66095: Thriller (German Edition)
Pfütze.
Einen Augenblick lag sie wie betäubt da; ein höllischer Schmerz durchzuckte ihr Knie. »Nein«, stöhnte sie. »Nicht jetzt.«
Dann hörte sie ein Keuchen und das Geräusch sich nähernder Schritte. Kelly! Schon sah Cricket den Lichtschein seiner Stirnlampe an der Höhlendecke. Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen, um wieder auf die Beine zu kommen. In ihrem Mund war der Geschmack einer bitteren salzigen Flüssigkeit. Sie spuckte aus. Es war Blut. An ihrer Wange ertastete sie eine offene Wunde. Cricket rappelte sich hoch, spuckte noch mehr Blut aus und versuchte, auf dem verletzten Knie zu stehen. Es ging einigermaßen, aber sie hatte das Gefühl, als wäre ein Band gerissen.
Kelly erklomm geduckt den Hang, in der linken Hand hielt er den Elektroschocksender wie einen Schlagstock. Als er Cricket entdeckte, gab er einen triumphierenden Laut von sich wie ein Jäger, der ein verwundetes Wild aufgespürt hat. »Jetzt sitzt du in der Patsche, Mädchen!«
Aber auch Kelly hatte die Glitschigkeit des Bodens unterschätzt, er rutschte aus, seine Beine wirbelten hoch wie bei einem Turner, der einen Hechtsprung über das Pferd macht. Er landete hart auf der rechten Hüfte und Schulter. Seine Pistole löste sich aus der Verankerung seines Schleifsacks und wurde in die Pfütze geschleudert. Der Sender wurde ihm aus der Hand gerissen, schlitterte quer durch die Pfütze und fiel neben Cricket zu Boden. Sie griff danach wie nach einer Waffe, während Kelly, der am Kinn blutete, sich wieder aufrappelte und sich die Schulter rieb.
Die grauen Augen unter seiner Stirnlampe blitzten zornig. Er sah den Sender, den Cricket in der Hand hielt. »Was glaubst du, dass du damit anfangen kannst?«
Er riss sich die Handschuhe herunter, ließ die Fingerknöchel seiner riesigen Pranken knacken und streckte dann die Arme wie ein Ringer aus. »Weißt du, was eine Pythonschlange am Amazonas mit einem Schwein macht?«, sagte er. »Sie umschlingt ihre Beute und drückt ihr die Luft ab.«
»Nein!«, presste Cricket schluchzend hervor.
Sie drehte sich um und versuchte wegzulaufen, aber mit ihrem verletzten Knie hatte sie keine Chance. Kelly hatte die Pfütze mit zwei Sätzen übersprungen, packte sie mit der einen Hand am Nacken, mit der anderen umfasste er ihre Kehle und hob sie in die Luft. Einen Augenblick glaubte sie zu ersticken. Der Druck auf ihre Augen war so stark, dass sie glaubte, sie würden aus den Höhlen hervorquellen. Ihr Rückgrat drohte zu brechen.
»Ich werde dir eine Lektion erteilen, die jeder Häftling lernt«, knurrte er ihr ins Ohr. »Regel Nummer eins: Der Wärter hat immer Recht.«
Cricket wurde schwarz vor den Augen. Aber sie hatte immer noch den schweren Sender in der Hand. Sie holte aus und traf Kelly zwischen Kinn und Halsmuskeln. Offenbar hatte sie empfindliche Nervenstränge erwischt, denn Kelly stöhnte auf, zuckte zusammen und ließ sie los. Cricket holte mit ihrem unverletzten Knie aus und rammte es ihm mit aller Kraft in die Lenden. Kelly ging zu Boden. Sie stieß ihm das Knie ins Gesicht. Er taumelte, landete in der Pfütze und hielt sich die eine Hand schützend vor die Hoden, die andere an die blutende Nase. Wie betäubt saß er einen Augenblick da, dann riss er sich zusammen und knirschte: »Du verdammtes Luder!«
Cricket wollte fliehen, aber ihre Füße verhedderten sich in dem Riemen des Elektroschockgürtels, der neben der Pfütze im Dreck lag. Sie sah zu Boden, dann hinüber zu Kelly, der mit schmerzverzerrtem Gesicht langsam wieder auf die Beine kam, die triefende Pistole in der Hand. Mit zusammengepressten Lippen schäumte er: »Das wirst du mir büßen!«
Cricket stieß den Gürtel in die Pfütze neben Kelly. Er sah es verblüfft, dann riss er die Augen weit auf und hob ruckartig den Kopf.
»Das gilt für dich, du Arschloch«, sagte sie und drückte den Auslöser.
50000 Volt strömten aus den Kontaktpunkten des Gürtels und jagten Stromstöße in die Pfütze, in der Kelly stand. Der Würger krampfte sich zusammen, drückte mit ohrenbetäubendem Gebrüll die Pistole ab, wurde einen Meter hoch in die Luft geschleudert und landete ein Stück hangaufwärts im glitschigen Schlamm.
Ein Ekel erregender Gestank erfüllte die Luft.
11.00 Uhr
Spaghetti-Festungswerk
Verbindungsweg zwischen Bailey- und Parker-Kamm
Labyrinthhöhle
»Wir müssten jetzt ganz in ihrer Nähe sein«, sagte Whitney, die nach Luft ringend stehen geblieben war. Seit ihrem Unfall war sie nicht mehr so schnell
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