61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Funkgerät ausgeschaltet, hat sich heimlich weggeschlichen und ist zurückgefahren. Und wissen wir überhaupt, ob die Anwesenheit tatsächlich kontrolliert wurde? Solche Dinge stehen natürlich im Plan, aber wer kann sagen, ob sie wirklich durchgeführt werden. Sie wissen schon, im richtigen Leben, wenn die Kacke am Dampfen ist?«
»Ich hab ihn jedenfalls nicht gesehen.«
»Aber das weiß er nicht. Hat er Sie gesehen, muss er annehmen, Sie hätten ihn ebenfalls gesehen. Und dann kommt er zurück, um Sie zu erledigen.«
»Das sind mir zu viele unbewiesene Vermutungen.«
»Reacher, überlegen Sie doch. Was soll diesen Kerl daran hindern, straffrei davonzukommen? Er hat den Anwalt, Peterson und Salter mit drei Schüssen aus einer Wegwerfpistole erledigt. Den vierten Schuss hat er sich für Sie aufgehoben. Danach kann ihm nichts mehr passieren. Kein Mensch wird erfahren, wer er ist.«
»Ich weiß sowieso nicht, wer er ist.«
»Aber darauf kann er sich nicht verlassen. Und er muss damit rechnen, dass Sie’s irgendwann doch rauskriegen. Sie sind das letzte Hindernis, das er beseitigen muss.«
»Wieso ist er dann nicht schon aufgetaucht, um mich umzulegen?«
»Er hatte noch keine erfolgversprechende Gelegenheit. Das ist der einzig mögliche Grund. Bei Ihnen will er sich besonders vorsehen. Mehr als bei den anderen. Der Anwalt war ein Weichei, Peterson ein Bauernlümmel und Salter eine harmlose alte Lady. Sie sind anders.«
»Nicht so sehr anders.«
»Sie müssen sich irgendwo in Rapid City einigeln und mit dem FBI reden.«
»Ich hab kein Auto.«
»Sie haben ein Telefon. Sie sprechen gerade hinein. Legen Sie auf, und rufen Sie sofort das FBI an. Sehen Sie sich vor, bis es da ist.«
Er schwieg.
Sie fragte: »Tun Sie das, ja?«
»Ich glaube nicht.«
»Sie können nichts für den Tod dieser Leute, wissen Sie.«
»Sagt wer?«
»Das alles wäre auch ohne Sie passiert. Dass Sie da reingeraten sind, war nur ein dummer Zufall.«
»Peterson war ein netter Kerl. Und ein guter Cop. Er wollte ein besserer Cop werden. Er war einer dieser Männer, denen bewusst ist, dass sie nicht alles wissen. Ich hab ihn gerngehabt.«
Susan sagte nichts.
»Mrs. Salter hab ich auch gerngehabt. Sie war eine vornehme alte Dame.«
»Sie müssen dort weg. Sie sind allein. Plato kommt bestimmt nicht ohne Begleitung.«
»Hoffentlich nicht.«
»Das ist gefährlich.«
Reacher sagte: »Für ihn.«
Susan fragte: »Wissen Sie noch, wie Sie als kleiner Junge einen Gruselfilm über ein Monster aus einer Lagune gesehen haben?«
»Ist das noch immer in meiner Personalakte?«
»Hinten im Register.«
»Und Sie haben den Bericht gelesen?«
»Er hat mich interessiert.«
»Der Bericht war falsch. Und ich war sauer, weil sie mir mein Messer weggenommen haben.«
»Was war daran falsch?«
»Ich war kein genetischer Freak. Ich bin so ängstlich wie alle Kinder geboren worden. Vielleicht noch ängstlicher. Ich habe oft genug im Bett gelegen und geheult. Aber das hatte ich bald satt. Ich habe mir die Angst abtrainiert. Reine Willenssache. Ich habe Angst in Aggression umgewandelt. Das war ganz einfach.«
»Mit sechs Jahren?«
»Nein, da hatte ich alles längst hinter mir. Ich habe mit vier Jahren angefangen – und war mit fünf fertig.«
»Und was tun Sie jetzt? Schuldgefühle in Aggression umwandeln?«
»Ich habe einen Eid abgelegt. Genau wie Sie. ›Gegen alle in- und ausländischen Feinde …‹ Von beiden scheint’s je einen zu geben. Plato und wer immer dieser korrupte Cop ist.«
»Ihr Eid gilt nicht mehr.«
»Er gilt immer.«
Sie fragte: »Wie kommt ein Sechsjähriger überhaupt zu einem Springmesser?«
»Hatten Sie keines?«
»Natürlich nicht.«
»Haben Sie jetzt eines?«
»Nein.«
»Sie sollten sich eines besorgen.«
Sie sagte: »Und Sie sollten zusehen, dass Sie nach Rapid City kommen und diese Sache anständig zu Ende bringen.«
»Uns bleibt nicht viel Zeit.«
»Sie sind juristisch gesehen ein Niemand.«
»Dann stecken Sie einen weiteren Reiter an meine Akte. Oder sparen Sie allen ein wenig Arbeit. Fotokopieren Sie das Ding einfach. Drei Kopien, FBI , DEA und die hiesige Polizei. Schicken Sie sie über Nacht raus.«
»Sie denken nicht vernünftig, bestrafen sich selbst. Man kann nicht immer gewinnen. Man muss nicht immer gewinnen.«
»Sie sind zum Kommandeur des Hundertzehnten ernannt worden?«
»Und ich bleibe sein Kommandeur. Solange ich will.«
»Dieser Fall ist wirklich wichtig.«
»Alle sind
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