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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Professor allein soll an seiner Ausbildung arbeiten, sondern es sind noch zwei andere Personen dazu ausersehen.“
    „Noch zwei Lehrer, welche nach Steinegg kommen?“
    „Lehrerinnen!“
    „O weh!“
    „Nicht o weh, sondern ganz das Gegenteil!“
    „So wird mein liebes Steinegg ja zur wirklichen Unterrichtsanstalt!“
    „Freilich. Ich bin ganz entzückt darüber!“
    „Ich weniger.“
    „Warum?“
    „Nun, daß ich meinen lieben Professor für längere Zeit bei mir haben soll, das freut mich. Daß der Sänger bei mir ausgebildet werden soll, ist mir sogar eine Ehre. Ich werde ihnen beiden gern die Tore öffnen. Aber daß ich noch zweien Lehrerinnen gastlich – das ist mir unbequem.“
    „Weißt du denn, wer sie sind?“
    „Gleichviel, wer sie sind!“
    „Nein, denn die eine bin ich, und die –“
    „Du? Du? Unmöglich!“
    „Ja, ich! Und die andere sollst du sein, du selbst, liebe Milda!“
    „Du scherzt!“
    „Es ist mein völliger Ernst.“
    „Ich Lehrerin eines angehenden Künstlers! Bist du toll? Ich wüßte nicht, was er von mir lernen sollte!“
    „Anstand!“
    „Was? Anstand?“
    „Ja. Anstand und Tournure!“
    „Höre, das klingt höchst sonderbar!“
    „Und ist doch so sehr einfach. Er soll nämlich, wie dein Vater mir mitteilte, sich bisher nicht in sehr exklusiven Verhältnissen befunden haben, und infolgedessen ist es ihm noch schwierig, sich in höheren Kreisen als souveräner Künstler zu bewegen. Eine alte Erfahrung aber lehrt, daß man diesen Chic sich am leichtesten und schnellsten und am sichersten im Umgange mit gewandten und liebenswürdigen Damen aneignet. Diese beiden Eigenschaften besitzen wir. Du bist sehr liebenswürdig, und ich schmeichle mir, gewandt zu sein. Voilà tout! Einverstanden?“
    „Ich möchte das doch noch immer für einen Scherz deinerseits halten.“
    „Das darfst du nicht; es ist völliger Ernst. Der betreffende Herr mag wohl einige kleine Ecken und Härten besitzen, welche er in unserer Gesellschaft verlieren soll. Nun, ich will mich dieser Aufgabe sehr fleißig und mit aller Sorgfalt widmen, denn ich habe gehört, daß er – im Vertrauen zu dir gesagt – ein außerordentlich hübscher Kerl sein soll.“
    „Kerl! Asta!“
    „Pah! Unter vier Augen ist selbst ein solcher Ausdruck einmal gestattet!“
    „Also, das hast du bereits gehört?“
    „Ja. Sein Äußeres soll sehr vielversprechend sein. Du weißt, daß ich mich stets besonders gern mit den Vorzügen des starken Geschlechts beschäftigt habe. Ich gehöre zu den umworbensten Mitgliedern unserer ‚weiblichen Phalanx‘, und so ist es für mich vom größten Interesse, zu probieren, ob ich diesen ‚Neuentdeckten‘ besiegen werde oder ob er Sieger über mich sein wird.“
    „Asta, ich bitte dich!“
    „Bitte, sei nicht prüde! Tugendhaft sind wir ja alle; denn man beobachtet uns. Aber sobald wir uns unter uns befinden, können wir den lästigen Schleier ablegen. Ich halte es mit der Liebe, denn ich bin jung und schön. Wäre ich alt und häßlich, so würde ich mich nach einem anderen Sport umsehen.“
    Diese mehr als aufrichtigen Auslassungen machten einen höchst peinlichen Eindruck auf Milda. Die schöne Blondine nannte sich zwar ihre Freundin, aber von Mildas Seite war diese Freundschaft vielmehr eine Bekanntschaft gewesen. Von Herzen hatte sie sich nie zu ihr hingezogen gefühlt. Sie hatte auch recht wohl gewußt, daß Asta eine mehr sinnlich als geistig bevorzugte Natur sei; aber daß sie solche Grundsätze wie jetzt entwickeln könne, hatte sie freilich nicht geahnt. Sie fühlte sich abgestoßen und hätte wohl eine nicht sehr freundliche Bemerkung gemacht, wenn nicht gerade jetzt das erste Glockenzeichen für den Abgang des Zuges gegeben worden wäre. Das überhob sie der Gelegenheit, einen so schnellen Riß zwischen sich und Asta entstehen zu lassen. Beide begaben sich hinaus an den Zug, wohin Asta ihr Gepäck sich nachkommen ließ.
    Sie hätten sich ganz ungestört weiter unterhalten können, denn es stieg niemand weiter bei ihnen ein. Jetzt läutete es zum dritten Mal. Die Schaffner schlugen die ja noch aufstehenden Türen zu.
    „Steinegg, erster Klasse!“ rief eine Stimme.
    „Was? Sie wollen erster Klasse fahren?“
    „Ja.“
    „Das muß ein Irrtum sein. Zeigen Sie Ihr Billet.“
    „Hier!“
    „Ah, wirklich! Also schnell, schnell, hier herein!“
    Der Schaffner riß die Coupétüre auf, und die beiden Mädchen sahen – den Krickel-Anton einsteigen, Milda zu ihrem

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