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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Händen.“
    Aus diesem Grund fiel es dem Fürsten gar nicht ein, sich mit dem angeblichen Amerikaner zu beschäftigen.
    Dieser hinwieder hatte sich in einer nicht sehr angenehmen Situation befunden, war aber doch so kühn gewesen, das Resultat ruhig abzuwarten.
    Er hatte den weiten Weg nicht ganz zu Fuß zurückgelegt, sondern streckenweise sich bietende Fahrgelegenheiten benutzt. Einige Male in Gasthöfen einkehrend, hatte er gehört, daß der Hauptmann gefangen worden sei. Das hatte ihm eine Sicherheit gegeben, welche er im anderen Fall nicht besessen hätte.
    So war es Nacht geworden, als er Langenstadt erreichte. Auf seine Frage wurde ihm die Wohnung des Holzschnitzers Weber beschrieben. Er fand sie sehr leicht und wollte eben die Haustür öffnen, als eine Frau heraustrat. Er grüßte und fragte:
    „Wohnt hier der Holzschnitzer Weber?“
    „Jawohl.“
    „Ist er zu Hause?“
    „Ja. Wollen Sie zu ihm?“
    „Gewiß.“
    „Ich bin seine Frau.“
    „Seine Frau, also meine Tante!“
    „Tante! Herrgott! So bist du der Neffe?“
    „Ja, freilich. Ich komme so spät, weil ich die letzte Strecke zu Fuß gegangen bin. Habt ihr meinen Brief erhalten?“
    „Gestern.“
    „Und die Kisten?“
    „Kisten noch nicht. Aber komm, komm herein! Du triffst es gut. Wir haben Verlobung.“
    „Sapperment! Wer verlobt sich denn?“
    „Die Magda. Komm nur, komm!“
    Er folgte ihr und fragte, um nur etwas zu sagen:
    „Mit wem wird sie denn verlobt?“
    „Mit einem Doktor, denk dir nur! Er heißt Zander und ist aus der Hauptstadt. Hier herein!“
    Sie öffnete die Stubentür und schob ihn hinein.
    Er war, als er den Namen Zander hörte, heftig erschrocken. War das vielleicht derselbe Arzt, den er kannte? Dann befand er sich ja in größter Gefahr! Aber er hatte sich unterwegs eine blaue Brille gekauft und bei einem Barbier sein Äußeres möglichst verändert. Vielleicht war die Gefahr nicht so sehr groß. Die Frau schob ihn so schnell und so resolut vor sich her, daß er den Gedanken, schnell zu entweichen, gar nicht fassen konnte. Er fand nur Zeit, sich einigermaßen zu beherrschen, dann stand er auch schon in der Stube.
    Am Tisch saßen Weber mit seinen Kindern, Doktor Zander bei ihnen. Sie aßen. Die Frau hatte wohl im Begriff gestanden, etwas zum Essen Nötiges herbeizuholen.
    „Da kommt noch ein Gast!“ sagte sie in freudigem Ton.
    „Guten Abend!“ grüßte der Baron.
    „Guten Abend!“ antwortete Weber, indem er von seinem Platz aufstand. „Wen bringst du uns denn da?“
    „Einen reisenden Handwerksburschen“, lachte die Frau.
    „Als Gast? Na, heute ist uns jeder willkommen.“
    „Besonders so ein Handwerksbursche! Rate einmal, wo er herkommt, Alter!“
    „Na, allwissend bin ich nicht!“
    „Weit, weit her! Gar über das Wasser herüber.“
    „Sapperment! So ist es doch nicht etwa gar –“
    „Na freilich ist er's!“
    „Der Neffe?“
    „Ja, natürlich.“
    „Das ist eine Überraschung! So rasch hätten wir dich doch nicht erwartet. Willkommen, willkommen!“
    Er umarmte den vermeintlichen Neffen, welcher die Begrüßung möglichst herzlich erwiderte und auch dem Arzt die Hand in möglichster Unbefangenheit reichte.
    „Dieser Herr ist wohl der Bräutigam?“ fragte er.
    „Freilich! Woher weißt du das?“
    „Von der Tante; sie sagte es bereits draußen. Freut mich sehr, freut mich sehr! Ich hoffe, daß wir gute Verwandtschaft halten werden, Herr Doktor.“
    Der Genannte war noch immer ziemlich bestürzt. Der Baron begrüßte nun auch die Kinder, fragte nach ihren Namen und den sonstigen Umständen und wurde dann, als er abgelegt hatte, an den Tisch genötigt.
    Während des Essens ließ man ihn ziemlich in Ruhe. Als es vorüber war, verließ Doktor Zander unter einem plausiblen Vorwand die Stube und das Haus, erkundigte sich auf der Straße nach dem Bürgermeister und suchte denselben auf, um ihm die überraschende Meldung zu machen.
    Der Beamte schüttelte den Kopf und sagte:
    „Den Hauptmann wollen Sie gesehen haben? Bei dem alten Weber? Das muß ein Irrtum sein. Was will er denn dort?“
    „Er gibt sich für den Neffen aus Amerika aus.“
    „Ach so! Er ist wohl heute gekommen?“
    „Vor kaum einer halben Stunde.“
    „Na, da will ich Ihnen sagen, daß Sie sich ganz gewaltig irren. Der Hauptmann ist gefangen worden, aber nicht hier bei uns. Es ist der sämtlichen Landespolizei sofort telegrafiert worden. Hier bei uns kann er also nicht sein.“
    „Sie irren sich jedenfalls.“
    „Nicht

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