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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von mir fernhielt, sendet mir einen Künstler, einen Sänger nach Steinegg, welches ich, wie er weiß, in solcher Einsamkeit bewohne!“
    „So ist es.“
    „Du mußt dich irren, vollständig irren!“
    „O nein. Er hat mir sogar, bevor ich abreiste, gewisse Instruktionen in Beziehung auf diesen jungen Herrn erteilt.“
    „Also jung sogar! Ich begreife nicht!“
    „Ich werde es dir erklären müssen.“
    „Natürlich bitte ich dich sehr darum!“
    „Nun, du kennst doch den Professor der Musik Weinhold?“
    „Freilich. Er war mein Klavier- und Gesangslehrer, eine ausgesprochene Kapazität in seinem Fach.“
    „Nun, dieser Professor hat eine neue Gesangsgröße entdeckt, einen Tenor, der ohnegleichen sein soll.“
    „Ach! Wo?“
    „Das ist Geheimnis, wenigstens konnte ich bisher nichts Gewisses erfahren. Dein Vater weiß es, aber er scheint Diskretion versprochen zu haben, denn ich vermochte mit allen meinen Bitten nicht, ihm eine Mitteilung abzulocken.“
    „Das klingt ja außerordentlich geheimnisvoll!“
    „Ist es auch, ist es auch wirklich. Also besagte Stimme ist entdeckt worden, irgendwo und vor ganz kurzer Zeit. Der Professor hat den Betreffenden mit nach Wien gebracht und ihm im stillen den ersten Unterricht erteilt. Der Sänger scheint ein Unikum zu sein, denn nicht nur seine Kehle ist einzig, sondern auch seine übrige Begabung soll eine so brillante sein, daß er in Zeit von wenigen Wochen Fortschritte zu verzeichnen hat, zu welchen bei anderen Monate und wohl gar noch längere Fristen gehören. Du weißt, daß der Professor eben als Kapazität bei den hohen und höchsten Herrschaften Zutritt hat. Auch wird er von ihnen in seinem Haus besucht. Eines Tages steigt die Fürstin Metternich vor seiner Tür aus dem Phaeton, um ihn wegen irgendeiner Komposition zu interviewen. Sie gelangt, da seine Vorsaaltür zufälligerweise offensteht, in seine Wohnung, ohne klingeln zu müssen. Niemand hat eine Ahnung von ihrer Gegenwart – da hört sie vom Vorzimmer aus eine Stimme – eine männliche, wunderbare Stimme, welche zur Pianobegleitung ein Lied singt. Sie hat noch nie so eine Stimme gehört, sie, welche die Künstler aller Länder und Welten gehört hat. Sie lauscht, sie hört das Lied zu Ende und ist unendlich entzückt und begeistert. Sie öffnet die Tür, ohne anzuklopfen, und überrascht den Professor beim Unterricht, welchen er seinem neuen Findling gibt. Er muß erzählen, und die Folge ist, daß die neue Stimme zur Soiree der Fürstin befohlen wird. Der Professor weigert sich, er will nicht, aber er muß. Am Abend trägt der Neuentdeckte einige Piecen vor, natürlich vor höchsten Herrschaften, und erntet einen Beifall, wie er noch gar nicht gehört worden sein soll. Alle Welt will ihn nun hören. Alle Salons sind ihm geöffnet. Eine der allerhöchsten Damen, ich weiß nicht, ob eine der Erzherzoginnen oder gar die kaiserliche Majestät selbst, wünscht auch, ihn zu hören. Er erhält Audienz und singt mit ganz dem gleichen Erfolg. Eine Stimme wie die seinige soll noch gar nie gehört worden sein. Der hohe Herr Gemahl wird herbeigebeten; er hört den Sänger auch und ist für dessen Stimme so begeistert, daß er sich für seine Ausbildung auf das lebhafteste zu interessieren beginnt. Der von Gott Begnadete soll sich nicht vorzeitig in den Salons verausgaben, sondern er soll studieren, ernsthaft arbeiten, um baldigst zur Vollkommenheit zu gelangen. Dazu aber ist Wien für ihn der Ort nicht. Man würde ihm keine Ruhe gönnen; er müßte singen, singen und immer wieder singen und fände dabei nicht eine Stunde Zeit zur Ausbildung. Darum muß er fort, und zwar an einen Ort, welchen niemand kennt, damit er nicht von den Kunstenthusiasten aufgesucht und entführt wird. Man wendet sich an deinen Vater, und dieser ist ganz entzückt, Schloß Steinegg zur Verfügung stellen zu können.“
    „So also ist es, so!“
    „Ja. Du begreifst, daß es deinem Vater ganz bedeutende Chancen macht, sich auf diese Weise den höchsten Herrschaften verbinden zu können. Der unbekannte Sänger ist bereits Persona grata und wird es später unbedingt noch mehr werden. Also kannst du dich rüsten, ihn so zu empfangen, daß – verstehst du mich?“
    „Vollständig!“
    „Der Professor kommt auch mit. Es soll auf Schloß Steinegg ganz im stillen einige Monate lang geübt werden, und dann soll er plötzlich und ganz unvorhergemeldet mit einer bedeutenden Leistung an die Öffentlichkeit treten. Und nicht bloß der

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