66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
München, bei dem ich den Bären erschossen hab.“
„Der Gute! Was aber fangen wir nun alleweil mit dem gar vielen Geldl an?“
„Das werd ich dir gleich sagen.“
„Nun?“
„Davon lebst und zehrst mit dem Vatern, bis ich wieder aus meiner Gefangenschaft zurückkehr.“
„Gefangenschaft?“
„Ja.“
„Was plauschest da! Wirst doch nicht in Gefangenschaft gehen, da sie dich nicht ergriffen haben!“
„Doch werd ich gehen. Es ist besser, ich bin die Sorg los. Und nachher wird die Leni mein Weib.“
„Die Leni! Da will ich gar nix dagegen haben; aber das mit dem Gefängnis, da wird nix daraus. Nicht wahr, Alter.“
Der Vater antwortete bedächtig:
„Der Anton hat noch nicht gesagt, wie er auf diesen Gedanken kommen ist. Wie ich ihn kenn, so tut er nix, ohne es sich vorher überlegt zu haben. Laß ihn reden. Wir hören ihn an, und sodann wird es sich zeigen, was wir davon zu denken haben. Also sprich, Anton!“
Und nun erklärte der Sohn, wie er durch Leni und seine Liebe zu ihr auf den Gedanken gekommen sei, dem Gesetz nachzukommen. Er sprach längere Zeit in aller Aufrichtigkeit und Eindringlichkeit zu den Eltern. Und als er fertig war, hatte er den Vater so überzeugt, daß dieser sagte:
„Hast recht, Anton. Geh hinüber und stell dich dem Gericht. Dann bist's los.“
„Und wann?“
„Wann du denkst.“
„Dann recht bald. Je rascher ich beginne, desto rascher bin ich es wieder los. Was meinst, ob ich heut schon geh?“
„Tu es, Anton. Etwas Gutes soll man nie nicht auf die lange Bank schieben.“
„Nein, nein, heut nicht!“ rief die Mutter. „Heut, nachdem du so Großes vollbracht hast, wollen wir dich bei uns haben.“
„Und grad derowegen möcht ich gehen. Weißt, nun kommen die Leut all, und ich soll Red und Antwort stehen. Vielleicht kommt gar auch noch der Professor und will sich extra bedanken; das ist mir zuwider, und daher geh ich lieber fort.“
Die Mutter war nun freilich ganz dagegen, aber der Vater gab ihm recht, und so wurde beschlossen, daß er sich noch heut dem Gericht stellen solle.
„Fährst mit dem Freifräulein hinüber?“ fragte der Alte den entschlossenen Sohn.
„Eigentlich wollte ich; aber sie wird mir Widerreden.“
„Warum?“
„Sie will mich partutemang glücklich machen, und da paßt es ihr natürlich nicht in ihren Kram, daß ich gefangen bin. Ich möcht lieber ohne sie hinüber. Aber wann ich lauf, so ergreifen sie mich.“
„Kannst auch fahren.“
„Mit wem?“
„Des Nachbars Knecht wollt hinüber mit Heu. Er ist nur durch das Unglück droben am Bergsturz abgehalten worden. Ich will mal nachschauen, ob er noch fährt.“
Er ging und kehrte schnell mit der Nachricht zurück, daß der Knecht doch noch fahre und bereits beim Anspannen sei. Nach kurzer Zeit sahen sie den Wagen vorüberrollen, und Anton nahm Abschied von den Eltern. Das brach ihnen das Herz keineswegs. Diese derben Leute haben sich auch lieb, aber ihre Liebe ist keine weichherzige; sie macht weniger Umstände als bei anderen Menschen.
Anton holte vor dem Dorf den Wagen ein und kroch, da der Knecht bereits unterrichtet war und er ihm also keine lange Rede zur Erklärung zu halten brauchte, in das Heu, wo er nicht bemerkt werden konnte.
Es war wenig nach Mittagszeit, als sie in der Stadt ankamen. Anton ging sofort nach dem Gerichtsamt, wo die Bürostunden für den Nachmittag eben begonnen hatten. In dem Anmeldezimmer befand sich der Amtswachtmeister und – der Nachtwächter, welcher entweder auch des Tages über hier eine Beschäftigung fand, oder in eigener Angelegenheit da zu tun hatte. Als der gute Mann den Wilderer eintreten sah, stand ihm vor Erstaunen der Mund weit offen.
„Herrgottsakra, der Krickel-Anton!“ rief er aus.
Der Wachtmeister fuhr herum, betrachtete den jungen Mann und sagte:
„Das ist er? Unmöglich.“
„Warum halt unmöglich?“
„Weil der Fuchs doch nimmer in der Höhle des Löwen erscheinen wird.“
„Oh, ein Fuchs verläuft sich auch mal!“
„So wär's wahr? Bist's wirklich?“
„Ja, ich bin's“, antwortete Anton ruhig.
„Bist nicht gescheit! Kannst dir doch denken, daß wir dich festhalten!“
„Das weiß ich.“
„Und kommst dennerst?“
„Eben deswegen komme ich. Ich will halt hier festgehalten sein.“
„Bist wohl nicht richtig beim Kopf?“
„Ich bin wohl sehr richtig.“
„Weißt, wen wir mal haben, den lassen wir nicht sobald gleich wieder fort!“
„Ich will auch gern bleiben. Kannst mich bei dem Herrn
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