6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
Signor Feltona richtete sich auf. „Meine Familie und ich lieben ihn sehr, und e r liebt uns auch. Ich dachte, es sei eine gute Idee, ihn jemandem zu überlassen, der ihn wirklich braucht. Aber er ist wahrscheinlich zu alt, um sich noch an andere Menschen zu gewöhnen, und ich habe ihn schrecklich vermisst. Deshalb möchte ich Sie bitten, ihn mir zurückzugeben.“
„Wie bitte?“ Celia war wie vom Donner gerührt.
„Es wäre natürlich eine Umstellung für Sie, aber es gibt noch andere Hunde.“
„Nein, nicht für mich“, entgegnete sie empört. „Gerade seine langjährige Erfahrung als Blindenhund macht ihn so wertvoll für mich. Mit einem jungen Hund würde ich nicht zurechtkommen. Es tut mir leid, aber ich werde ihn behalten.“
„Bitte, Signorina, möchten Sie es sich nicht noch einmal überlegen?“
„Nein, da gibt es nichts zu überlegen.“ Sie drehte sich um und eilte in die Küche, die Hände weit nach vorne gestreckt, um ein weiteres Missgeschick zu vermeiden. Dass Francesco ihren kleinen Unfall mitbekommen hatte, nachdem sie ihre Unabhängigkeit so sehr betont hatte, war ihr geradezu peinlich.
Plötzlich spürte sie seine Hände auf ihren Schultern. „Setz dich, mein Liebling. Ich schenke dir einen Drink ein.“
Eine unerklärliche Angst hatte sie ergriffen, und sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Zögernd setzte sie sich hin.
Als Francesco ihr ein Glas Brandy in die Hand drückte, trank sie einen kräftigen Schluck. „Danke, das habe ich gebraucht. Der arme Mann, ich wollte ihn gar nicht so grob behandeln.“
„Normalerweise verlierst du nicht so leicht die Nerven.“ Seine Stimme klang sanft.
„Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist. Aber ich verlasse mich so sehr auf Jacko, er ist mein Rettungsanker. Ein anderer Hund wäre keine so große Hilfe.“
„Aber die Blindenhunde werden doch trainiert und gut auf ihre Aufgabe vorbereitet. Ein neuer Hund wäre sicher bald genauso zuverlässig wie Jacko.“
„Das geht aber nicht so schnell. Hier in Neapel ist alles noch neu für mich … Ich weiß, ich bin egoistisch. Du hast recht, Jacko macht seine Sache hervorragend, aber ich habe selbst gespürt, dass irgendetwas nicht stimmt. Jetzt ist mir klar, was er hat. Er ist traurig, und ich sollte ihn zurückgeben. Aber ohne ihn bin ich verloren.“
Ohne mich war sie nicht verloren, auf mich kann sie gut verzichten, schoss es Francesco durch den Kopf. Rasch verdrängte er den Gedanken wieder. Plötzlich schoss ihm eine Idee durch den Kopf, die ihn nicht mehr losließ.
„Meiner Meinung nach solltest du ihn zurückgeben und dir einen anderen Hund zulegen.“ „Und wie soll ich ohne Jacko zurechtkommen?“
„Nimm doch mich.“
„Wie bitte?“, fragte sie scharf.
„Lass dir von mir helfen.“
„Bitte, Francesco, die Sache ist ernst.“
„Ich meine es auch ernst.“ Er sank vor ihr auf die Knie. „Hör zu, Celia. Ich weiß, es klingt verrückt, aber du vertrittst doch die Theorie, jeder hätte das Recht, etwas Verrücktes zu tun.“
„Das gilt nur für mich, nicht für dich“, protestierte sie. „Nein, mein Liebling, das ist absurd. Du hast ja keine Ahnung, was auf dich zukommen würde. Du müsstest ständig in meiner Nähe sein und deine Arbeit vernachlässigen.“
„Für eine gewisse Zeit kommen meine Mitarbeiter ohne mich zurecht. Vertraust du mir nicht, Celia? Du kannst dich auf mich genauso sehr verlassen wie auf deinen Hund, glaub es mir.“
„Du meinst es gut, und ich danke dir für das Angebot.“ Ihre Zweifel waren noch längst nicht ausgeräumt. „Aber es ist viel schwieriger, als du es dir vorstellst.“
„Ich mache alles so, wie du es haben willst. Wenn du mich nicht brauchst, merkst du gar nicht, dass ich da bin. Ist das kein faires Angebot?“
Sie zögerte und suchte nach den richtigen Worten.
„Du glaubst, ich würde dich einengen und kontrollieren“, half er ihr.
„Nein …“
„Einen Hund zu haben, bedeutet für dich, unabhängig zu sein – von allen Menschen. Das hätte ich mir denken können.“
„Ich will auf niemanden angewiesen sein, auch nicht auf dich“, wandte sie verzweifelt ein. „Das glaube ich dir. Offenbar habe ich ein Talent, alles zu verderben. Ich habe nie gelernt, rechtzeitig nachzugeben. Deine Entscheidung, dich von mir zu trennen, war wahrscheinlich richtig.“ „Für dich?“, wisperte sie.
Seufzend lehnte er die Stirn an ihre. „Ohne dich zu sein, ist für mich nicht das Richtige. Aber ich bi n
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