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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Amtmann melden.“
    „Gleich bei dem? Warum nicht vorher bei dem Herrn Aktuar oder Referendar?“
    „Weil ich halt gleich reine Sach haben will.“
    „Nun, so mußt noch ein wenig warten. Setz dich nieder. Da steht die Bank.“
    Anton setzte sich. Der Nachtwächter wußte noch immer nicht, ob er seinen Augen trauen dürfe. Er kam langsam näher und fragte:
    „Willst dich wohl gleich selbst freiwillig stellen.“
    „Ja.“
    „Das ist eine Seltenheit.“
    „Aber es ist besser, sonst fängst du mich noch und arretierst mich ins Loch.“
    „Das kann sein.“
    „Meinst?“
    „Ja. Ich hätt dich heut in der Nacht beinahe schon ergriffen und eingearretiert.“
    „Glaub's kaum!“
    „O ja! Aber als der Herrgottle den Schaden besah, warst du es nicht, sondern ein anderer.“
    „Wer?“
    „Hab den Namen vergessen.“
    „Wohl der Baron von Höllendampf?“
    „Verdimmi, verdammi! Du kennst ihn?“
    „Sehr gut. Er hatte eine Brillen auf, eine Reitpeitsch und einen Hut zum Zusammen- und Auseinandertun? Nicht wahr?“
    „Ja. So einen Hut hab ich noch gar nimmer geschaut. Er konnt gedrückt und gezogen werden grad wie eine Ziehharmonie. Aber woher weißt du es?“
    „Weil ich dabei war.“
    „Du?“
    „Ja.“
    „Es war nur ein Weibsbild dabei.“
    „Ein Weibsbild und ich. Der Baron Höllendampf war ich selber. Verstanden!“
    „Du – du – wärst's – gewesen?“
    „Ja.“
    „Verdimmi, verdammi! Nicht zu glauben!“
    „Hab ich dich nicht gut angeschnauzt? Du bist davongangen wie der Pudel, wenn man ihm Wasser auf den Pelz schüttet.“
    „Hör mal, Anton, das will ich mir verbitten! So weit geht die unserige Freundschaft nicht, daß ich mich von dir einen Pudel schimpfen laß!“
    „Das hab ich halt auch nicht getan. Es war doch nur ein Vergleich, den ich gemacht hab.“
    „So gibt's noch andere Sachen, mit denen du mich vergleichen kannst: es braucht nicht eben grad nur ein Pudel zu sein.“
    „Was denn? Ein Aff oder Heupferd?“
    „Schweig! Hier befindst dich auf amtlichem Boden, und wann du mich verinjurierern willst, so kannst schon schnell eingesperrt werden!“
    „Wohl wieder wegen Hausfriedensbruch auf nächtlicher Gassen? Hast wieder den Alibi gefunden vom Corpus delicatum?“
    „Sei still, Anton! Davon braucht niemand nix zu erfahren. Wann sie hören, daß ich dich hab laufen lassen, so bekomm ich eine Nasen, die für fünf Nashörner und für zehn Elefanten ausreicht. Die gestrengen Herren verstehen halt so leicht keinen Spaß. Eigentlich hab ich alles zu verarretieren, was ich auf der Straßen find, wann ich's nicht kenne. Wer ein Amt hat, der hat auch eine Sorg. Es ist's nur gut, daß mit dem Amt auch gleich allemal der Verstand kommt.“
    Jetzt trat eine Person aus dem Büro des Amtmanns, welcher also nun zu sprechen war, und der Wachtmeister meldete Anton an, welcher sogleich vorgelassen wurde.
    Der Beamte mochte überrascht sein, daß der vielgesuchte Wilderer freiwillig zu ihm komme. Er musterte ihn einen Augenblick lang, und diese Musterung schien von gutem Erfolg gewesen zu sein, denn er fragte in mildem Ton:
    „Was führt Sie zu mir?“
    „Mein freier Wille, Herr Amtmann. Ich möcht meine Straf absitzen.“
    „Absitzen? Sie scheinen das plötzlich recht eilig zu haben!“
    „Ja, je ehnter ich beginn, desto ehnter hört's auf.“
    „Aber es ist Ihnen doch noch gar keine Straf zuerkannt worden!“
    „Nicht? Kann das nicht gleich sofort geschehen?“
    „Nein. Es muß ja vorher über das Verbrechen oder Vergehen verhandelt werden.“
    „Ich hab halt glaubt, das ist nicht nötig. Es steht ja im Gesetzbuch geschrieben, welche Straf ein Verbrecher hat.“
    Das war nun freilich eine sehr naive Ansicht, und sie wurde mit einer solchen Unbefangenheit geäußert, daß der Amtmann Mühe hatte, das Lachen zu verbergen. Er gab ihm die nötige Erklärung und ließ ihm sodann eine Zelle anweisen, in welche Anton interniert wurde. – – –
    Als heut am Vormittage Leni mit dem Wurzelsepp in die Kirche gegangen war, hatten beide nicht bemerkt, daß sich der König bereits in derselben befand. Ludwig war bekanntlich ein begeisterter Liebhaber der Musik. Er wußte, daß der Kantor ein guter Spieler sei und hatte ihn veranlaßt, die Orgel zu spielen. Am Schluß war er zu Leni und Sepp getreten und hatte sie aufgefordert, ihm zu folgen.
    Er ging nach dem Pfarrhaus, in dessen Hof die beiden zunächst ein Weilchen warten mußten; dann wurden sie hineingerufen. Sie kamen aber nicht, wie

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