63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
begonnen haben.“
„Sie haben sich um uns gar nicht zu bekümmern.“
„Das war auch meine Absicht nicht.“
„Warum kommen Sie hierher?“
„Ich war eher da als Sie. Warum laufen Sie mir nach?“
„Waren Sie eher da, so können Sie auch eher gehen. Entfernen Sie sich augenblicklich!“
„Ich werde nicht gehen, ohne mit Ihnen fertig geworden zu sein. Sie werden nun zugeben, daß ihr Leugnen nichts als lächerlich gewesen ist.“
„Wir haben nichts geleugnet!“
„Nicht! Und wie sehr!“
„Wer leugnet, der sagt die Unwahrheit; wir aber sind wahr gewesen. Wir wissen von nichts.“
„Was suchen Sie dann hier?“
„Das Kind!“
Ihre Stimme hatte einen überlegenen, höhnischen Ton angenommen. Es war ihr ein Gedanke gekommen, von welchem sie Rettung erhoffte.
„Ah! Sie suchen das Kind“, sagte Zwiebel. „Und dennoch behaupten sie, von demselben nichts gewußt zu haben.“
„Wir wußten nichts, kein Wort!“
„Und doch wühlen Sie hier?“
„Haben Sie uns nicht selbst gesagt, wo es sich befindet? Wir sind gekommen, es zu suchen und dann Anzeige zu machen. Wissen Sie!“
Da lachte Zwiebel laut und herzlich auf. Er entgegnete:
„Die Angst hat Ihnen einen Gedanken eingegeben, welchen Sie für sehr geistreich halten; aber Sie irren sich abermals in mir. Ich habe zwar die Scheunen genannt, Ihnen aber nicht diejenige bezeichnet, um welche es sich handelt. Und noch viel weniger habe ich Ihnen den Ort genannt, an welchem sich die Leiche befindet. Wie kommt es nun, daß Sie sofort die richtige Scheune finden und auch die betreffende Stelle sogleich in Angriff nehmen?“
„Zufall!“
„Pah! Das machen Sie weder mir noch einem andern weis. Ich wußte, daß Sie hierhergehen würden, um das Kind zu entfernen, damit meine Anklage hinfällig werde. Darum habe ich Sie hier erwartet.“
„Warum bekümmern Sie sich so um mich? Haben Sie das Recht dazu?“
„Ah, Sie bekümmern sich wohl nicht um mich?“
„Fällt mir gar nicht ein!“
„Warum schicken Sie mir da Ihre Mutter zwei Gassen weit nach? Haben Sie dazu das Recht?“
„Sie sind mir verdächtig!“
„Und sie mir. Wir stehen uns also gleich, und darum ist es am besten, Sie gehen auf den Handel ein, den ich Ihnen angeboten habe.“
„Ich kann nicht darauf eingehen. Ich weiß von nichts!“
„Und dennoch suchen und finden Sie das Kind!“
„Infolge Ihrer Beschreibung.“
„Lächerlich! Zwei Frauen laufen nicht des Nachts an einen einsamen, verrufenen Ort, weil Sie gehört haben, daß man dort eine Leiche versteckt habe!“
„Ich bin Riesendame. Ich fürchte mich nicht.“
„Und sind doch vorhin so außerordentlich erschrocken! Geben Sie sich keine Mühe, mich zu täuschen! Ich weiß alles.“
„Nichts, gar nichts wissen Sie!“
„Meinen Sie? Und dennoch habe ich Sie in der Hand, Sie und Ihre Mitschuldige, die eigentliche Mörderin!“
„Sie meinen die Wartensleben?“
„Ja.“
„Wie können Sie die in der Hand haben! Sie haben sie ja noch gar nicht gefunden!“
„Ich habe eher von ihr gewußt als Sie!“
„Lüge!“
„Pah! Sollte ich die Leda nicht kennen?“
„Himmeldonnerwetter!“ knirschte sie.
„Sie sehen, daß ich fest im Sattel sitze. Machen Sie Ihren Frieden mit mir, sonst laufen Sie immer größerer Gefahr.“
„Sie sind ein schlechter Kerl!“
„Wenn Sie es wünschen, werde ich es sein, wenigstens nach Ihren Begriffen. Ich habe mit der Leda noch nicht gesprochen, und sie weiß nicht, daß ich Mitwisser bin. Weigern Sie sich, auf meinen Vorschlag einzugehen, so hefte ich mich an Ihre Fersen, bis es mir gelingt, Polizei zu erlangen, um Sie arretieren zu lassen.“
„Das werden Sie bleiben lassen!“
„Sodann gehe ich sofort zur Leda“, fuhr er unbeirrt fort. „Diese ist nicht so verstockt und hartnervig wie Sie; von ihr wird sehr leicht ein Geständnis zu erlangen sein. Dann sind Sie verloren.“
„Aurora!“ bat die Mutter voller Angst.
„Was?“ herrschte die Tochter sie an.
„Gib nach!“
„Ich habe kein Geld übrig!“
„Die Leda wird zahlen!“
„Dieser Zwiebel wird es ja augenblicklich verlangen!“
„Ereifern Sie sich nicht“, meinte Zwiebel. „Die Sache liegt so klar und gerecht wie möglich vor Augen. Sie wurden die Zeugin von der Leda und verlangten tausend Gulden –“
„Ich habe nichts bekommen. Sie hat Ihr Versprechen ja gar nicht gehalten!“
„Das machen Sie einem anderen weis, mir aber nicht! Also Sie haben als Zeugin der Leda tausend Gulden
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