Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ist entblößt, ihr Unterkörper aber schwarz umhüllt. Sie streckt sich so weit vor, daß ihr Busen das ausgestopfte Korsett erreicht, legt ihre beiden Brüste hinein, richtet den Kopf empor und ergreift mit den Händen die Schnüre der Schaukel. Verstehst du nun?“
    „Ja. Verteufelt wahnsinnig!“
    „O nein, sondern verteufelt einfach! Da vorn alles erleuchtet ist, so tritt ihr Gesicht, ihr Hals, ihre Brust, und so treten auch ihre Arme, von hellem Puder unterstützt, so scharf hervor, daß man von dem anderen Teile ihres Körpers unmöglich etwas bemerken kann. Man hält das ausgestopfte Korsett für ihren wirklichen Oberkörper, der auf der Schaukel sitzt. Es ist gar nicht möglich, anders zu denken, denn man darf ja die Tau-ma befühlen. Man fühlt Kopf, Arme. Schultern und Busen; man hält es also gar nicht für möglich, getäuscht zu sein.“
    „Eine raffinierte Schlauheit! Da läßt sich allerdings begreifen, daß diese Tau-ma ißt und trinkt und auch alles andere macht.“
    „Je schöner die Person ist, desto besser. Die Körperpartie, welche zu sehen ist, also vom Scheitel bis zum Busen, muß tadellos geformt sein. Besonders muß die Brust diejenige Üppigkeit besitzen, welche zur Erreichung der notwendigen Täuschung nötig ist. Meine Tau-ma war diesen Ansprüchen gewachsen. Wo aber finde ich Ersatz für sie?“
    „Es gibt ja Mädchen genug!“
    „Aber wenige, wie ich sie brauche.“
    „Du erhebst wohl Extraansprüche?“
    „Ja, und zwar zu meiner Sicherheit. Im gewöhnlichen Komödiantenvolk finde ich keine Tau-ma, wie ich sie brauche. Abgenutzte Schönheiten nützen mir nichts, und ein frecher, vorlauter Charakter bringt mich nur in Gefahr. Ich suche ein schönes, üppiges, sanftes Mädchen, welches möglichst sich noch nie in dieser Sphäre bewegt hat. Erblickt der Zuschauer ein reines, keusches Gesicht, sanfte, verschleierte, nicht herausfordernde Augen, und hört er Antworten, welche ihm die Gewißheit geben, daß er es hier mit einem unverdorbenen Wesen zu tun hat, so ist die Wirkung des Kunststücks verzehnfacht, die Einnahme vervielfacht sich ebenso, und niemand getraut sich, die Erscheinung so unzart und zudringlich zu betasten und zu untersuchen, daß eine Entdeckung zu befürchten steht. Blond muß sie auch sein, weil helles Haar von dem Dunkel des Hintergrunds besser absticht als braunes oder schwarzes. Du siehst also, wie schwer es für mich ist, wieder eine Tau-ma zu finden!“
    „Und doch mußt du eine haben?“
    „Ja.“
    „Brauchst du diese Einnahme so nötig?“
    „Nein. Ich kann ohne sie recht gut auskommen; aber wenn ich jährlich mit diesem ‚größten Wunder der Welt‘ so viele Tausende mehr verdienen kann, wäre es doch höchst albern, wenn ich auf eine solche Einnahme verzichten wollte. Kennst du nicht vielleicht eine Person, welche sich eignen würde?“
    „Hm! Deine Ansprüche sind zu groß. Ein braves, reines, unbescholtenes Mädchen, welches sich demnach zu einer solchen Schaustellung hergibt, sich Kopf, Schultern, Hals. Brust und Arme entblößen und vom Publikum betasten und untersuchen läßt – fast unmöglich!“
    „Nicht unmöglich, sondern nur schwierig. Es gibt nämlich eine strenge Herrin, unter deren Sklavinnen ich hundert brauchbare Tau-mas finden könnte.“
    „Wer wäre das?“
    „Die Not.“
    „Da hast du allerdings recht. Und Not gibt es überall.“
    „Am allermeisten in großen Städten. Ich kam nach hier, um mir eine Tau-ma zu suchen.“
    „So suche in den armen Stadtteilen, auf Hintergebäuden, bei armen Beamten, welche nicht das trockene Brot verdienen, sondern bei zwanzig Gulden sich – oh, bei diesen zwanzig Gulden denke ich – hm!“
    „Woran?“
    „An eine arme Beamtenfamilie, welche – Sapperment, diese Emilie Werner wäre ein Prachtstück für dich!“
    „Was ist ihr Vater?“
    „Er ist mein Theaterdiener.“
    „Wieviel Gehalt?“
    „Zwanzig Gulden.“
    „Wie viele Köpfe zu ernähren?“
    „Weit über zehn.“
    „Mit zwanzig Gulden monatlich? Das ist ein viel, viel größeres Kunststück als meine Tau-ma! Ist sie hübsch?“
    „Sogar schön.“
    „Voll?“
    „Genügsam. Wenn sie sich satt essen könnte, würde sie sogar üppig sein.“
    „Bei guter Büste?“
    „Da bleibt nichts zu wünschen.“
    „Hängt sie sehr an den Eltern?“
    „Ich glaube.“
    „Hat sie einen Geliebten?“
    „So weit kenne ich die Verhältnisse nicht.“
    „Wenn ich sie einmal sehen könnte!“
    „Das kannst du. Und zwar sollst

Weitere Kostenlose Bücher