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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wie der?“
    Er nahm ihn ab und ließ die Feder spielen, so daß der Hut sich zusammendrückte und dann wieder in seine vorige Fassung zurückkehrte.
    „Verdimmi, verdammi! Das hab ich noch nie gesehen.“
    „Wie also kann ich der Anton sein! Ich bin der Baron von Höllendampf, und wann du noch ein einzig Mal sagst, daß ich der Anton bin, so setz ich dir eine Watschen ins Gesicht, daß deine Nasen in fünf Minuten wie ein Butterfaß ausschaut. Verstanden!“
    „Herrjegerl! Ist's so gemeint?“
    „Ja, so ist's gemeint! Und nun laß mich aus, und mach dich von dannen, sonst geb ich dir Sprungfedern in die Bein!“
    Da nahm der Nachtwächter seine Kopfbedeckung ab, verbeugte sich und sagte:
    „Bitt gar schön um Verzeihung, Herr Baron! Nur der Schnurrwichs hat mich irrgemacht. Der Teufel soll ihn holen! Jetzt seh ich halt ein, daß du nicht der Anton bist. Wünsch glückliche Reis, und wann du wiederkommst, so brauchst halt nicht davon zu sprechen, daß ich mich an dir verschaut hab. Es wär da um die ganzi Reputation geschehen!“
    „Na, so trab von dannen, und ich will dir's vergeben und es dir nicht anrechnen!“
    Der Mann ging mit seiner Laterne weiter. Unterwegs brummte er noch in sich hinein:
    „Verdimmi, verdammi! Da war ich halt an den Richtigen kommen! Das war ein Feiner, ein Vornehmer! Wie der mich angeschnauzt hat, so gar wie ein General oder Armenhäuslervater! Ja diese Sorte kann kommandieren! Wann ich nur so mit dem blauen Auge davonkomme! Der verteufelte Schnauzer! Aber die Brillen, die Brillen! Und der Hut! Wie kann das der Krickel-Anton sein! Wo hab ich halt nur die Augen gehabt und die Latern! Ja, die Latern, die ist nicht gut geputzt, und da schaut halt alles anders aus, als wie es ist. Ich muß die meinige Frau mal tüchtig ausschimpfieren, damit sie mir ein andermal die Laternengläser heller macht, sonst kann man gar noch um Amt und Würden kommen!“
    Anton hatte sich wieder niedergesetzt und fragte:
    „Nun, was sagst? Hab ich den Baron gut gespielt oder nicht?“
    „Außerordentlich gut.“
    „Ja, schau, so dieses Vornehme, das ist halt angeboren. Wer's nicht hat, dem kann's niemals nicht ein Schulmeister geben. Der Wächter is gar schön abgelaufen. Er wird es nicht wieder tun.“
    Nach einiger Zeit war der Fuhrmann fertig. Die beiden stiegen ein, und die Fahrt begann. Als der Wagen den Ort hinter sich hatte, und auf der Höhe angekommen war, brach der Tag an. Die im Westen sich erhebenden Spitzen der Alpen warfen die Röte des Morgens zurück, und rundum erschollen die Jodler der Senner und Sennerinnen, welche ihr Tagwerk begannen.
    Zunächst war es einsam auf der Straße. Dann traf man Fußgänger und auch einzelne Wagen. Die beiden fuhren in einem sogenannten Berner Wägeli, welches ohne Verdeck war. Darum waren ihre Gestalten und Gesichter deutlich zu erkennen. Anton verließ sich nicht auf Hut und Brille allein. Sooft er jemandem begegnete, zog er das ‚Sacktuch‘ hervor und hielt es vor das Gesicht. Auf diese Weise kam er unerkannt über die Grenze hinüber. Dort erst wurde ihm das Herz wirklich leicht, obgleich er auch vorher nicht das gehabt hatte, was man Angst zu nennen pflegt.
    Jetzt führte der Weg wieder abwärts. Links erhoben sich himmelhohe Felswände, und rechts stürzte der Abhang jäh in das Tal. Es mochte gegen acht Uhr sein, als der Fuhrmann von der Straße in einen Dorfweg einbog. Anton hatte ihm den Namen seines Dorfes genannt. Als sie dasselbe erreichten, war ganz eigentümlicherweise kein Mensch zu sehen. Vor einem kleinen, höchst ärmlichen Häuschen ließ Anton halten und stieg aus.
    „Hier ist's, wo du wohnst?“ fragte Franza.
    „Ja. Nicht wahr, das ist kein Palast?“
    „Nein. Aber nicht nur in Palästen gibt es glückliche Menschen. Gehen wir hinein!“
    Jetzt nickte der Fuhrmann vor sich hin, stieß ein Lachen aus und rief:
    „Jetzund wird mir's hell im Kopf!“
    „Wieso?“ lachte auch Anton.
    „Bist ein sakrischer Malefizbub! Jetzt nun bist der Krickel-Anton. Wer hätt glauben sollen, daß du auch ein Baron sein könntst! Jetzt hab ich dich aus der Polizei errettet!“
    „Du? Bilde dir das nicht ein. Übrigens fahr ich wieder retour mit dir.“
    „Fällt mir nicht ein. Dich nehm ich nimmer auf.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich sonst gar selbst noch bei der Parabel genommen werd.“
    „Brauchst keine Angst zu haben. Ich will eben nach der Polizei, um mich zu melden. Fahr jetzt nach dem Wirtshaus. Wir kommen dann hin und werden zahlen,

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