?“
    „Sogleich.“
    „In Fesseln?“
    „Ich werde Sie losbinden. Natürlich nur so lange, bis Sie mit dem Brief fertig sind.“
    Er zog ein Fläschchen mit Tinte, eine Feder, Briefpapier und ein Kuvert hervor, legte das alles auf den Tisch und machte dann die Stricke los, mit denen Ella festgebunden war. Dabei sagte er:
    „Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß ich mit dem Messer in der Hand bei Ihnen stehen werde. Der geringste Versuch zur Flucht oder die kleinste drohende

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