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617 Grad Celsius

Titel: 617 Grad Celsius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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hatte.«
    »Welcher Spruch?«
    Im nächsten Moment bereute Bruno die Frage.
    Tönissen blickte Bruno in die Augen. »Der ging so: Es ist nur ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesending in meinem Schritt.« Dabei rollte der junge Buchhändler das R, als imitiere er Zarah Leander.
    Schmiedinger gluckste.
    Bruno spürte, dass ihm das Blut ins Gesicht schoss.
    Tönissen fügte hinzu: »Daniel liebte die direkte Art und ich muss zugeben, dass er damit einen gewissen Erfolg hatte.«
    Bruno sagte: »Ich werde den Spruch mal bei meiner Frau ausprobieren.«
    Die Schwuchtel lachte auf. »Das wusste ich, dass Sie jetzt erwähnen würden, verheiratet zu sein.«
    Schmiedinger mischte sich ein: »Jetzt reicht’s. War das alles?«
    Bockig antwortete Tönissen: »Wenn ich einen Namen wüsste, hätte ich ihn schon vor zwei Jahren genannt.«
    Bruno erhob sich aus dem Sessel. Schmiedinger bedankte sich.
    Costa fragte: »Tut ihr zwei Süßen mir einen Gefallen und nehmt mich mit nach Düsseldorf?«
    Der Szenebuchhändler saß auf der Rückbank und laberte Bruno den Nacken voll. Es ging um Diskoschuppen, die gerade angesagt seien, um die Mode, die man dort trage, und um die Marke der Turnschuhe, die angeblich alles über ihren Träger verriet. Bruno war froh, als Schmiedingers Mobiltelefon schrillte und den Redeschwall des Jungen unterbrach.
    Der Kollege aus Straubing nahm das Gespräch an und verfiel sofort in tiefbayerischen Slang – er hatte einmal mehr den Profiler aus München am Ohr. Offenbar war der Kollege vom Geburtstagsdinner nach Hause gekommen und hatte nun den Kopf frei für den Fall.
    »Gib mir nochmal dein Handy«, bat Schmiedinger. »Er braucht den genauen Wortlaut.«
    Mit der Rechten angelte Bruno es aus seiner Jackentasche.
    Der Kollege legte sein Telefon in den Schoß und rief mit dem anderen die Mailbox an. Er lauschte kurz, dann presste er die Geräte so aneinander, dass das Mikro des einen am Lautsprecher des anderen lag. Nach einer Weile sprach Schmiedinger wieder in sein Handy. »Na, hast du’s verstanden?«
    Bruno ging vom Gas. Die Autobahn gabelte sich. Ein kurzes Tunnelstück, dann die Brücke. Das Lichterpanorama der Innenstadt und des Medienhafens tat sich vor ihnen auf.
    Schmiedinger wiederholte die Prozedur mit den Mobiltelefonen. Bis auf leises Handyquäken war es still im Wagen, wenige Minuten später beendete der Straubinger Kollege das Gespräch.
    »Und?«, fragte Bruno.
    »Ich wusste doch, dass an der Geschichte etwas nicht stimmt.«
    »Was denn?«
    Statt einer Antwort wandte sich der Kollege dem Jungen auf dem Rücksitz zu.
    »Sag, Costa, hat dein Freund wirklich keinen Namen erwähnt?«
    »Nein, null, nada.«
    »Ist vielleicht einmal der Name Sven gefallen?«
    »Nee, wirklich. Ich hätt’s erwähnt.«
    »Sven?«, fragte Bruno alarmiert. Ihm klang Annas Stimme im Ohr, wie sie die Beschreibung von Mister Big auf der Mailbox hinterlassen hatte.
    Groß, etwa dreißig Jahre alt, mittellanges, dunkles Haar, relativ nachlässig gekleidet. Sven, war er schlank?
    Noch einmal versuchte Schmiedinger, Anna zu erreichen.
    Wieder erfolglos.
    Schließlich tippte er eine SMS-Nachricht.

64.
    »Ich habe das Gefühl, dass ich es allein nicht aushalten würde«, erklärte Anna. »Schon gar nicht in seinem Haus in Holzbüttgen.«
    »Das kann ich gut verstehen.« Sven zerrte eine zweite Decke aus dem Bettkasten. Dann ging er in die Küche und kam mit zwei Gläsern zurück und dem Grand Cru, den Anna mitgebracht hatte. Er schenkte ein und murmelte: »Uwe Strom ist ein arrogantes Schwein.«
    Anna nahm einen Schluck. »Hätte ich nicht so viele Fehler gemacht, wäre mein Vater niemals ins Visier meiner Kollegen geraten.«
    »Bernd wird es überleben und bald wieder der Alte sein.«
    »Eigentlich müsste ich jetzt bei ihm sein und ihn unterstützen.«
    »Was willst du in der Klinik? Du würdest dich nur selbst fertig machen. Hab nicht ständig ein schlechtes Gewissen. Du bist nicht für alles verantwortlich.«
    »Das hat Lutz auch immer gesagt.«
    »Dein Vater wird es schaffen. In ihm steckt so viel Kraft.«
    Dankbar drückte Anna Svens Hand. Sie sagte: »Ich bin dermaßen sauer auf Thilo Becker.«
    »Wer ist das?«
    »Ein Kollege, der offenbar für seine Karriere über Leichen geht. Wegen ihm wurde ich vom Dienst suspendiert und er war es, der meinen Vater zur Vernehmung vorgeladen hat. Womöglich hat das den Schlaganfall ausgelöst.«
    Sie leerten die Flasche und redeten über dies und das. Annas

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