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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bereits draußen vor der Tür bemerkt hatte, ganz den Eindruck eines vornehmen Mannes. Er mochte über sechzig Jahre zählen und hatte graues Haar. Der Alte setzte sich an seine Seite und sagte gutmütig:
    „Sie müssen schon verzeihen! Der Junge mag sich erst satt essen; dann kommen wir auch an die Reihe.“
    „Sie handeln ganz nach meiner Weise. Er ist also der Sohn von braven Eltern?“
    „Das will ich meinen!“
    Und nun machte der Förster den Fremden in gedämpftem Ton mit den Verhältnissen der Familie Hauser bekannt. Dabei kam natürlich der Name Seidelmann öfter in Erwähnung, und der Förster mußte auch über die letztere Familie Auskunft geben. Er war in Wärme geraten; er schilderte die Not ebenso beredt wie die Geschäftspraxis der Arbeitgeber. Der Fremde hörte ihm mit ungewöhnlicher Aufmerksamkeit zu.
    Da legte Eduard den Löffel weg. Das bewog den Förster, abzubrechen. Er stand auf und sagte:
    „Na, komm einmal hinaus, mein Junge! Wir wollen sehen, was meine alte Barbara für Tüten zusammengefunden hat!“
    Eduard griff nach seiner Kopfbedeckung und nach seiner Säge, welche er neben sich liegen hatte und bot dem Fremden eine gute Nacht. Dieser aber trat rasch auf ihn zu und sagte:
    „Der Förster hat mir von Ihnen erzählt. Können Sie verschwiegen sein?“
    „Wenn es sich um nichts Böses handelt, ja“, antwortete der junge Mann, sichtlich verwundert über die eigentümliche Frage.
    „So nehmen Sie hier dies beides! Das eine ist der Betrag Ihrer Schuld an Seidelmann, und das andere soll speziell für Sie sein, weil Sie der Versuchung so tapfer widerstanden haben.“
    Er zog seine Börse hervor, in welcher sich nur Goldstücke zu befinden schienen, griff zweimal hinein und drückte Eduard erst in die Rechte und dann auch in die Linke eine Anzahl dieser Stücke.
    Der junge Mann vergaß vor freudigem Schreck, die geöffneten Hände zu schließen. Der Förster sah das Geld und rief:
    „Herr, mein Heiland! Ist das Spaß oder Ernst, Herr?“
    „Mein voller Ernst!“ nickte dieser.
    „Können Sie denn so ein Heidengeld mir nichts, dir nichts fortgeben?“
    „Ich tue mir keinen Schaden dabei.“
    „Juchhe! Eduard, haben wir nicht vorhin von dem Fürsten des Elends gesprochen? Geradeso macht es dieser Herr! Na, Gott sei getrommelt und gepfiffen! Der Seidelmann bekommt seine Hypothek; für dich bleibt auch noch was übrig, und morgen früh rede ich mit dem Obersteiger! Ich denke, daß er dir mir zuliebe Arbeit geben wird. Siehst du, daß der alte Herrgott noch lebt!“
    Jetzt gewann auch Eduard die Sprache wieder. So viel Geld hatte er noch nicht in seinen Händen gehabt. Für seine armen Verhältnisse war es eine große Summe.
    „Herr, es kann Ihr Ernst nicht sein!“ sagte er, indem seine Stimme hörbar bebte.
    „Es ist mein Ernst. Nehmen Sie das Geld in Gottes Namen! Ich bin nicht arm; ich kann es geben. Aber ich stelle die Bedingung, daß Sie schweigen. Niemand als Ihr Vater darf erfahren, von wem Sie es haben; selbst Ihre Mutter darf es nicht wissen, denn Frauen sind in Beziehung auf ihre Verschwiegenheit nicht immer besonders zuverlässig.“
    „Aber, Herr, warum soll niemand erfahren, welche Wohltat Sie uns erweisen?“ fragte Eduard, dem die Tränen des Glückes in die Augen zu treten begannen.
    „Das werde ich Ihnen wohl einmal später sagen; denn ich denke, daß wir uns jetzt zwar zum ersten, nicht aber zum letzten Mal sehen und sprechen!“
    „Und wie soll ich meinem Vater antworten, wenn er mich fragt, wer unser Wohltäter ist?“
    „Sagen Sie ihm, daß ich ein Vetter des Försters bin, bei dem ich einige Tage zu Besuch bleibe.“
    Wunderlich trat einen Schritt zurück und machte große Augen, sagte aber nichts. Eduard steckte das Geld ein, ergriff beide Hände des Gebers und sprach, indem ihm die Tränen in großen Tropfen über die Wangen rannen:
    „Herr, ich weiß vor Glück und Erstaunen nicht, was ich sagen soll! Sie retten eine arme Familie aus großer Not. Gott hat Sie uns gesandt, wie er früher seine Engel sendete. Kann ich Ihnen einen Dienst erweisen, so soll es mit tausend Freuden geschehen! Ich würde für Sie sogar durch das Feuer gehen!“
    „Nun, vielleicht ist es möglich, daß Sie mir dankbar sein können. Jetzt aber gehen Sie! Wer Glück bringt, der soll es so eilig wie möglich bringen.“
    Der junge Mann ging mit dem Förster hinaus. Der Fremde hörte an der lauten, verwunderten Stimme der Försterin, welche letztere sich in der Küche befand, daß die

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