Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
daß er – arretiert worden sei, arretiert eines gemeinen, schimpflichen Verbrechens wegen.“
    „Himmeldonnerwettern!“ rief der Sepp.
    „Ist's möglich!“ fuhr Rudolf auf. „Mein Vater ein gemeiner Verbrecher!“
    „Sei ruhig, mein Sohn! Auch ich erzähle in Ruhe. Ich darf mich nicht aufregen. Ich darf jene qualvollen, entsetzlichen Tage nicht schildern. Ich war dem Wahnsinn nahe und von aller Welt verlassen. Der Schein war gegen deinen Vater. Man brachte sogar Beweise, obgleich er beteuerte, nicht das geringste zu wissen – er wurde verurteilt. Er hat mir später gesagt, daß er den Tod vorgezogen hätte, aber aus Rücksicht auf mich sein Leben geschont habe.“
    „Glaubst du an seine Unschuld, Mutter?“
    „So fest wie an meine eigene. Und noch heut schwöre ich tausend Eide, daß er das Opfer einer schandbaren Intrige geworden ist.“
    „Ach, wenn wir dieselbe aufdecken könnten!“
    „Das ist mein letzter, großer Wunsch auf Erden. Dein armer, unschuldiger Vater überstand eine lange, schwere Gefängnisstrafe. Nach seiner Entlassung wollte kein Mensch etwas von ihm wissen. Leute, welche sich früher seine besten Freunde genannt hatten, spuckten nun vor ihm aus; selbst aus seiner Familie wurde er gestoßen.“
    „Schrecklich!“
    „Unsere damalige Lage ist gar nicht zu beschreiben. Du warst während der Gefangenschaft des Vaters geboren worden, und da wir von jedermann verstoßen wurden, so war es uns fast unmöglich, nur das trockene Brot zu erwerben. Wie oft habe ich damals an den Tod gedacht, wie oft. Da, in der größten Not, wurden uns bare tausend Taler zugesandt, mit dem Rat, nach Amerika zu gehen. Die Sendung war mit den Worten; ‚ein verborgener Freund‘ unterschrieben, aber dein Vater kannte ebensowenig wie ich die Handschrift. Wir folgten dem Rat. Er erschien uns als der beste, welcher uns gegeben werden konnte.“
    „Drüben wurde der Vater Kaufmann?“
    „Nein. Ich habe dir dies bisher so gesagt, um nicht gezwungen zu sein, dir weitere Mitteilungen zu machen. Er trat in ein Privatdetektivkorps, ein Beruf, für welchen er nach Talent und Ausbildung ganz ausgezeichnet paßte. Aber bereits nach einem Jahre wurde er ein Opfer dieses Berufes. Im Begriff, einen höchst gefährlichen Verbrecher zu ergreifen, wurde er von demselben niedergeschossen.“
    „Arme, arme Mutter!“
    „Wohl war ich eine arme, arme Frau. Von den tausend Talern war nichts mehr vorhanden, und nun war ich auf meiner Hände Arbeit angewiesen. Wohl war ich noch jung, und in Amerika ist es besonders für eine Deutsche nicht schwer, sich zu verehelichen; aber ich konnte nur einmal lieben, und mein Leben sollte von nun an nur dir, meinem Kind, gewidmet sein. Ich wies alle Anträge, welche mir gemacht wurden, zurück und ernährte mich schlecht und recht durch Aufträge, welche ich von der Besitzerin eines Stickereigeschäftes erhielt. Dort, in dem Laden, lernte ich ganz zufälligerweise eine Dame kennen, die Frau eines reichen Kaufmanns, in dessen Geschäft jener Einbruch verübt worden war, dessen Urheber deinen Vater erschossen hatte. Diese Dame empfand Sympathie für mich und stellte mich ihrem Mann vor, welcher mir darauf ein kleines Kapitälchen aussetzte, dessen Zinsen ich bis an meinen Tod genießen sollte.“
    „Wieviel war das, liebe Mutter? Sage es mir heut aufrichtig!“
    „Warum das?“
    „Weil ich heut nun klarsehen möchte. Du bist mir diese Offenheit schuldig.“
    „Nun wohl; es waren tausend Dollar zu vier Prozent.“
    „Mein Gott! Das sind jährlich zweihundert Mark, welche du erhieltest. Und davon hast du die Ausgaben bestritten, welche ich verursachte!“
    „Ich verdiente ja nebenbei noch manches!“
    „Aber wieviel? Wie hast du es angefangen, um ausreichen zu können?“
    Es war ein entsagungsvolles und doch frohbefriedigtes Lächeln, welches um ihr bleiches Gesicht spielte und es verklärte.
    „Nun ja“, sagt sie, „es ist sehr oft recht schmal zugegangen, und ich hätte zuweilen noch ein wenig mehr gegessen, wenn ich mehr gehabt hätte. Aber das fühlt und merkt man gar nicht, wenn es wegen eines guten Kindes geschieht.“
    „Also gehungert, heimlich gehungert sogar!“ rief er erschrocken aus. „Und ich habe das nicht gewußt, habe Ausgaben gemacht, welche nicht unbedingt nötig waren, habe sogar zuweilen Bier getrunken und eine Zigarre geraucht! Mutter, Mutter, warum hast du das getan? Warum bist du nicht eher aufrichtig gewesen? Ich hätte ein Handwerk gelernt und wäre bereits

Weitere Kostenlose Bücher