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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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zwanzig, denn auch die Ladys mit Knochenbrüchen waren reisefähig. Konnte die Gruppe gegen vierzehn Uhr abfahren, würde sie den Mount Rushmore mit etwas weniger als zwei Tagen Verspätung erreichen. Nicht allzu schlecht für South Da kota im Winter.
    Dann sah er Reacher an und fragte: »Fahren Sie mit?«
    Reacher antwortete: »Ich habe die Fahrt bezahlt.«
    »Sie fahren also mit?«
    »Ich bin ein rastloser Mensch.«
    »Ja oder nein?«
    »Hängt davon ab, was bis zwei Uhr passiert, denke ich.«
    Bis dahin passierte, dass Janet Salter beschloss, einen Spaziergang zu machen.
    Peterson wurde von einer der Beamtinnen in ihrem Haus angerufen. Mrs. Salter litt unter Lagerkoller. Ihr fiel die Decke auf den Kopf. Sie fühlte sich eingesperrt. Sie war es gewöhnt, Spaziergänge zu machen: zum Lebensmittelgeschäft, zum Drugstore, zum Restaurant, manchmal auch ohne bestimmtes Ziel. Nun stand sie seit fast einer Woche unter Hausarrest. Sie nahm ihre Bürgerpflichten ernst, aber zu Pflichten gehörten auch Rechte – vor allem das Recht, sich frei bewegen zu dürfen.
    »Sie ist verrückt«, bemerkte Reacher. »Draußen ist’s barbarisch kalt.«
    »Sie stammt von hier«, entgegnete Peterson. »Ihr macht Kälte nichts aus.«
    »Wir haben unter minus fünfundzwanzig Grad.«
    Peterson lächelte als Insider über einen Außenstehenden. Er sagte: »Unser Kälterekord liegt bei minus fünfzig Grad. Das war damals im Februar 1936. Und keine fünf Monate später hatten wir im Juli mit genau neunundvierzig Grad den heißesten Tag.«
    »Trotzdem ist sie verrückt.«
    »Wollen Sie versuchen, ihr das auszureden?«
    Reacher versuchte es. Er fuhr mit Peterson zu ihr. Janet Salter war mit den beiden Frauen der Tagschicht in der Küche. Ihr Perkolator war eingeschaltet. Reacher konnte frischen Kaffee und heißes Aluminium riechen. Sie goss ihm einen Becher ein und sagte: »Wie ich höre, haben Sie Mr. Peterson erzählt, dass die Biker das Lager räumen wollen.«
    Reacher nickte. »Das war mein Eindruck.«
    »Also müsste ein kleiner Spaziergang ungefährlich sein.«
    »Der Kerl mit der Pistole ist kein Biker. War niemals einer.«
    »Aber er wird nicht draußen lauern, wer immer er ist. Das haben Sie letzte Nacht selbst gesagt. Dafür ist’s zu kalt.«
    »Es ist auch zu kalt für einen Spaziergang.«
    »Unsinn. Wenn wir flott gehen, macht er sicher Spaß.«
    »Wir?«
    »Ich hoffe doch, dass Sie mich begleiten werden.«
    10.55 Uhr.
    Noch siebzehn Stunden.
    Peterson improvisierte einen Plan, der viel Ähnlichkeit damit hatte, als begleitete der Secret Service den Präsidenten auf einem Spaziergang. Er schickte die drei Streifenwagen, die den Weg zu Janet Salters Haus überwachten, auf die Straßen, die von Osten, Süden und Westen in die Stadt führten, und wies sie an, sich bereitzumachen, um eine Eskorte zu bilden. Die beiden Beamtinnen der Tagschicht und er selbst würden zu Fuß unterwegs sein und Mrs. Salter in taktisch günstigem Abstand begleiten. Reacher würde so an ihrer Seite bleiben, dass er sich stets zwischen ihr und etwa vorbeifahrenden Autos befand. Als menschlicher Schutzschild, auch wenn Peterson das nicht ausdrücklich sagte.
    Alle zogen das an, was sie an warmer Kleidung besaßen, und traten aus dem Haus. Der Wind blies gleichmäßig aus Westen. Geradewegs aus Wyoming und schneidend kalt. Reacher war schon im Winter in Wyoming gewesen und hatte überlebt. Er nahm sich vor, das nicht noch mal zu riskieren. Peterson ging etwas voraus. Eine der Beamtinnen folgte ihnen mit einigem Abstand, während ihre Kollegin auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit ihr Schritt hielt. Reacher blieb neben Janet Salter. Sie hatte ihren Schal über Mund und Nase hochgezogen. Reacher besaß keinen. Solange der Wind von hinten blies, war die Situation erträglich. Doch als sie kehrtmachten und nach Norden in die Stadt zurückgingen, wurden Nase, Wangen und Kinn gefühllos, und seine Augen begannen zu tränen. Er zog die Kapuze tiefer in die Stirn und versuchte, sein Gesicht so gut wie möglich zu schützen. Andererseits durfte er sein Blickfeld nicht allzu sehr einengen. Der Gehsteig war uneben und voller Eisplatten, auf denen sie nur mühsam vorankamen.
    Janet Salter fragte ihn: »Woran denken Sie?«
    Wegen des Schals klang ihre Stimme gedämpft. Die Worte kamen undeutlich heraus, dann gefroren sie und wurden vom Wind fortgetragen.
    »Ich denke an den Februar 1936«, sagte Reacher. »Minus fünfzig Grad, der Höhepunkt der

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