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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Briefträgern kommen und hat mir einen Brief bracht von meinem Schwägern Vinzens droben in Reinsbergen, und da –“
    „Um Gottes willen“, fiel Rudolf ein. „Spannen Sie mich doch nicht auf die Folter! Was ist denn eigentlich geschehen?“
    „Was? Ich werd Sie auf die Foltern spannen? Fallt mir gar nicht ein! Und was geschehen ist, das werden 'S sogleich derfahren, denn bevor ich noch meinen Brief aufmacht hab, hat der Briefträgern mir sagt, daß er der Frau Sandauen auch einen bracht hat, und die hat ihn aufschnitten und sich beim Lesen so still auf den Stuhl setzt, als ob 'S tot gewest wäre, und –“
    „Herrgott! Nachbar, schnell, schnell! Ist meine Mutter krank?“
    „Krank? So warten 'S nur ruhig ab, bis ich es richtig verzählt haben werd. Also sie hat sich so still auf denen Stuhl –“
    „Halt! Nicht weiter!“ rief Rudolf, indem er den Mann beim Arm faßte. „Jetzt sagen Sie mir vor allen Dingen, ob meine Mutter krank ist!“
    „Krank? Na, natürlich ist sie krank!“
    „Was fehlt ihr?“
    „Das sollen 'S sogleich hören, denn als sie sich so auf denen Stuhl niedersetzt hat, so –“
    „Was ihr fehlt, will ich wissen!“ schrie ihn Rudolf an.
    „Herrjeses! Nehmen 'S sich nur eine Zeit! Der Schlag hat sie troffen.“
    „Mein Gott, mein Gott! Lebt sie denn noch?“
    „Na, storben ist 'S noch nicht, und –“
    „Gott sei Dank! Ich muß fort. Sepp, komm nach.“
    Er sprang von dannen.
    „Na“, brummte der Mann, indem er sich den Tabak feststopfte, „nun hat er auf einmal keine Zeit, und vorher hat er sich gar nicht um sie kümmert!“
    „Er hat ja gar nix davon wußt!“ entschuldigte der Sepp seinen jungen Freund.
    „Es ist ihm aber doch schrieben worden!“
    „Er hat die Briefe gar nicht erhalten.“
    „So? Warum denn nicht?“
    „Weil er auf der Reisen unterwegs gewest ist.“
    „So hätt er sollen daheim bleiben!“
    „Ist's denn schlimm?“
    „Schlimm ist's. Nämlich sie hat sich auf den Stuhl setzt und gar nix sagt. Der Briefträgern ist gangen und hat mir meinen Briefen bracht. Kaum aber ist er hinaus gewest, so ist der Knecht hereini kommen und hat sagt, daß der Schlag die Frau Sandau troffen hat. Sie hat nicht reden könnt und auch nicht sich bewegen.“
    „Du, mein guter Gott! Warum denn?“
    „Vor Schreck.“
    „Diese gute, brave Frauen! Worüber ist sie denn so erschrocken?“
    „Weil sie kein Geld mehr empfängt. Der Bankier, von dem sie alle Vierteljahren ihr Geld erhalten hat, der hat einen großen Bankerotten macht, und nun erhält sie all ihr Lebtag keinen einzigen Heller mehr.“
    „Also darüber, darüber ist sie so verschrocken. Und nicht sprechen hat 's könnt und auch nicht sich bewegen?“
    „In der ersten Zeit. Nachher aber ist's besser worden. Jetzunder kann 's bereits wieder langsam reden und auch die beiden Arme bewegen. Kein Mensch ist bei ihr gewest, und so sind halt die Nachbarn zusammentreten und haben sie gewartet und pflegt, wie sich's gehört. Vielleichten wird 's wiedern so gesund wie vorher, aber mit dem Studium ist's nun aus bei ihrem Buben.“
    „Weil das Geld nun fehlt?“
    „Jawohl. Sie hat jetzund auf ein Vierteljahren für ihn zahlen sollt, aber doch nix empfangen. Sie hat für sich keinen Pfennig mehr, für ihn nun aber gar nix. Sie hat von ihren Sachen was verkaufen wollt, aber das haben wir Nachbarn nicht zugeben. Jetzt nun ist der Student angekommen, und nun mag er halt für sie sorgen. Wer weiß, ob die Frau im Leben wieder einen Pfennig verdienen kann. Sie hat denen Mädels das Stricken und Nähen lehrt. Davon und von der kleinen Pension hat 's lebt. Beides ist nun vorbei, und so mag nun der Bub sehen, was er anfangt, um nun durch die Welt zu kommen. Wir Nachbarn werden zwar unsere Händen auch nicht abziehen von der Frauen, welche unsern Kindern Gutes lehrt hat; aber ihn studieren lassen, bis er fertig ist, das können wir doch nicht.“
    „So wird sich ein anderer finden, der's tut“, sagte der Sepp.
    „Ein andrer? Den möcht ich sehen!“
    „Wirst ihn schon bald sehen. Paß nur auf!“
    Er eilte fort, in die erste Straße des sauberen Städtchens hinein und dann nach einer Seitengasse, wo das Häuschen lag, in welcher Frau Sandau zur Miete wohnte.
    Sie war vor langen Jahren hierhergekommen, aus Amerika, wie die Leute wußten. Von dort bezog sie als Pension die Zinsen eines kleinen Kapitals, welches dort für sie angelegt worden war, und beschäftigte sich zu ihrem weiteren Fortkommen damit, daß sie den

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