595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
beschwere ich mich.
Er zuckt mit den Achseln.
»Viermal ist zu viel?«
Schweigen.
»Dreimal?«
Eisernes Schweigen.
»Verdammt!«, fluche ich. »Wenigstens zweimal?«
Als hätte er seine Sprache verloren.
»Einmal?«, bettle ich.
Neuerdings fühlt er sich wohl einem Schweigegelübde verpflichtet.
»Das ist unfair!«
***
Im nächsten Moment liege ich auf meinem Bett, Arabella kichert.
»Du bist süß!«, sagt sie. »Spielst toten Mann, nachdem ich den Koffer geöffnet habe. Hast dich wirklich überzeugend fallen lassen! Respekt! Auf so eine verrückte Idee ist vor dir niemand gekommen.«
Verwirrt betrachte ich sie. »Wie lange habe ich durchgehalten?«
»Keine drei Sekunden, trotzdem war das niedlich.« Sie legt sich auf mich, ihre schwarzen Haare kitzeln mein Gesicht, ihre Brüste – Naturbrüste! – drücken angenehm gegen mich. 90-60-90 fühlt sich auf meinem Körper unglaublich richtig an. Vorsichtig knabbert sie an meinem Ohrläppchen. »Du riechst geduscht«, schnurrt sie. »Wir können sofort loslegen.«
Sanft schiebe ich sie von mir runter. »Später!«, vertröste ich sie. »Erst mal gehen wir brunchen.«
Kaum betreten wir das Lokal, verstummen die Gespräche. Den Männern rinnt bei Arabellas Anblick Speichel aus den Mundwinkeln, schlagartig sind sie nicht mehr empfänglich für die Worte ihrer Partnerinnen. Die sensiblen körpereigenen Messgeräte der Frauen registrieren diese Veränderung und scannen die Umgebung, um die Ursache zu ermitteln. Ihre Augen verengen sich zu verärgerten Schlitzen, sobald sie Arabella entdecken.
Ein junger, italienischer Kellner tritt zu uns. Er mustert zuerst meine Begleitung, danach mich. Siegessicher lächelt er.
»Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich«, schleimt er Arabella voll. Eifersüchtig will ich mich zwischen ihn und meine Wochenendfrau drängen, als sein Lächeln erstirbt. Er räuspert sich und ich frage mich, ob es ihr gelungen ist, einem Italiener innerhalb eines Sekundenbruchteils klarzumachen, dass sein südländischer Machocharme bei ihr nicht zieht. Einem Italiener?
Der Angestellte wendet sich mir zu. »Folgen Sie mir.« Er wirkt völlig verunsichert, während er uns zu einem freien, urigen Holztisch führt, auf dem bereits frisches Geschirr steht.
»Zweimal das Büfett«, ordere ich. »Was möchtest du trinken?«
»Einen Latte, Liebling«, antwortet sie. »Groß und stark.« Für die Bedienung deutlich sichtbar zwinkert sie mir zu und ich grinse genüsslich.
»Ich nehme einen Milchkaffee«, informiere ich ihn.
Er notiert die Bestellung und schlurft zur Theke.
»Kennst du ihn?«, flüstere ich. »War er schon einmal dein Kunde?« Das würde seine plötzliche Selbstbewusstseinserschlaffung erklären.
»Solche Typen buchen mich nicht«, erwidert sie. »Großes Ego, winziger Schwanz. Irrational überzeugt davon, für das weibliche Geschlecht die Erfüllung aller Träume darzustellen.«
Das Lokal strahlt eine behagliche Atmosphäre aus. Zu Beginn meiner freiberuflichen Autorentätigkeit verbrachte ich hier viele Nachmittage, stets mit einem Laptop bewaffnet, auf der Jagd nach kreativen Einfällen. Doch weil das Verhältnis von Geschichtenoutput und Getränkekosten suboptimal war, legte ich diese Gewohnheit rasch ab.
Wir gehen zum Büfett. Bei der Speiseauswahl beobachte ich die anwesenden Männer und registriere feine Unterschiede in ihrem Starrverhalten. Familienväter mit kleinen Kindern betrachten sie wie ausgehungerte Wölfe, die seit Wochen nichts mehr gefressen haben. Aber sie trauen sich nicht näher an die Beute, da sie zu kraftlos sind, um es auf einen Kampf ankommen zu lassen. Kinderlose Exemplare unter dreißig mustern sie wie ein Stück Frischfleisch, an dem man sich bei Bedarf einfach bedienen kann. Die Älteren hingegen bewundern sie mit einer souveränen Gelassenheit, die der Grund dafür sein könnte, warum sich manch junge Frau zu ihnen hingezogen fühlt.
Ich lade meinen Teller voll und stelle erfreut fest, dass sich Arabella trotz ihrer Traummaße beim Essen nicht zurückhält. Wir kehren zu unserem Tisch zurück, auf dem bereits die georderten Getränke stehen.
»Womit verdienst du dein Geld?«, erkundigt sie sich, nachdem sie in ihr Lachsbrötchen gebissen hat.
»Ich bin Autor«, antworte ich.
»Wirklich?«, fragt sie angenehm überrascht. »Ich liebe Bücher! Habe ich von dir etwas gelesen? Nenn mir ein paar Titel.«
Ich zähle meine verschiedenen Kinderbücher auf und in ihren Augen erkenne ich,
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