59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
wirst.“
„Aber Richard, ich besinne mich nicht im mindesten.“
„Bedenke, daß ich inkognito bei euch war.“
„Ah, sie war also auch –?“
„Inkognito!“ nickte er lächelnd.
„Unter welchem Namen?“
„Miß de Lissa.“
„Mein Gott! Diese ist deine Schwester?“
„Ja. Ich hatte ihr voller Glück geschrieben, daß ich meine einzige, wahre Liebe gefunden habe. Das trieb sie herbei, sie wollte dich kennenlernen. Sie lernte dich nicht nur kennen, sondern auch lieben von ganzem Herzen.“
„Richard, wie wunderbar! Wie unendlich glücklich machst du mich! Ich habe sie so lieb!“
Da klopfte es leise, und die Tür wurde ein wenig geöffnet.
„Darf ich stören?“ fragte Ella.
„Ja. Komm, komm!“
Bei diesen Worten sprang Marion auf und eilte ihr entgegen.
„Verzeihung!“ sagte die schöne Komtesse. „Aber, Herr Major, Sie werden gesucht.“
„Wo?“
„Im vorderen Zimmer.“
Er begab sich vor und fand einen der Ulanen, welche er dem Kapitän nachgeschickt hatte.
„Zurück von der Verfolgung“, meldete er.
„Aber nicht gefangen?“
„Nein.“
„So ist er leider weg?“
„Zu Befehl, Herr Oberstwachtmeister, nein!“
„Wie? Nicht?“
„Er kommt wieder zurück.“
„Selbst? Freiwillig?“
„Ja.“
„Was? So kommt er nicht allein?“
„Mit einer Truppe afrikanischer Reiter.“
„Spahis?“
„Ja, so heißen sie.“
„Erzähle.“
„Wir konnten dem Alten nicht auf die Fersen kommen. Er hatte einen großen Vorsprung, und wir kannten ja die Gegend nicht, daß wir ihm den Weg hätten abschneiden können. Aber seine Spur fanden wir. Sein Pferd hatte im Galopp den Waldboden so sehr aufgerissen, daß wir gar nicht irren konnten. Wir folgten ihm durch verschiedene Waldwege, dann hinaus auf das Feld. Es ging, wie ich aus meiner kleinen Karte bemerkte, auf Samigneux zu. Wir kamen wieder in einen Wald, welcher sich über eine Höhe zog. Oben angekommen, so daß wir das Tal überblicken konnten, bemerkten wir einen Zug Spahis, der uns gerade entgegenkam. Auf ihn traf der Alte. Wir sahen deutlich, daß er mit dem Anführer sprach und dann mit ihnen umkehrte.“
„So führt er sie hierher?“
„Ja. Wir jagten schleunigst zurück, um von ihnen in offener Gegend nicht gesehen zu werden. Nicht weit von hier, jenseits des Walds, sahen wir sie im Hintergrund der Gegend von der Höhe herabreiten.“
„Konntet ihr sie zählen?“
„Nein, aber einige Hundert sind es.“
„Hm! Wie weit von hier darf man sie jetzt noch schätzen?“
„Sie können in einer halben Stunde da sein.“
„Schön! Fertig?“
„Fertig!“
„Abtreten!“
Der Ulan ging. Der General hatte diese Unterhaltung oder vielmehr Meldung mit angehört. Er fragte:
„Herr Major, was werden Sie tun?“
„Hier bleiben.“
„Ich darf mir nicht zumuten, auf Ihre Entschließungen bestimmend einzuwirken; aber meinen Sie nicht, daß Sie sich in Gefahr begeben?“
„Ich habe jetzt nur zu bedenken, daß ich die Bewohner des Schlosses nicht gewissen Eventualitäten preisgeben darf. Übrigens scheint Schloß Malineau bestimmt zu sein, kriegerische Wichtigkeit zu erlangen. Der Kronprinz von Preußen befindet sich weit im Westen von hier. Wenn ein feindlicher Truppenkörper sich unserer Verbindungslinie nähert, muß das eine gewisse Veranlassung haben, die ich kennenlernen möchte.“
„Aber es wird wieder zum Kampf kommen.“
„Möglich.“
„Ihre Kräfte sind geschwächt. Die zersprengten Franctireurs und Reiter können sich sammeln und mit den Spahis den Angriff erneuern.“
„Wir werden sie empfangen.“
„Ganz gewiß“, meinte Hohenthal. „Ich bin noch nicht veranlaßt worden, dir zu sagen, daß ich Verstärkung erwarte.“
„Woher?“
„Aus Trouville. Ich sandte zwei Boten ab, als ich von der Ankunft der Reiter hörte.“
„Sehr schön. Wann können diese Leute kommen?“
„Vielleicht bereits am Abend, jedenfalls aber noch während der Nacht.“
„Nun, so ist ja ganz und gar nichts zu befürchten. Die Sonne ist hinab; in einer Viertelstunde ist es dunkel. Die Außenposten sind bezogen und werden den Spahis beweisen, daß wir auf unserer Hut sind. Das weitere werden wir ruhig abwarten.“
Er traf seine Vorkehrungen, und diese erwiesen sich als ganz vortrefflich.
SIEBENTES KAPITEL
Entscheidung in Sedan
Es war kaum dunkel geworden, so hörte man auf der Seite, von welcher der Feind erwartet wurde, ein ziemlich lebhaftes Gewehrfeuer, und es kam die Meldung, daß die Spahis
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