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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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verbanden. Der kleine Jet rollte aus. Die Fluggasttreppe wurde heruntergeklappt, der Häftling von Bord gebracht und auf den Rücksitz einer auf dem Vorfeld wartenden Limousine verfrachtet. Dort erwartete ihn eine Offizierin im Dienstanzug der Army. Sie war etwas über mittelgroß und schlank und hatte lange, zu einem Nackenknoten zusammengefasste dunkle Haare. Sonnengebräunter Teint, dunkelbraune Augen. Aus ihrer Miene sprachen Intelligenz, Autorität, Jugendlichkeit und Sinn für Humor. Sie trug Ordensspangen für einen Silver Star und zwei Purple Hearts.
    Am Steuer saß kein Fahrer.
    Die Frau sagte: »Guten Tag, Hauptmann.«
    Der Hauptmann schwieg.
    Die Frau sagte: »Mein Name ist Susan Turner. Mein Dienstgrad ist Major, und ich kommandiere das 110th Special Unit der Militärpolizei und bearbeite Ihren Fall. Sie und ich werden uns kurz unterhalten, und dann gehen Sie wieder an Bord und fliegen nach Texas zurück oder geradewegs nach Fort Leavenworth. Wohin, hängt ganz von Ihnen ab. Haben Sie verstanden?«
    Ihre Stimme klang warm. Etwas rauchig, ein bisschen atemlos, fast ein wenig intim. Alles in der Kehle. Die Art Stimme, die ei nem alle möglichen Geständnisse entlocken konnte.
    Das wusste der Hauptmann.
    Er sagte: »Ich will einen Anwalt.«
    Susan Turner nickte.
    »Sie bekommen einen«, sagte sie. »Sie bekommen sogar mehrere. Glauben Sie mir, Sie werden bald bis zum Arsch in Anwälten stecken. Sie werden sich vorkommen, als wären Sie mit einem um den Hals gehängten Hundertdollarschein auf eine Tagung der Anwaltsvereinigung geraten.«
    »Sie können nicht ohne Anwalt mit mir reden.«
    »Das stimmt nicht ganz. Sie brauchen ohne Anwalt nicht mit mir zu reden. Aber ich kann mit Ihnen reden, so viel ich will. Sehen Sie den Unterschied?«
    Der Mann schwieg.
    »Ich habe schlechte Nachrichten für Sie«, sagte Susan Turner. »Sie werden sterben. Das wissen Sie, stimmt’s? Sie sind erledigter als der am meisten erledigte Kerl, der jemals gelebt hat. Sie kann niemand mehr retten. Genau das werden Sie von Ihren Anwälten hören. Unabhängig davon, wie viele Sie sich nehmen. Alle werden das Gleiche sagen. Sie werden hingerichtet – und das vermutlich schon bald. Ich will Ihnen keine Hoffnungen machen. Sie sind ein wandelnder Toter.«
    Der Kerl schwieg.
    Turner sagte: »Tatsächlich sind Sie im Augenblick ein sitzender Toter. Sie sitzen in einem Auto und hören mir zu. Das sollten Sie auch, denn Sie müssen zwei sehr wichtige Entscheidungen treffen. Die zweite betrifft die Wahl Ihrer Henkersmahlzeit. Steak und Eiscreme werden am häufigsten bestellt. Ich weiß nicht, weshalb. Allerdings ist mir dieser Punkt scheißegal. Mich interessiert nur Ihre erste Entscheidung. Wollen Sie raten, worum’s dabei geht?«
    Der Kerl schwieg.
    »Darum, weswegen Sie verurteilt werden wollen. Entweder richtet Texas Sie hin, weil Sie Ihre Frau ermordet, oder Leavenworth, weil Sie Ihr Land verraten haben. Ich finde beides ziemlich niederträchtig, das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Aber die Sache in Texas könnten die Leute vielleicht ein bisschen verstehen. Kampfstress, mehrfach verlängerte Einsätze und so weiter und so fort. Dieses ganze posttraumatische Zeug. Manche Leute würden Sie vielleicht sogar als eine Art Opfer bezeichnen.«
    Der Kerl schwieg.
    Turner sagte: »Aber bei einer Verurteilung wegen Landesverrats sieht die Sache anders aus. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Ihre Eltern werden ihr Haus verkaufen und umziehen müssen. Vielleicht ihren Namen ändern. Vielleicht können sie’s nicht verkaufen und hängen sich deshalb einfach im Keller auf.«
    Der Kerl schwieg.
    »Keller sind nicht sehr hoch. Also wird’s ein langsamer Tod. Mehr ein Erdrosseln. Vielleicht halten sie sich dabei an den Händen.«
    Der Kerl schwieg.
    Turner bewegte sich auf dem Sitz. Lange Beine in blickdichten schwarzen Nylons. »Und denken Sie an Ihren kleinen Bruder. Wie er immer zu Ihnen aufgesehen hat? In Zukunft nicht mehr. Er wird die Navy verlassen müssen. Wer würde ihn in seinem Team haben wollen? Den Bruder eines Verräters? Auch für ihn ist das eine lebenslängliche Strafe. Er wird Arbeit auf dem Bau finden. Er wird zu trinken anfangen. Er wird Sie an jedem Tag seiner kläglichen Existenz verfluchen. Vielleicht verübt er ebenfalls Selbstmord. Vermutlich mit einer Schusswaffe. Im Mund oder hinter dem Ohr.«
    Der Kerl schwieg.
    Turner sagte: »Hier ist der Deal. Reden Sie jetzt mit mir, beantworten Sie meine Fragen rückhaltlos offen,

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