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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wert, daß ich ihn nur berühr. Ich will lieber gehn.“
    Er stand auf und entfernte sich langsam. Grad als er nach dem Eingang lenkte, traten die beiden hinter einem Boskett hervor. Sie hielten sich eng umschlungen.
    „Fi donc! Der alte Stromer!“ sagte sie, als sie ihn erblickte. „Fort, aus seiner Nähe! Er stinkt!“
    Anton ließ sich von ihr fortführen, ohne auch nur dem Alten einen Blick der Entschuldigung zuzuwerfen. Sepp blieb stehen und schaute ihnen nach.
    „Stromer!“ sagte er. „Ich stink! Ja, ja, so sind diese Feinen! Und dera Anton hat kein Wort sagt, kein einziges! Wann jemand zu mir sagt hätt, daß er stinken tät, so hätt's bei mir eine Ohrfeigen setzt, neun Zentner schwer! Er ist verloren, ganz und gar verloren, das ist nun sicher und gewiß, Leni, Leni! Geb der liebe Herrgottle, daß dir's Herz nicht bricht!“
    Er schritt langsam dem Schloß zu. Nach einiger Zeit kam er wieder heraus, den alten Hut auf und den Bergstock in der Hand. Er hatte diese Gegenstände oben geholt, ohne ein Wort weiter zu sagen, als daß er beim Mittagszug aufpassen werde, ob der Baron auch wirklich abfahre.
    Milda hatte unterdessen dem Bruder erzählt, daß sie während der Nacht den geheimnisvollen Zettel im Medaillon gefunden habe, und ihm denselben auch vorgelegt. Mit ihrer Erlaubnis und mit Hilfe des Mikroskops hatte er ihn gelesen, allerdings auch nur bis zu der betreffenden Stelle, von welcher an die Tinte so verblichen war. Trotz aller Mühe gelang es ihm nicht, auch nur ein einziges weiteres Wort zu entziffern.
    „Schade, schade!“ sagte er. „Jetzt kommt gewiß grad die Hauptsache, und da kann man nicht weiter.“
    „Auch ich bedaure das. Aber ich habe gehört, daß es Mittel gäbe, solche verblichene Tinte wieder zu erneuern.“
    „Die gibt es allerdings.“
    „Und sind sie dir vielleicht bekannt?“
    „Mehrere. Man muß dabei sehr vorsichtig sein, da es auf die Art der Tinte ankommt, mit welcher die verblichenen Worte geschrieben sind. Es gehört ein wenig Chemie dazu, um das Richtige zu treffen.“
    „Und besitzest du diese Kenntnisse, Max?“
    „Ich bin kein Chemiker. Dichtkunst und Chemie sind nicht Schwestern, welche sich lieben. Aber dennoch getraue ich mir, diese Schrift leserlich zu machen. Mit einer Abkochung von Galläpfeln und klar geschnittenen weißen Zwiebeln kann man jede verblichene Gallapfeltinte wieder so leserlich machen, wie sie vorher gewesen ist. Nur muß man sich in acht nehmen, das Original nicht zu verderben.“
    „Wenn du das tun wolltest?“
    „Gern. Da müßtest du mir aber diesen Zettel anvertrauen.“
    „Ohne Bedenken. Nimm ihn also mit. Aber wird es lange dauern, ehe ich ihn wieder erhalte?“
    „Nein, höchstens drei Tage. Dann bringe ich ihn dir wieder. Aber, Milda, weißt du auch, was du unternimmst?“
    Sein Auge war dabei mit mildestem Blick auf sie gerichtet.
    „Ja“, nickte sie.
    „Jetzt bist du reich. Du kannst nicht wissen, was dieser Zettel weiter enthält. Hast du ihn einmal zu Ende gelesen, so hast du auch die Verpflichtung, nach ihm zu handeln.“
    „Die habe ich jetzt schon.“
    „Aber bedenke, daß der Inhalt dein ganzes Vermögen auf das Spiel setzen kann.“
    „Ich würde es hingeben, wenn ich kein Recht habe, es zu besitzen.“
    „Weißt du auch, was dies bedeutet? Du kennst die Armut nicht!“
    „Max, ich werde niemals arm sein. Ich habe jetzt dich und deine Mutter, welche auch die meinige sein soll. Bei euch finde ich die Liebe, welche ich noch nie gefunden habe. Ich bleibe reich und glücklich, selbst wenn ich alles, alles hergeben muß.“
    Da legte er den Arm um sie und zog sie innig an sich.
    „Gott segne dich, mein liebes Schwesterherz!“ sagte er, sie auf die Stirn küssend. „Du hast recht. Du wirst niemals arm sein. Dein gutes Herz und dein edler Sinn, das sind Reichtümer, welche dir nicht genommen werden können. Und für mich sollte es beglückend sein, wenn ich für dich sorgen dürfte. Jetzt aber kommt! Ihr wollt mich eine Strecke begleiten, und wenn ich zur rechten Zeit in Hohenwald ankommen will, so habe ich mich nun zu beeilen.“

SIEBENTES KAPITEL
    Seelenstimmen
    Um die Mittagszeit stellte sich der Sepp auf dem Bahnhof ein. Er stellte sich so, daß er alles sehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
    Da bemerkte er, daß eine Equipage vier Personen vom Schloß brachte, den Baron, Asta, Anton und den Professor. Ein leichter Wagen folgte mit dem Gepäck. Es wurden die Billets gelöst, und dann gaben die

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