Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Brust; aber sonst mag er schweigen und uns treiben lassen, was uns gefallt. Wie steht's denn nun mit uns? Bleibst noch hier?“
    „Nein. Jetzt fährt kein Mensch mehr über. Und wann ja einer kommen sollt, so mag er rufen; ich werd's doch hören. Komm mit, Sepp!“
    Sie gingen in die Büsche hinein und um den Felsen herum, auf dessen Höhe sich das Grab befand, welches nun freilich die Leiche nicht mehr enthielt. Hier standen am Fuß des Felsens dichte Sträucher, unter denen sich allerlei Steingeröll angesammelt hatte.
    Der Fex kauerte sich nieder und scharrte die Steine zur Seite. Unter ihnen kam ein breites Brett zum Vorschein, wie der Deckel einer Kiste. Als er auch dieses entfernt hatte, gab es dahinter eine Öffnung, grad weit genug, daß ein Mann hineinsteigen konnte.
    „Jetzt schlupf eini!“ sagte er zum Sepp. „Ich komm hinterher, um das Brett wiederum aufzulegen.“
    Der Wurzelsepp folgte dieser Weisung. Er verschwand in dem Loch, nach ihm der Fex, welcher das Brett über sich auf die Öffnung legte. Da es unter den Büschen einen dichten Schatten gab, konnte man trotz des Vollmondes nicht bemerken, daß hier am Erdboden eine Veränderung vorgegangen sei. Übrigens war die Lage des Ortes eine solche, daß man mit Sicherheit darauf rechnen konnte, daß, wenigstens jetzt am Abend, niemand den Fuß grad an diese Stelle setzen werde.
    Der enge Gang war mit Stufen versehen. Er führte in die zweite Kammer und mündete an der Stelle, an welcher die Kiste stand. Vorher war das eine mit lockerer Erde gefüllte Felsenritze gewesen. Der Fex hatte diese Erde nach und nach in den Fluß geworfen und so den Gang hergestellt.
    Der Wurzelsepp kannte die Gelegenheit. Unten angekommen, schob er die Kiste beiseite und kroch in die Kammer. Der Fex folgte nach. Durch ein kleines Loch neben dem Hängeschloß greifend, konnte er dieses öffnen und also die Tür aufschieben. Dann nahm er Streichhölzer hinter dem Stein hervor, hinter welchem auch die Zigarren gesteckt hatten, und brannte die Lampe an.
    Der Blick des Sepp fiel auf die Zigarren, welche auf dem Tisch lagen.
    „Hat er eine geraucht?“ fragte er.
    „Nein.“
    „Das ist gut. Sie wären ihm wohl sehr bekannt vorgekommen. Darum ist's halt besser, daß er sie gar nicht gekostet hat.“
    Der Fex hütete sich, ihm zu sagen, daß er gegen den König geplaudert habe, und kehrte in die hintere Kammer zurück um die Kiste wieder vor die Öffnung zu schieben. Dabei trat der Sepp an die Leiche heran, zog das Tuch weg und betrachtete sie.
    „Wirst heut wieder hier mit mir schlafen?“ fragte ihn der Fex.
    „Ja. Zu zweien geht's. Aber allein, wie du, möcht ich doch nicht hier liegen. Ich glaub, mir träumt von lauter Geistern und Gespenstern.“
    „Das hat auch mir oft träumt; aber ich fürcht mich doch ja nicht.“
    „Ja, dafür ist's auch deine Muttern.“
    „Meinst?“
    „Etwa nicht? Hast mir doch gesagt, daß sie es ist.“
    Der Fex warf einen langen, langen Blick auf das Gesicht der Toten und dann einen ebenso langen auf den Sepp; dann antwortete er:
    „Schau! Du hast mich oft gefragt nach den früheren Zeiten, und ich hab dir nix gesagt, obwohl du mein bester Freund bist. Heut, da nun auch der König meine Heimlichkeiten geschaut hat, will ich's dir sagen, daß diese Frau nicht meine Muttern ist.“
    „Nicht?“ meinte der Sepp erstaunt.
    „Nein, sie ist es nicht. Meine Mutter war weiß im Gesicht und hat Haare gehabt, wie ich so blond, und Augen wie der Himmel. Diese hier aber hab ich nicht anders als Südana genannt und bin mit ihr aus einer weiten Ferne herkommen. Als sie mir den Müllern zum ersten Mal zeigt hat, da hat sie die Hand geballt und dabei ausgeruft: ‚Je lukrul Drakului!‘ Und nachher, als er sie ermordet hat, hab ich sie rufen gehört ‚Aschutoriu!‘ Dieselbige Sprachen hab ich damals auch verstanden; nun aber hab ich sie vergessen und weiß gar nimmermehr, was diese Worte zu bedeuten haben. Wann ich's noch wüßt, so wüßt ich auch, in welchem Land ich geboren bin.“
    Der Wurzelsepp starrte ihn erschrocken an.
    „Was sagst!“ rief er aus. „Der Müllern hat diese da ermordet?“
    „Ja.“
    „Weißt's genau?“
    „Freilich.“
    „Warum zeigst's da nicht an?“
    „Weils doch nix helfen tät. Ich war ein kleiner Bub, der noch nimmer deutsch reden konnt, und meine Sprachen haben's nicht verstanden. Und nachhero war's doch zu spät gewesen. Auch hab ich nicht gleich gewußt, daß er sie getötet hat. Es ist mir erst später so in

Weitere Kostenlose Bücher