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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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halben Gulden!“
    „Der Schnee – die Kälte!“
    „Man laufe rasch, da wird man warm!“
    „Meine Stiefelsohlen sind durch!“
    „Der Gulden reicht hin, sie ausbessern zu lassen!“
    „Und außerdem die Gefahr!“
    „Die existiert gar nicht.“
    „Wenn sie doch zwei Gulden geben wollten!“
    „Das kann ich nicht.“
    „Sie verdienen so viel! Sie machen Geschäfte, bei denen es sich um Tausende von Gulden handelt!“
    „Und bei denen ich aber auch Tausende verlieren kann, wie es jetzt einige Male geschehen ist.“
    „Sie wissen, wie blutarm ich bin!“
    „Ich gebe keinen Kreutzer mehr! Wollen Sie, oder wollen Sie nicht?“
    Der Mann blickte verlegen vor sich nieder. Er wußte, was kommen werde; dennoch antwortete er:
    „Ich möchte lieber zu Hause bleiben.“
    „Gut! Bleiben Sie! Aber ich werde dafür sorgen, daß sie den Sonnabend abgelohnt werden. Sehen Sie dann, wo Sie sich Ihre Gulden verdienen können.“
    Er tat, als ob er gehen wollte; da sagte Schulze:
    „Geben Sie den Brief her!“
    Der Waldkönig drehte sich wieder um und legte den Brief auf den Tisch.
    „Hier!“ sagte er. „Er kommt natürlich sicher und richtig an seinen Mann!“
    „Ich garantiere dafür!“
    „Das versteht sich ganz von selbst! Kommt er in falsche Hände, so haben Sie es mit mir zu tun! Gute Nacht!“
    Er ging. Man hörte ihn leise die Treppe hinabsteigen.
    „Das ist der Teufel!“ klagte die Frau.
    „Ja, ein Teufel ist er!“ stimmte der Mann bei.
    „Und zwar unser Teufel!“
    „Ich habe mir schon den Kopf zermartert, wie ich ihn loswerden kann, ohne in Schaden zu kommen; aber es will mir nichts, gar nichts einfallen!“
    „Auch mir nicht. Ich würde gern alles ertragen, wenn nur diese Sklaverei von uns genommen wäre.“
    „Einen Gulden, einen lumpigen Gulden für so einen Weg! Und dabei riskiere ich vielleicht das Zuchthaus. Ich weiß ja nicht einmal, was in den Briefen steht!“
    „Du wirst also gehen?“
    „Ich muß ja; ich muß! Du hast es doch gehört, daß ich die Arbeit verlieren werde, wenn ich nicht gehorche!“ –
    Der Waldkönig hatte unten die Haustür leise geöffnet und hinaus auf die Gasse gespäht. Er bemerkte keinen Lauscher und huschte mit raschen Schritten an die Türe des Nachbarhauses. Auch diese war nicht mit einem richtigen Schloß, sondern nur mit einem Holzriegel versehen, wie sie in jener Gegend gebräuchlich sind. Wer diese Einrichtung kennt, kann von der Gasse aus eine jede Haustüre öffnen. Es wohnen hier ja nur arme Leute, welche keine Veranlassung haben, ihr armseliges Eigentum hinter komplizierten Schlössern zu verwahren.
    Der Waldkönig war auch in diesem Haus bekannt. Er stieg die Treppe empor und klopfte an. Nach einigen Augenblicken wurde die Tür geöffnet. Ein fürchterlicher Dunst schlug ihm entgegen.
    „Sapperment!“ sagte er. „Welch ein Gestank!“
    „Das bringt die Krankheit so mit sich“, antwortete Wilhelmi. „Wollen sie nicht eintreten?“
    „Nur für einen Augenblick.“
    Als er die Tür hinter sich zugezogen und durch die Maske einen Blick auf die Patienten geworfen hatte, sagte er:
    „Ich bringe einen Brief.“
    „Schön.“
    „Sie werden ihn bis Mittag besorgen.“
    „Gern! An wen ist er adressiert?“
    „Wie immer! Es ist dieses Mal sehr wichtig. Sie werden dafür sorgen, daß er zur rechten Zeit in die rechten Hände kommt! Verstanden?“
    „Sehr wohl!“
    „Gute Nacht!“
    „Gute Nacht“, antwortete der Musterzeichner, welcher in der Stube zurückblieb, ohne den Waldkönig auch nur bis an die Treppe zu begleiten.
    Dieser letztere blieb unten an der Haustür stehen und murmelte ganz verwundert:
    „Der war heute ganz anders als gewöhnlich! So höflich und willig. Vater hat doch dafür gesorgt, daß der Kerl Respekt bekommen hat!“
    Er kehrte nach Hause zurück, ohne seine beiden Botenleute bezahlt zu haben. Sie erhielten den Gulden nicht im voraus, sondern erst dann, wenn der Waldkönig den Beweis hatte, daß sie die Briefe richtig bestellt hatten.

ZWEITES KAPITEL
    Das leere Grab
    Kurz vorher kam der Hundeschlitten mit dem Förster und dem Vetter Arndt durch das Städtchen gesaust. Der alte Wunderlich saß vorn und Arndt hinten. Dieser letztere ließ im Vorüberfahren seinen Blick über die halb im Schnee versunkenen ärmlichen Häuschen schweifen. Da auf einmal griff er nach vorn und ergriff den Förster am Arm.
    „Halt!“ sagte er. „Nicht weiter!“
    Der Alte zog die Leine an und fragte:
    „Warum? Was ist's?“
    „Bleiben

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