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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geben wollen Brot, Wäsche, Stiefel und Hauszins nebst Einkommensteuer, wo er ja hat gar kein Einkommen.“
    „Aber wenn er ist ein so berühmter Mann, wie soll ich da wagen, mit ihm zu sprechen, zu sitzen und zu essen an demselben Tisch?“
    „Das ist nicht nötig. Auch ich selbst weiß nicht zu setzen schöne und gelehrte Worte, welche sich reimen am Ende der Zeile, aber Judithchen, unser Kind, hat gelernt Geographie, die Geschichte von der großen, französischen Revolution und die Kunde von dem Nordpol und dem Land der Chinesen. Sie kann mit ihm plauschen nach Herzenslust und wird mit ihm speisen in ihrem Zimmer, wohinein ein Dichter eher paßt als in diese Niederlage von alten Gegenständen. Sie wird – ah, Gott der Gerechte, sie ist bereits fort! Sie ist schon verschwunden! Sie wird sich haben zurückgezogen, um zu machen ihre Toilette, wie sie es beginnt anzufangen, wenn sie macht lebendige Bilder mit ihrer Freundin Sarah Rubinenthal.“
    Judith hatte sich allerdings entfernt, ohne sich in das Gespräch ihrer Eltern einzulassen. Sie kannte ihre Eltern; sie wußte aber auch, was sie wollte und durfte. Sie gab der alten, verschwiegenen Magd Geld, einen Korb und einen Zettel, auf welchem bemerkt stand, was sie zu haben wünschte. Dann begann sie ihre Toilette. Sie wußte, daß sie schön war, und sie wollte sich dem Dichter in der ganzen Herrlichkeit dieses Vorzuges zeigen. –
    Als Robert das Haus verlassen hatte, begegnete er einem Mann, der, als er an ihm vorübergeschritten war, für einen Augenblick stehenblieb und ihm nachschaute.
    „War das nicht der Schreiber Bertram?“ murmelte er. „Jedenfalls hat er bei dem Juden etwas versetzt. Er pfeift aus dem letzten Loch.“
    Der Mann trat nach diesem Selbstgespräch in ein kleines Haus, tappte sich die finstere Treppe hinauf und klopfte an eine Tür. Als er dieselbe geöffnet hatte, zögerte er einen Augenblick einzutreten, und zwar vor Erstaunen.
    Das sah hier ja ganz anders aus als gestern!
    Der Mann war nämlich Baron Franz von Helfenstein, und hier in dem Zimmer wohnte der Schließer Arnold, welchen er gestern bereits hier gesprochen hatte. Gestern so kahl, so leer, so elend! Heute war alles anders! Die Frau, welche ihn sofort erkannte, kam ihm mit freudig glänzendem Angesichte entgegen.
    „Sie, mein Herr!“ sagte sie. „Seien Sie mir willkommen! Sie haben uns Errettung aus einer bösen Lage gebracht.“
    „Sie sind also mit mir zufrieden?“ fragte er, indem er die Tür hinter sich zuzog.
    „O sehr! Über alle Maßen!“
    „Und Ihr Mann ebenso?“
    „Auch! Er hat zwar eine große –“
    Sie zögerte, fortzufahren, daher forderte er sie dazu auf.
    „Sprechen Sie getrost weiter!“
    „Ich meinte, daß er eine große Angst ausgestanden hat.“
    „Weshalb?“
    „Ob der Riese Bormann wirklich zurückkehren würde!“
    „Ich hatte es ihm versprochen, und ich pflege Wort zu halten. Man hat doch nichts bemerkt?“
    „Kein Mensch.“
    „Nun, so möchte ich noch eine Offerte an Sie richten.“
    „Welche?“
    „Wo ist Ihr Mann?“
    „Er war zum Abendbrot hier, ist aber bereits wieder im Dienst.“
    „Das ist unangenehm! Ich hätte gern mit ihm gesprochen, doch konnte ich leider nicht eher kommen. Kann man nicht zu ihm gehen?“
    „Freilich kann man das; aber es ist –“
    Sie blickte ihn verlegen an.
    „Fahren Sie nur fort!“ ermunterte er sie.
    „Wegen solchen Dingen, wie sie gestern hier besprochen wurden, dürften Sie nicht zu ihm gehen.“
    „Warum nicht?“
    „Weil – weil man leicht Verdacht schöpfen könnte.“
    „Ach so! Ich dachte, Sie hätten einen anderen Grund. Wie wäre es da, wenn Sie zu ihm gingen?“
    „Ich? Hm! Ich darf die Kinder nicht allein lassen.“
    „Sie sind in einer Viertelstunde wieder hier, und ich bleibe da, bis Sie kommen.“
    Sie war doch bedenklich, denn sie fragte:
    „Ist es etwas Gefährliches, was er tun soll?“
    „Oh, nein! Er soll sich noch hundert Taler verdienen!“
    Das wirkte augenblicklich. Der besorgte Ausdruck ihres Gesichts verschwand.
    „Was soll er dafür tun?“
    „Den Riesen noch einmal herauslassen.“
    „Das wird er schwerlich tun!“
    „Warum?“
    „Wegen der Angst. Uns ist ja nun geholfen. Wir sind nicht mehr gezwungen, etwas Verbotenes zu tun, um uns zu retten.“
    Er schüttelte sehr ernst den Kopf und sagte:
    „O doch! Ich glaube sogar, daß Sie heute sehr gezwungen sind, den Riesen noch einmal herauszulassen.“
    „Warum?“
    „Ich habe heute wieder einen

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