Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
an?«
    »He, wird das jetzt eine Anmache?«
    Reacher lächelte. »Nein, ich versuche nur, mir die Szene vorzustellen. Um der guten alten Zeit willen. Den Schreibtisch kenne ich. Dasselbe Dienstzimmer?«
    »Vermutlich. Erster Stock, dritte Tür links.«
    »Genau wie damals.« Reacher sah alles deutlich vor sich. Steinstufen, ein Treppengeländer aus Metall, ein schmaler Korridor mit Linoleumboden, links und rechts Türen mit gerippten Glaseinsätzen und dahinter Dienstzimmer, die nach irgendwelchen Heeresvorschriften möbliert waren. Er hatte über den Stahlschreibtisch, zwei Telefone mit drei Amtsleitungen, einen Drehstuhl mit Kunstlederbezug, Karteischränke und zwei Besuchersessel aus Stahlrohr verfügt. Dazu eine schüsselförmige Lampe, die an drei dünnen Ketten unter der Decke hing. Und eine veraltete Wandkarte der Vereinigten Staaten, auf der Hawaii und Alaska zwar schon als Bundesstaaten eingezeichnet waren, aber das Interstatenetz noch lückenhaft war.
    Tatsächlich ungefähr aus der Zeit, als die rätselhafte Anlage in Boulton, South Dakota, gebaut wurde.
    Die Stimme sagte: »Ich trage meine Army-Combat-Uniform mit dem sandfarbenen T-Shirt. Ich habe die Jacke an, weil es heute Nacht kalt ist.«
    Reacher entgegnete: »Sie sind in Virginia. Sie wissen nicht, was Kälte ist.«
    »Jammern Sie nicht. Sie haben dort oben noch zweistellige Zahlen. Negativ, aber immerhin. Minus dreiundzwanzig Grad. Aber auf dem Radar ist zu sehen, dass aus Westen kältere Luft herangeführt wird.«
    »Wie kann es noch kälter werden?«
    »Weil Sie bekommen, was Wyoming gerade hatte.«
    »Reden Sie mit Meteorologen?«
    »Nein, ich habe den Weather Channel auf dem Bildschirm.«
    »Und was hatte Wyoming gerade?«
    »Minus fünfunddreißig Grad.«
    »Klasse.«
    »Sie halten das schon aus. Sie sind ein großer Mann. Ihrem Aussehen nach stammen Sie vermutlich von Wikingern ab.«
    »Was, Google Earth kann jetzt schon durch Dachziegel sehen?«
    »Nein, in Ihrer Akte befindet sich ein Foto.«
    »Und was ist mit Ihnen?«
    »Ja, in meiner Akte gibt es auch eines.«
    »Das meinte ich nicht, Klugscheißer. Ich habe Ihre Akte nicht.«
    »Ich bin eine einäugige Fünfzigerin mit einem Buckel.«
    »Darauf habe ich Ihrer Stimme nach getippt.«
    »Arschloch.«
    »Ich denke an einen Meter siebzig oder knapp darüber, aber sehr schlank. Ihre Stimme kommt nur aus der Kehle.«
    »Soll das heißen, dass ich flachbrüstig bin?«
    »Bestenfalls 75A.«
    »Verdammt.«
    »Blondes Haar, vermutlich kurz. Blaue Augen. Aus Nordkalifornien.«
    Sie fragte: »Alter?«
    Reacher war zweiunddreißig gewesen, als er erstmals hinter dem verkratzten Schreibtisch gesessen hatte. Was für einen so wichtigen Posten jung und alt zugleich war. Jung, weil er eine Art Star gewesen war, aber auch alt, weil er das Kommando etwas später erhalten hatte, als es einem Star zugestanden hätte – weil er unangepasst war und als etwas unberechenbar galt. Weil er wusste, dass es klug war, Frauen etwas jünger einzuschätzen, als sie vermutlich waren, sagte er: »Sie sind dreißig oder einunddreißig.«
    Sie entgegnete: »Mit Schmeichelei erreicht man alles.« Dann sagte sie: »Ich muss los. Rufen Sie mich später an.«
    Der Haushalt verfiel gleich wieder in die gewohnte Routine. Peterson fuhr nach Hause, und die beiden Frauen von der Tagschicht gingen nach oben ins Bett. Janet Salter führte Reacher in das Gästezimmer mit dem Fenster über dem Verandadach. Theoretisch war dies der gefährlichste Raum, aber das machte ihm keine Sorgen. Blanke Wut konnte jeden taktischen Nachteil ausgleichen. Er hasste es, nachts geweckt zu werden. Jeder Eindringling, der durchs Fenster kam, würde sofort wieder mit dem Kopf voraus hinausfliegen.
    1.55 Uhr.
    Noch sechsundzwanzig Stunden.

22
    Reacher hatte vorgehabt, bis acht Uhr zu schlafen, aber er wurde um halb sieben geweckt. Von Peterson. Der Mann kam ins Gästezimmer, und irgendein Urinstinkt veranlasste ihn dazu, stehen zu bleiben, gegen das Bettgestell zu treten und rasch einen Schritt zurückzuweichen. Er musste sich ausgerechnet haben, dass das die sicherste Methode war. Er musste sich ausgerechnet haben, sich übers Bett zu beugen und Reacher sanft wachzurütteln
könnte ihm einen gebrochenen Arm einbringen.
    Und das hätte passieren können.
    Reacher fragte: »Was?«
    Peterson antwortete: »In weniger als einer Stunde wird’s allmählich hell.«
    »Und?«
    »Sie müssen los.«
    »Wohin?«
    »Ins Bikerlager. Erinnern Sie sich? Sie haben sich

Weitere Kostenlose Bücher