595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
wegen meiner Zielgruppe in ihrem Ansehen zu steigen.
»Kinder sind so toll«, sagt sie schließlich. »Wenn ich jemals den richtigen potenziellen Vater finden sollte, setze ich mindestens drei in die Welt.«
»Lernt man in deinem Job leicht Männer kennen?«
»Sehr leicht. Sie bezahlen sogar dafür«, antwortet sie mit einem kecken Grinsen.
»Also, ich meine, ähm, ob –«, stammle ich, als ich das Ausmaß der Dummheit meiner Frage erfasse.
»Dich interessierst, ob ich schon den Jackpot geknackt habe«, unterbricht sie mich.
»Jackpot?«
»So bezeichnen wir den Traummann: einen wohlhabenden, sympathischen Stammkunden, der sich in dich verliebt und dem deine Vergangenheit unwichtig ist.« Sie trinkt einen Schluck Latte, ein Schaumrest bleibt an ihrer Oberlippe kleben und ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren.
Das könnte mein – verdammt! Warum gab mir Sascha keine klaren Anweisungen?
»Nein, ich habe ihn noch nicht kennengelernt«, fährt sie fort. Glücklicherweise registriert sie meine Abgelenktheit nicht.
Wie werde ich bloß dieses Kopfkino los? Ausgerechnet jetzt leckt sie mit ihrer Zunge über den Schaum. Abrupt erhebe ich mich, was mir einen verwunderten Blick einbringt.
»Ich gehe zur Toilette«, erkläre ich ihr. Um dieser überhasteten Unterbrechung des Gesprächs die Schärfe zu nehmen, zwinkere ich ihr zu. In ihrem Gesicht lese ich die Erkenntnis, weshalb ich Richtung WC aufbreche. Sie lächelt verständnisvoll, obwohl sie mich nun bestimmt für pervers hält. Wieso durchschaut sie mich so problemlos?
Der grau geflieste Männerwaschraum besteht aus drei allesamt freien Pissoirs und zwei Kabinen. Naturgeräusche – ich identifiziere Vogelgezwitscher, Wasserplätschern und sanftes Blätterrauschen – sollen eine behagliche Atmosphäre vermitteln. Mich irritieren sie allerdings, da ich mich nicht gerne unter freiem Himmel erleichtere. Ich verwerfe meinen Plan, für Entspannung zu sorgen. Statt mich einzuschließen, stelle ich mich vor ein Pissoir.
Nach einer halben Minute geht die Waschraumtür auf. Gut, dass ich nicht grunzend in einer Kabine stehe. Ich starre auf das Werbeschild in Augenhöhe, als ich eine vertraute Stimme vernehme.
»Du bist ja ein ganz Wilder«, gurrt Arabella.
Quiekend vor Schreck stopfe ich panisch mein bestes Teil zurück in die Hose und drehe mich zu ihr um.
»Was machst du hier?«, frage ich fistelnd.
»Deine Aufforderung war eindeutig.« Sie tritt zu mir, umklammert mit ihren Fingern meinen Schritt und packt fest zu. »Du bist also bereit. Aber vielleicht verschwinden wir besser in einer der Toilettenkabinen.« Nun zieht sie mich hinter sich her.
Sascha, ich bin unschuldig!, beschwere ich mich in Gedanken, während mein Kreislauf weiteres Blut in den falschen Körperteil pumpt. Willenlos füge ich mich. Zu allem Überfluss ist die Kabine groß genug für zwei Personen. Arabella lässt mich los und schlüpft ins Innere. Ehe ich ihr folgen kann, öffnet sich die Tür zum Waschraum. Ein Familienvater in Begleitung eines etwa drei Jahre alten Kindes betritt das WC. Ich ziehe die Kabinentür von außen zu. Überrascht sieht er mich an. Mit einer wedelnden Handbewegung vor der Nase verdeutliche ich ihm, dass ich an seiner Stelle dieses Klo nicht benutzen würde.
»Danke für die Warnung.« Er verschwindet mit seinem Sprössling hinter der zweiten Tür. Ich hingegen öffne im kleinen Vorraum den Wasserhahn, wasche mir die Hände und verlasse danach das Männer-WC.
Es vergehen fünf Minuten, bevor sie an unseren Tisch zurückkehrt.
»Warum hast du gekniffen?«, fragt sie.
»Der Typ hatte einen Jungen dabei«, erkläre ich ihr. »Deswegen konnte ich nicht.«
»Sei froh, der Knirps stank infernalisch und der Vater hat ihn angefeuert, alles rauszulassen. Das war sehr seltsam. Ungestört sind wir wohl nur in deiner Wohnung.«
Ob mir Sascha eine flatulierende Kindergartengruppe nach Hause schickt, wenn ich darum bitte?
Auf dem Heimweg bin ich abgelenkt, weil ich fieberhaft über eine Möglichkeit nachdenke, keinen Sex mit ihr zu haben, ohne sie in ihrer Berufsehre zu verletzen. Demonstrativ gähne ich beim Aufschließen der Tür.
»Bist du müde?«
»Ein bisschen«, gestehe ich. »Bin heute Morgen zu früh wach geworden.«
»Dann leg dich schon mal ins Bett. Nackt!«, befiehlt sie mir. Anscheinend versucht sie, mich mit einem Domina-Touch auf Touren zu bringen. Während ich ins Schlafzimmer schlurfe, geht sie ins Bad. Langsam entkleide ich mich und
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