600 Stunden aus Edwards Leben
weiß, dass er sie mag. Er sagt nein. Ich frage ihn, ob er es ihr sagen wird, und er kichert wieder.
Kyle erzählt von dem Haus, in das er und seine Mutter am 12. September eingezogen sind. Er hat eine
PlayStation 2,
wünscht sich aber eine
Wii,
weil die »echt krass« ist. Er fragt, ob ich mal rüberkommen und
PlayStation 2
spielen will, und ich tue so, als hätte ich ihn nicht gehört, und er streicht weiter.
Er erzählt von seiner Mutter. Sie ist Krankenschwester an der
Billings Clinic
und arbeitet freitags, samstags und sonntags in der Notaufnahme. Sie ist vierunddreißig Jahre alt, verrät er. Sie hat mit vielen Männern zusammengewohnt – in seinen Geschichten zähle ich einen Donald und einen Troy und einen Mike. Er sagt, der Grund, weshalb sie in dieses Haus gezogen sind, sei, dass Mike seine Mutter geschlagen hat, und sie hat eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt. Ich frage ihn, ob er gesehen habe, wie Mike sie geschlagen hat, und Kyle sagt leise: »Ja.«
»Wo bist du an Freitagen, Samstagen und Sonntagen, wenn deine Mutter arbeitet?«
»Da bin ich bei meiner Grandma in Laurel.«
»Ist das die Mutter deiner Mutter oder deines Vaters?«
»Meiner Mutter. Meinen Vater kenne ich nicht.«
»Ich kenne meinen Vater.«
»Wie ist er so?«
»Er ist ein Landrat von Yellowstone County.«
»Was ist das?«
»Er macht Politik in unserem Regierungsbezirk.«
»Oh.«
»Manchmal ist er nicht besonders nett«, verrate ich. »Vielleicht ist es besser, dass du deinen Vater nicht kennst.«
»Das glaube ich nicht.«
Kurz vor 17:00 Uhr, während Kyle und ich gerade die Pinsel auswaschen, kommt seine Mutter über die Straße.
»Kyle, es ist Zeit zu gehen.«
»Ich weiß.«
»Okay, dann lauf nach Hause und pack deine Tasche für Grandma.«
»Bis bald, Edward«, sagt Kyle und ist weg.
Sie lächelt mich an.
»Hallo, Edward.«
»Hallo.«
»Kyle hat Sie nicht gestört, oder?«
»Nein. Er ist ein guter Anstreicher geworden.«
»Wirklich?«
»Ich habe ihm gezeigt, wie es geht.«
»Das ist toll.«
Ich nicke.
»Hören Sie«, sagt sie. »Ich möchte Ihnen danken, dass Sie nett zu ihm sind. Er hat nicht viel Gelegenheit, solche Sachen zu machen.«
»Okay.«
»Es tut mir leid, wenn ich mich neulich so vorwurfsvoll angehört habe.«
»Okay.«
»Sie haben nicht viel zu erzählen, oder?«
Ich starre sie an.
»Tut mir leid«, sagt sie. »Das kam jetzt nicht sehr freundlich raus.«
»Okay. Ich muss jetzt gehen.«
»Okay, Edward.«
Ich sammle die Pinsel auf und gehe in Richtung meiner Haustür, dann bleibe ich stehen und drehe mich um.
»Donna?«
Sie ist schon halb über die Straße gegangen.
»Ja?«
»Wie heißen Sie mit Nachnamen?«
»Middleton. Und Sie?«
»Stanton. Das habe ich Ihnen neulich gesagt.«
»Richtig. Tut mir leid. Ich habe es vergessen.«
Wir sehen einander an.
»Auf Wiedersehen, Ms Middleton.«
»Auf Wiedersehen, Mr Stanton.«
Als Erstes: Mittagessen. Ich werde mir die Pizza von
DiGiorno
aufbacken.
Sie ist gut, aber sie schmeckt nicht »wie geliefert«, egal, was sie in der Fernsehwerbung sagen. Ich denke nicht, dass »geliefert« eine Geschmacksrichtung ist. Das ist Unsinn. Gelieferte Pizza hat einen Geschmack, aber das ist nicht das, was die Werbung sagt. Ungenauigkeit ärgert mich.
Als Zweites werde ich Joy zurückschreiben. Ich konnte nicht so viel über meine Antwort nachdenken, wie ich gehofft hatte, weil ich den ganzen Tag mit Kyle und ein paar Minuten mit seiner Mutter verbracht habe. Aber ich kann es nicht länger aufschieben, da ich fürchte, dass Joy mich sonst für unhöflich hält.
Ich beschließe zu improvisieren. Ich mag keine Improvisation. Ich mag Pläne.
Sehr geehrte Joy,
ich hoffe, es geht Ihnen gut.
Danke, dass Sie mir auf mein Profil hin geschrieben haben. Ihres hat mir auch gefallen. Es hat mich zum Nachdenken angeregt. Ich weiß nicht genau, was ich von diesem Onlinedating halten soll. Ich wünschte, ein nettes Gesicht (Ihres) wäre ein verlässlicher Gradmesser. Aber wie es scheint, muss man wohl bereit sein, ein Risiko einzugehen. Ich mag kein Risiko. Ich bevorzuge Verlässlichkeit und Tatsachen.
Hier ein paar Details über mich:
* Ich bin neununddreißig. Ich bin am 9. Januar 1969 geboren, daher bin ich in Wahrheit 39 Jahre und 282 Tage alt, wenn man die Tage zählt. Ich zähle immer.
* Ich notiere gern die Wetterdaten und auch andere Dinge.
* Ich bin eins dreiundneunzig und ein bisschen schwer. Sie haben geschrieben, Sie bevorzugen
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