66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
noch nicht angebrochen, als sie die Stadt erreichten.
Anton war hier bekannt. Er wußte einen Fuhrwerksbesitzer, welcher geweckt wurde. Dieser wunderte sich, als er hörte, daß er einen vornehmen Herrn mit einer ebenso vornehmen Dame nach einem so kleinen Ort, wie Elsbethen ist, fahren solle, und noch dazu in solcher Stunde, war aber für den Preis, welchen Franza ihm bot, gern bereit, es zu tun.
Er hatte eine Laterne angebrannt und bat die Herrschaften, einstweilen in die Stube zu gehen. Diese zogen es aber begreiflicherweise vor, auf der vor dem Haus angebrachten Bank Platz zu nehmen. Da saßen sie, während angespannt wurde, und plauderten miteinander, natürlich leise, um nicht gehört zu werden. Antons Dialekt hätte sofort verraten, daß er kein vornehmer Herr sei.
Da kam einer die Gasse herab, der eine Laterne in der Hand trug. Als er näher kam, war auch das Horn und der Spieß zu erkennen. Der Mann war der Wächter der Nacht. In kurzer Entfernung blieb er halten, stieß ins Horn und sang dann:
„Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen.
Die Glocke, die hat vier geschlagen.
Bewahrt das Feuer und das Licht,
Daß der Stadt kein Leid geschieht.
Und lobet Gott, den Herrn!
Und ich hab die Latern!“
Das war nun freilich ein Schluß, über welchen Franza lachen mußte. Sie tat dies so laut, daß der Beamte der Stadt es hörte.
„Wer hat's da zu kichern?“ fragte er, indem er näher herbeikam.
Die beiden antworteten natürlich nicht. Er kam ganz heran und hielt ihnen die Laterne vor die Gesichter. Als er Antons bärtiges Gesicht erblickte, rief er erschrocken aus:
„Verdimmi verdammi! Was hab ich da geschaut! Bist etwa nicht der Anton?“
Franza nahm sogleich das Wort:
„Welcher Anton?“
„Der Krickel-Anton.“
„Wer ist das?“
„Na, dera saubere Krampen, welcher von dena Polizisten überall gesucht wird.“
„Da sind Sie wohl an den Unrechten gekommen!“
„Glaub's nicht. Den Anton kenne ich genau.“
„Kennen Sie auch mich?“
„Nein.“
„Ich bin die Baronesse Franza von Stauffen.“
„Das glaub ich nicht.“
„Wie, das glauben Sie nicht?“ fragte sie, sich hoheitsvoll vor ihm aufrichtend.
„Nein“, antwortete er aufrichtig. „Eine Baronessen setzt sich nicht mit einem Landstreicher hier auf die Schemelbank und tut mit ihm poussieren, so spät in der Nacht. Wer weiß, was du auch für eine Kabruschen bist. Ich werd euch beide einiwickeln und ins Loch stecken.“
„Sieh mich erst an!“ befahl sie.
Er leuchtete ihr in das Gesicht und meinte dann:
„Was denn nun? Deine Nasen habe ich gesehen. Aber dadurch wird's nicht anders. Wo kommst her?“
„Von meiner Wohnung drüben auf der Alm.“
„Die kenn ich nicht. Und wo willst hin?“
„Nach Salzburg.“
„Da hinüber, wo der Anton zu Hause ist? Das ist ja grad dem gerichtlichen Alibi sein Corpus delicatus. Damit ist's bewiesen, daß dieser der Krickel-Anton ist. Macht euch auf und geht mit!“
„Wir sind keine Landstreicher. Wir sitzen nur einstweilen hier, bis der Fuhrmann da drin angespannt hat.“
„Was, ihr wollt fahren?“
„Ja.“
„Auch noch! Das will ich mir verbitten. Daraus wird nun und nimmer nix. Wilddieb und fahren! So nobel und bequem sollt ihr's doch nicht haben dürfen. Vorwärts!“
„Fällt mir nicht ein!“
„Nicht? Weißt, was das ist? Das ist Widerstand gegen meine Staatsgewalt und wird doppelt bestraft. Ich frage euch zum letzten Mal, ob ihr mir folgen wollt! Sonst zeige ich euch auch noch an wegen Hausfriedensbruch auf nächtlicher Gassen der Vaterstadt!“
Jetzt stand auch Anton auf. Er hatte sich den Klemmer auf die Nase gesetzt, stellte sich kerzengrad hin und sagte in strengem Ton: „Schau mich an!“
Der Nachtwächter tat dies, indem er die Laterne emporhob.
„Na, hast mich nun gesehen?“
„Ja.“
„Hat der Krickel-Anton eine Brillen auf der Nasen?“
„Nein.“
„Hat er einen solchen Angströhrenhut?“
„Nein.“
„Oder solche Handschucher an den Händen?“
„Auch nicht.“
„Oder hat er eine Reitpeitsch und eine solche feini Reisetaschen mit Blumen darauf?“
„Nein.“
„Wie kannst also sagen, daß ich der Anton bin!“
„Weil du grad denselbigen Bart hast und auch dasselbiges Gesicht wie er.“
„So, also nur deshalb! Weißt nicht, daß Bärter und Gesichterln einander ähnlich sehen?“
„Das ist freilich schon wahr.“
„Na also! Hast aber schon mal eine Brillen gesehen, gradso wie die meinige?“
„Nein.“
„Oder einen Hut so,
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