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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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‚Ehe‘. Ich lasse mir nichts abhandeln.“
    Da zuckte es wie ein schneller Entschluß über sein Gesicht. Er sagte sich, daß es sich doch nur um eine augenblickliche Befriedigung handele. Tat sie jetzt noch eine falsche Aussage vor Gericht, so konnte sie später gar nichts erreichen, sie hätte sich dann ja selbst anklagen müssen. Darum ergriff er ihre Hand und sagte im freundlichen Ton:
    „Nun, wir werden wohl auch darüber einig zu werden wissen. Treten Sie nur ein, damit wir weiter verhandeln können.“
    „Gut, ich will es noch einmal versuchen, sage es Ihnen aber ganz aufrichtig, daß ich nicht mit mir spielen lasse.“
    Er führte sie in das Zimmer zurück und begann von neuem:
    „Würden Sie sich mit einer Geldbelohnung begnügen? Ich liebe Sie, ich liebe Sie sogar recht herzlich; aber ich kann doch unmöglich mit den Traditionen meiner Familie brechen!“
    „Indem Sie Mörder wurden, haben Sie mit denselben gebrochen. Oder sind vielleicht die Helfensteins alle und stets Mörder gewesen?“
    „Sie nehmen das zu streng!“
    „O nein, mein Lieber! Übrigens, wie wollen Sie mir eine Gratifikation in Geld bezahlen. Ich weiß ja sehr genau, daß Ihre Verhältnisse vollständig derangiert sind. Sie wären wohl kaum imstande, mir heut lumpige hundert Taler zu zahlen. Ich bin ja selbst reicher als Sie, denn da mein Bruder keine Kinder hinterließ, bin ich seine einzige Erbin gewesen. Sie werden niemals ein Vermögen wie das meinige besitzen, obgleich dies kein bedeutendes ist. Auch in dieser Beziehung muß es Ihnen willkommen sein, wenn ich Ihnen meine Hand anbiete.“
    „Sie irren! Ich bin der festen Überzeugung, daß ich einmal sehr reich sein werde.“
    Sie erhob die Hand und drohte warnend mit dem Zeigefinger.
    „Herr Baron, ich weiß, woran Sie denken. Ihren Berechnungen vermag ich sehr gut zu folgen!“
    „Wieso?“
    „Am Abend wurde der Baron ermordet, am anderen Morgen sein projektierter Schwiegersohn; der, welcher Alma liebte, wird als Mörder hingestellt. Dadurch sind drei Personen aus dem Weg geräumt. Glauben Sie etwa, die Hand Almas zu erhalten?“
    „Nein.“
    „Dies ist das einzige, ehrliche Wort, welches Sie mir heute gesagt haben. Alma wird überhaupt nicht die Herrschaft Helfenstein besitzen können; diese gehört ihrem Brüderchen, dem kleinen Robert. Leider aber bin ich überzeugt, daß der Knabe auch bald sterben wird.“
    Der Baron erschrak. Ahnte dieses Mädchen seine Pläne wirklich so genau? Er versuchte in dem gleichgültigsten Ton zu fragen:
    „Wie? Sterben? Leidet er denn seit kurzem an einer Krankheit?“
    „Ja, und zwar an einer ebenso lebensgefährlichen wie unheilbaren.“
    Seine Augen leuchteten befriedigt auf. So war also der Knabe krank geworden! Welch ein Glück! Er fragte rasch:
    „Welche Krankheit wäre das?“
    „Ein Vetter, welcher ihn beerben will.“
    Bei diesen Worten richtete sie ihre Augen so überlegen forschend auf sein Gesicht, daß er sich nicht zu beherrschen verstand. Er errötete bis hinter die Ohren, faßte sich aber schnell und sagte:
    „Sie sind boshaft, ganz verteufelt boshaft, Ella!“
    „O nein, mein Lieber! Ich verstehe es nur, den Grund Ihrer Handlungen ausfindig zu machen. Doch streiten wir uns darüber nicht! Sagen Sie mir einfach Antwort auf die Frage, welche ich an Sie richten muß!“
    Er wiegte den Kopf hin und her und meinte endlich lächelnd:
    „Ob ich mich von Ihnen heiraten lassen will?“
    „Ja.“
    „Nun, vielleicht finde ich mich drein!“
    „Ich mag kein Vielleicht hören! Antworten Sie bestimmt!“
    Da legte er den Arm um sie, zog sie an sich und flüsterte zärtlich:
    „Mädchen, Mädchen! Wenn ich dich nur nicht so lieb hätte!“
    Dabei küßte er sie auf den Mund, und zwar in jener Weise, welche den frivolen Roué zu kennzeichnen pflegt. Sie durchschaute ihn; sie wußte, daß er daran dachte, sie zu betrügen; aber sie ließ sich das nicht merken. Sie schlang vielmehr auch ihre Arme um seinen Hals, erwiderte seine Küsse so glühend, als ob sie an seine Liebe glaube und antwortete, indem ihr Gesicht vor Glück zu strahlen schien:
    „Mehr als ich dich liebe, liebst du mich nicht. Also sag, soll ich dich für immer besitzen? Soll ich dein Weib werden?“
    „Ja, ja, du süßes, reizendes Wesen. Mögen die Angehörigen meines Standes mich verurteilen; ich lache über sie, denn ich bin überzeugt, daß wir endlos glücklich sein werden!“
    „Wenigstens meine Aufgabe wird es sein, dich diesen Schritt niemals

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