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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Es kam dem im Versteck Sitzenden ein Gedanke, den er auszuführen beschloß. Er wartete, bis Wunderlich zurückkehrte, dann erhob er sich und machte sich bereit.
    „Hier ist das Paket, Herr Leutnant. Zwanzigtausend gute Gulden.“
    „Und hier sind gute dafür.“
    Er gab ihm ein Paket.
    „Sie erlauben natürlich, daß ich sie prüfe?“
    „Gewiß. Echte prüft man, falsche aber nicht.“
    Wunderlich kauerte sich zu der Lampe auf die Treppenstufen nieder und begann, die Scheine durchzusehen. Der Offizier hatte die seinigen eingesteckt und stand wartend dabei. Endlich sagte Wunderlich:
    „Es stimmt. Gold wäre mir aber lieber.“
    „Das nimmt zu viel Platz weg. Seien Sie zufrieden. Ich habe in dieser kurzen Zeit fast für achtzigtausend Gulden an den Mann gebracht.“
    „Das erkenne ich an. Aber bedenken Sie auch, welchen Profit Sie dabei haben.“
    Da erklang es hinter ihnen:
    „Wie hoch beziffert sich dieser Profit?“
    Ein furchtbarer Schreck ließ ihre Glieder zusammenzucken. Sie fuhren herum und sahen einen unbekannten Menschen vor sich stehen, dessen Gesicht einen geradezu schauderhaften Anblick bot.
    Der Regen hatte trotz der das Gesicht beschirmenden Kapuze Haar, Bart und Schminke vollständig aufgeweicht. Es sah aus, als sei es mit Tinte und Milch beschmiert und dann mit Haaren eingerieben worden. Der Leutnant faßte sich zuerst.
    „Mensch, Sie spionieren hier?“ sagte er.
    „Ja, mein Herr von Scharfenberg.“
    „Wohnen Sie in diesem Haus?“
    „Nein.“
    „Wie kommen Sie da herein?“
    „Durch die Hintertür.“
    „Ich habe es ja gar nicht bemerkt.“
    „Das war auch unmöglich, denn ich befand mich bereits hier, als Sie kamen.“
    „Das ist nicht möglich. Wir hätten Sie sehen müssen.“
    „Wenn Sie in diesen Verschlag geblickt hätten, ja; aber das haben Sie leider unterlassen.“
    „Verdammt! So haben Sie unser Gespräch gehört?“
    „Jedes Wort!“
    „Aber jedenfalls falsch verstanden.“
    „Schwerlich!“
    „Nun, um was hat es sich gehandelt?“
    „Um falsches Papiergeld, welches von Herrn Wunderlich gemacht, von Ihnen aber vertrieben wird.“
    „Also doch! Sie haben uns vollständig mißverstanden. Es handelt sich vielmehr um die –“
    „O bitte, Herr Leutnant, geben Sie sich keine Mühe! Ich bin ein alter Knabe, der sich nichts vormachen läßt!“
    Jetzt nun hatte auch Wunderlich sich von seinem Schreck erholt. Er nahm eine zornige Miene an und sagte:
    „Also Sie wohnen nicht in diesem Haus?“
    „Nein.“
    „Aber hier in der Stadt?“
    „Auch nicht mehr.“
    „Sie strolchen wahrscheinlich herum?“
    „Ja. Gerade das ist's, was ich tue.“
    „So haben Sie sich jedenfalls hierein Nachtlogis gesucht.“
    „Natürlich. Der Regen gefiel mir nicht mehr.“
    „Eigentlich müßte ich Sie der Polizei überliefern. Ich will aber Nachsicht haben, wenn Sie augenblicklich das Haus verlassen.“
    „Und wenn ich das nun nicht tue?“
    „So rufe ich die Polizei.“
    „Und wenn ich ihr von dem Geschäft erzähle, welches hier geschlossen worden ist?“
    „Sie sind verrückt. Wir haben ein einfaches Diskontgeschäft geregelt. Was ich und der Herr Leutnant von Scharfenberg vor Gericht sagen würden, hätte jedenfalls größeres Gewicht als Ihre Halluzinationen.“
    „Nun, das müßte man abwarten. Ich will gehen, ja; vorher aber bitte ich Sie, mir auch für zehntausend Gulden von diesen Noten abzulassen.“
    „Sind Sie verrückt?“
    „Nein. Ich verdiene mir auch gern etwas!“
    „Gehen Sie! Ich kann Sie nicht länger anhören.“
    „Herr Leutnant, wollen Sie nicht ein gutes Wort für mich einlegen?“
    „Ich? Wieso? Sie haben eine ganz verrückte Idee, und ich kenne Sie nicht.“
    „Ich habe im Gegenteil eine sehr gute Idee, und Sie kennen mich ganz genau.“
    „Habe nicht die Ehre!“ höhnte er.
    „O doch! Ich bin sogar einer Ihrer besten Freunde.“
    „Sie treiben es zu bunt! Gehen Sie; gehen Sie!“
    „Auch Herr Wunderlich kennt mich. Jedermann hier kennt mich. Ich bin sogar der Mann, welcher jetzt am allerberühmtesten ist.“
    „Jetzt werfe ich Sie hinaus, wenn Sie nicht gehen!“
    „Bitte, überzeugen Sie sich zuvor!“
    Er warf die Kapuze zurück, nahm Perücke und Bart ab und wischte sich mit dem Taschentuch die zerronnene und zerweichte Farbe aus dem Gesicht.
    „Hölle, Tod und Teufel!“ sagte der Offizier, vor Schreck zurückfahrend und nur mühsam seine Stimme dämpfend. „Sie, Herr Baron!“
    „Ja, ich!“
    „Der Hauptmann!“ stieß

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