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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gesessen!“
    „Der verfluchtige Schnauzerl!“
    „Dann ist er hineingekommen –“
    „Was? Einistiegen ist er in die Stuben?“
    „Ja. Jetzt soeben ist er wieder fort. Wenn Sie schnell machen, so werden Sie ihn finden.“
    „Wohin ist er?“
    „Nach der Stadt hinein.“
    „Da muß ich ihm schnell nach.“
    „Halt! Nicht so rasch! Ich muß Ihnen vorher mitteilen, daß meine Cousine bei ihm ist.“
    „Sapristi! Hat er sie etwa gestohlen?“
    „So ähnlich. Kommen Sie! Ich gehe mit und werde Ihnen unterwegs erzählen, wie alles zugegangen ist und wie die Sachen stehen.“
    „Wie die Sachen stehen, das weiß ich halt auch.“
    „Nein, Sie wissen es nicht!“
    „Oh, sehr genau; du stehst hier, und ich stehe hier.“
    „Ja, aber –“
    „Schweig! Und nun stehe ich noch hier, du aber stehst nicht mehr hier, sondern du liegst.“
    Er holte aus und schlug ihm die Faust an den Kopf, daß der Freiherr besinnungslos niederstürzte.
    Franza hatte hinter der Ecke gestanden und alles gehört. Jetzt kam sie schnell herbei.
    „Um Gottes willen! Du hast ihn geschlagen!“
    „Ja, ich hab ihm eins gegeben.“
    „Er ist wohl gar tot!“
    Sie kniete bei dem Cousin nieder.
    „Tot? Fallt ihm nicht ein!“
    „Er bewegt sich aber doch nicht!“
    „Das will ich ihm auch nicht geraten haben. Schaust nun, daß er Schlechtigkeiten im Kopf gehabt hat! Dafür hab ich ihm so ein kleins Pocherl auf den Kopf geben, daß er für eine halbe Stunde Ruhe hat. Nachher wird er wieder aufwachen.“
    „Ist's wahr?“
    „Ganz gewiß.“
    „Aber wenn er tot wäre! Herrgott, ich fände meine Ruhe nie wieder!“
    „Wie kannst denken, daß er tot ist! Ich hab ihm so einen kleinen Hieb geben, wie wann man einen Floh derschlägt. Wann er hätt tot sein sollen, nachher hätt ich halt ein wenig besser ausgeholt. Untersuch doch mal, ob er noch Atem hat und ob sein Herz noch schlägt!“
    Sie tat das und meinte dann beruhigt:
    „Ja, er lebt noch; er ist nicht tot.“
    „So laß ihn liegen und komm!“
    „Ihn hier liegen lassen? Sollen wir ihn nicht hineinschaffen?“
    „Hineinschaffen? Hm! Willst ihn nicht auch noch in ein seiden Tucherl wickeln, ihm eine Schokoladen kochen und ihn in die Wiegen legen, um ihn einzusingen: ‚Eia popeia, ein Ganserl bist du – mach doch die Augen und den Schnabel bald zu!‘ Nein, so haben wir nicht gewettet. Du willst einen Roman machen, und weißt, in einem Roman darf's nicht so mild und zärtlich hergehen. Da muß Blut fließen, und die Knochen müssen fliegen wie bei einem Hagelwetter.“
    „Du hast recht, Anton. Er hat auch mich verraten wollen und ist nicht wert, daß ich mich um ihn bekümmere. Fast hätte er mir mein prächtiges Sujet verdorben. Lassen wir ihn also liegen! Komm, Anton!“
    „Ja, komm! Wir haben keine Zeit übrig.“
    Sie gingen.
    Anton wußte so ziemlich, wo die Posten standen. Da sie vorhin, nachdem auf ihn geschossen worden war, vom Berg herabgekommen waren, ließ sich vermuten, daß sie nun wieder oben standen. Er hielt sich also so tief wie möglich, und so gelang es ihm, unbemerkt von dieser Seite der Alm hinwegzukommen.
    Sie mußten freilich sehr nahe am Abgrund vorüber. Da erblickten sie Lichter unten in der Tiefe.
    „Da unten gibt es Leute“, sagte Franza. „Was mögen die dort wollen?“
    „Weißt's nicht?“
    „Nein.“
    „Sie suchen meine Leich. Sie denken, ich bin hinabgestürzt. Du liebs Herrgottl! Vielleicht ist gar auch die Leni dabei! Wann ich's doch nur da hinunterrufen dürft, daß ich noch heroben am Leben bin. Die wird sich was grämen!“
    „Sorge dich nicht. Ich will es ihr sagen, daß du glücklich entkommen bist.“
    „Willst wirklich?“
    „Ja, auf dem Rückwege.“
    „Vergelts Gott! Bist eine liebe, gute Seele, Franza! Ich werd zu den Heiligen bitten, daß sie dir mal einen Mann verschaffen, mit dem du recht zufrieden sein kannst. Nicht?“
    „Ja, bitte sie darum! Aber ein Held muß er sein, so wie du oder Friedrich der Große.“
    „Das ist halt sehr schön, daß du mich mit diesem vergleichst. Nur hat er es ein wenig weiter gebracht als ich. Doch schau, nun wollen wir nix mehr sprechen. Wir sind grad über dem Dorf, und da können sie uns sehr leicht hören. Wir gehen rechtsab an der Halde hin und kommen nachher auf den Weg nach der Stadt.“
    Das gelang ihnen. Franza hatte ihren Arm in den seinigen gelegt; er mußte sie halb tragen, des ungebahnten, steinigten Bodens wegen. Dennoch aber kamen sie schnell vorwärts, und der Tag war

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