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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schief.“
    „Du meine Seele! Er fängt schon wieder an! Mann, Mensch! Wie soll das auf dem Kirchgang werden.“
    „Ganz gut!“
    Um ihren Klagen auszuweichen, entfernte er sich. Er hatte ja so viele Bekannte zu begrüßen.
    Nach einiger Zeit kam das Brautpaar samt den Eltern. Es erregte nicht geringes Aufsehen, als Försters mit Bändern und Blumen geschmückt wurden, aber alle gönnten den braven Leuten diese Ehre von Herzen.
    Die Glocken begannen zu läuten, und der Zug setzte sich in feierliche Bewegung.
    Der alte Wunderlich ging so stolz und stramm neben Engelchen her, als ob er eine Gräfin am Arm habe. Nur einmal entfuhr es ihm:
    „Die Fünfzehnte schnarcht viel zu laut im Schlaf.“
    Engelchen blickte verwundert zu ihm auf. Er wurde verlegen und entschuldigte sich.
    „Es hat nichts zu sagen. Ich sprach nur einige Worte, die der Brautführer unterwegs sagen muß, wenn die Braut später das Regiment im Haus bekommen soll.“
    Es ging das Dorf hinauf und nach der Kirche zu. Überall standen die Leute, um den Hochzeitszug zu erwarten und auch in die Kirche zu gehen. Wunderlich achtete nicht auf sie, er hatte nur Sorge, seinen Toast nicht zu vergessen. Er sagte die Verse in Gedanken her, und so kam es, daß er kurz vor der Kirche ganz laut mit den Worten herausfuhr:
    „Die Elfte kann keinen Hosenknopf anflicken!“
    Und als er sofort bemerkte, daß Engelchen ganz erstaunt darüber war, bemerkte er in großer Geistesgegenwart:
    „Jetzt bin ich fertig! Nun bekommst du das Regiment, und Eduard kommt unter den Pantoffel!“
    Die Kirche war kaum jemals beim Gottesdienst so voll gewesen. Alle Welt wollte bei dieser Trauung zugegen sein. Sie verlief in höchst feierlicher Weise. Der Pfarrer ging tief auf die Schicksale des Brautpaars ein und hielt seine Rede, welche den Hörern zahlreiche Tränen der Rührung erpreßte. Und als er seinen priesterlichen Segen über das Paar gesprochen hatte, war man allgemein überzeugt, daß eine so schöne und ergreifende Trauung hier im Ort noch niemals stattgefunden habe.
    Als sich nun der Zug heimwärts in Bewegung setzte, führte Eduard sein Engelchen und der Förster seine Barbara.
    „Du“, sagte Wunderlich, „mir ist geradeso zumute, als ob wir selber getraut worden wären.“
    „Mir auch“, antwortete sie.
    „Es ist mir ganz so, als sei ich wieder zwanzig Jahre und käme zu dir auf die Freite!“
    „Geh. Alter!“
    „Ja, es ist aber einmal so! Weißt du noch, wie mich dein Vater erwischte? Ich riß aus, und als ich über den Zaun sprang, blieb der linke Rockschoß an den Latten hängen. Es war eine verteufelte Geschichte, denn damals hatte ich ja nur diesen einen Rock.“
    „Laß das jetzt sein.“
    „Warum denn? Gerade bei einer Hochzeit muß man an solche Erlebnisse denken, bei einem Begräbnis doch nicht etwa. Als sich dann dein Vater zurückgezogen hatte, ging ich wieder hin, um den Schößling zu holen. Aber prosit die Mahlzeit, der Alte hatte ihn konfisziert. Und weil ich doch nicht mit einem einzigen Rockschoß laufen konnte, so schnitt ich mir den rechten auch noch ab. So war aus dem Rock eine Jacke geworden; aber dich habe ich doch noch gekriegt. Du warst eben ganz weg in mich!“
    „Geh! Ich in dich! Ist mir gar nicht eingefallen! Aber du in mich! Verstanden?“
    „Wollen uns nicht streiten! Eins von uns war in das andere verschossen, und weil ich als Forstmann mich niemals verschieße, so bist du es gewesen. Das ist klar.“
    Als der Zug angekommen war und die Teilnehmer sich an die Tische geordnet hatten, brachten die Angehörigen derselben die Hochzeitsgaben.
    Bei der Armut der Bevölkerung konnte von reichen Geschenken nicht die Rede sein, aber ein jeder gab von Herzen gern und nach seinen Kräften. Auch der Försterbursche kam und brachte das Geschenk seiner Herrschaft.
    Diese hatten den Ehrenplatz neben Braut und Bräutigam. So sehr Wunderlich sich darüber freute, Sorge bereitete es ihm doch. Auf diese Weise war es nicht möglich gewesen, den Lehrer neben sich zu bekommen, und so war ihm der Souffleur verlorengegangen. Desto fleißiger memorierte er im stillen, und so kam es, daß er mit niemand sprach und immer die Lippen bewegte, als ober im stillen betete.
    Das Mahl begann, und im Verlauf desselben brachte der Pfarrer den vorausgesehenen Toast auf das Brautpaar. Nach kurzer Zeit toastete der Lehrer auf die Eltern.
    Jetzt begann es dem alten Wunderlich eigentümlich zu werden. Er bekam das Zittern in die Knie. Seine Zähne schlugen leise

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