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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welchem viele und große Ländereien der Umgegend gehören.
    Schloß Langenstadt und Schloß Randau beherrschen die ganze Gegend, geben ihr ein eigentümliches, vornehmes Gepräge und haben seit alten Zeiten miteinander in sehr freundlicher Beziehung gestanden, da die Scharfenbergs und die Randaus stets gute und fröhliche Nachbarschaft gehalten hatten.
    Nur in allerneuester Zeit war darin eine Änderung eingetreten. Leutnant Edmund von Randau, welcher bei der Artillerie in Rollenburg stand, nahm es mit seinem Beruf ernst, während Leutnant von Scharfenberg zum Spieler herabsank und endlich gar als Falschmünzer in die Hände der Kriminalpolizei fiel.
    Heute nun herrschte ein etwas regeres Leben als gewöhnlich auf Schloß Randau. Es war nämlich der Geburtstag des Schloßherrn, und sein Sohn, der Leutnant, war gekommen, um diesen Tag bei den Eltern zu verleben. Es gab noch einen zweiten, jüngeren Sohn, welcher sich aber in großer Entfernung in einer Erziehungsanstalt für adelige Söhne befand und nicht kommen konnte, weil er sich eben jetzt auf sein Examen vorbereitete.
    Es war am Vormittag. Die Frühlingssonne lachte zu den Fenstern herein, und Vater, Mutter und Sohn saßen in guter Stimmung beieinander, in einem eifrigen Gespräch begriffen. Jedes erzählte die Neuigkeiten, welche es für die anderen aufgespeichert hatte.
    „Also gab es jetzt in der Residenz ganz Außerordentliches zu erleben“, sagte der Freiherr von Randau.
    „Ja, wie wohl niemals, lieber Vater.“
    „Und diese Ereignisse haben sogar bis nach Rollenburg ihre Wellen geworfen?“
    „Und mich auch mit getroffen.“
    „Dich? Wieso?“
    „Davon nachher, lieber Vater. Sind doch diese Wogen selbst bis nach Schloß Langenstadt gekommen.“
    „Leider, leider! Wer hätte das gedacht! Wäre der Leutnant von Scharfenberg denn wirklich für schuldig befunden worden?“
    „Kein Mensch zweifelt daran. Die Herren vom Gericht schonen den alten Namen und den Direktor Scharfenberg, sonst würde noch von anderen Dingen gesprochen. Ich bin zufällig unterrichtet. Ich habe die Ehre, mit einem Herrn zu verkehren, welcher seit einiger Zeit in der Residenz, ja im ganzen Land eine geradezu erstaunliche Rolle spielt.“
    „Wen meinst du da?“
    „Den Fürsten von Befour.“
    „Ah, den kennst du? Mit ihm verkehrst du?“
    „Seit ich in der Residenz wohne.“
    „Wie? Was? Wohne?“
    „Ja, lieber Vater.“
    „Du wohnst in der Residenz?“
    „Ja.“
    „Aber, Edmund! Davon weiß ich kein Wort!“
    „Ich wollte es dir eben heute mitteilen.“
    „So bist du aus Rollenburg fort?“
    „Ja.“
    „Warum?“
    „Es sind da Sachen geschehen, welche mit den Ereignissen in der Residenz in enger Beziehung stehen: Mädchenverführungen, Menschenhandel und anderes. Kameraden von mir waren mit verwickelt. Es war das ein Schmutz und ein moralisches Elend. Ich mochte es nicht mehr mit ansehen und bat um Versetzung.“
    „Sie wurde dir gewährt?“
    „So schnell nicht. Ich wollte aber keine Woche länger bleiben, nahm daher Urlaub auf unbestimmte Zeit, schnürte mein Bündel und wanderte nach der Residenz.“
    „Ohne deinen Eltern ein Wort zu sagen! Für diese geradezu verbrecherische Insubordination verdienst du eine ganz außerordentliche Strafe!“
    Aber der Freiherr machte gar kein Gesicht wie ein strafender Vater. Er blinzelte vielmehr seiner Gemahlin verstohlen zu, als ob er sich über das, was er tadelte, eigentlich ganz herzlich freue.
    „Du wirst mir deine Verzeihung und nachdrückliche Erlaubnis nicht vorenthalten“, sagte der Leutnant, „wenn ich dir das alles recht ausführlich erzähle.“
    „Möglich! Für jetzt aber bin ich ganz grimmig zornig.“
    „Du? Ah! Zornig!“
    „Glaubst du etwa das Gegenteil?“
    „Gewiß.“
    „Oho!“
    „Meinst du, ich sehe die Blicke nicht, welche du der Mutter so verstohlen zuwirfst?“
    „Spitzbube!“
    „Ja, ich habe dir nicht sofort geschrieben; du aber scheinst auch gewisse Heimlichkeiten zu haben.“
    „Ich? Gegen wen?“
    „Gegen mich.“
    „Siehe keine Gespenster!“
    „Gespensterwohl nicht. Aber du hast ganz und gar das Aussehen einer geladenen Kanone, welche so gern losdonnern möchte und es sich doch nicht getraut.“
    „Nicht getraut? Mensch, meinst du, daß ich, dein Vater, mich vor dir fürchte?“
    „Ja.“
    „Sapperment! Das ist stark!“
    „Aber sehr wahr!“
    „Abermals oho!“
    „Da kann kein Oho helfen! Du und Mutter, ihr habt uns zwei Buben ganz gehörig verzogen. Ihr habt nur

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