68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
setzte das Glas an den Mund und tat einen kräftigen, vergnügten Schluck aus demselben, setzte es wieder nieder und schnalzte mit der Zunge wie einer, dem es sehr gut geschmeckt hat.
„Haben Sie es gehört?“ fragte der Kellner.
„Was?“
„Sie sollen dahin gehen, wohin Sie gehören.“
„Da bin ich bereits schon.“
„So? Wohin gehören Sie?“
„Hierher auf dem Bahnhofen.“
„Sie befinden sich aber gegenwärtig im Wartesalon der ersten Klasse!“
„So? Das ist halt schon richtig. Da will ich auch sein.“
„Ach so!“ dehnte der Kellner. „Sie wollen erster Klasse fahren, Sie etwa?“
„Ja. Habens vielleicht was dagegen?“
„Mit Ihren einzelnen Kreuzern!“
Da blitzte der Anton ihn aus seinen dunklen Augen an und fragte ihn:
„Hörens mal, Sie guts Gschnappsel, wer sind's dann eigentlich, daß mir in dieser Weise kommen?“
„Ich bin der Kellner hier. Verstanden?“
„Na, da sind's auch was Rechts! So ein Bierl einschenken und herumitragen und den Frack schwenken und mit dera Servietten wedeln, das kann halt ein jeder dummer Jungen. Ich will nicht sagen, daß Sie auch einer sind, mich abern lassens aus, sonst fang ich auch an zu wedeln, aber halt nicht mit dera Servietten!“
Er hatte das so laut gesagt, daß man es durch das ganze Zimmer hören konnte. Die Herrschaften wurden aufmerksam auf ihn. Der Kellner warf sich in Positur und antwortete:
„Was, auch noch grob werden wollen Sie? Das fehlte noch, hier im Wartesaal erster Klasse. Ich fordere Sie hiermit auf, das Zimmer zu verlassen.“
„Du armes Männerl, du hättst das Geschicken, mich aufzufordern! Du bist ein dienstbarer Geist. Wann ich außigehn soll, so muß es mir ein ganz anderer sagen, als du bist.“
„Gut! Der andere soll sogleich kommen!“
Er ging, und der Anton nahm so ruhig und gleichmütig einen zweiten Schluck Bier, als ob nicht das Geringste vorgekommen sei. Jetzt kam der Wirt, an seiner Seite der Kellner.
„Da sitzt er“, sagte der letztere.
Kein Mensch im Zimmer sprach ein Wort. Alle wollten erfahren, was gesprochen wurde und wie der arme Gebirgler sich verhalten werde.
„Mein Kellner hat Ihnen befohlen, das Lokal zu verlassen?“ fragte der Wirt.
Der Anton nickte.
„Gesagt hat er's, aber befohlen hat er mir's nicht, denn er hat mir nix zu befehlen!“
„Er hat es an meiner Stelle getan!“
„So? Wer sind's dann eigentlich?“
„Der Wirt.“
„Das will ich schon bereits gelten lassen, denn das geht doch ein bisserl weitern hinaufi: Erst dera Kellner und nachher dera Wirten. Dann bin ich neugierig, wer nun noch kommen wird!“
„Niemand. Ich befehle Ihnen, zu gehen, und Sie haben zu gehorchen!“
„So! Und wenn ich nun nicht gehorche?“
„So lasse ich Sie mit Gewalt hinausbringen!“
„Das können's versuchen! Ich werd's gar gern darauf ankommen lassen.“
„Also Sie gehen nicht freiwillig?“
„Nein!“
„So hole ich Polizei!“
„Das machen's ja, mein scharmanter Herr Wirten. Die Polizeien wird Ihnen sodann sagen, ob's hier jemand hinauswerfen können, der herkommen ist, um mit dera Eisenbahn zu fahren. Für solche Passagiererln sind die Stuben da!“
„Aber die erste Klasse nicht für Sie!“
„So! Fahrt Ihr Herr Kellnern etwa erster Klassen? Dann, wann nicht, so soll er bei denen bedienen, die niedrige Klasse fahren! Verstanden!“
Die Anwesenden steckten die Köpfe zusammen. Sie waren überzeugt, daß er nicht herein gehöre; aber daß er sich nicht werfen ließ, sicherte ihn ihrer stillen Sympathie. Nur Asta von Zolba sagte in befehlendem Ton zum Wirt:
„Bitte, beenden Sie diese widerwärtige Szene! Es ist ja ein Skandal!“
„Sofort, gnädiges Fräulein! Ich hole Polizei!“
Er ging und kehrte baldigst mit dem Stationär zurück. Dieser machte ein sehr grimmiges Gesicht, faßte den Anton bei der Schulter und sagte ganz einfach:
„Komm, Bursche! Hier bist du am unrechten Platz!“
Da stand der Anton langsam auf. Schon glaubten die Anwesenden, daß er dem Polizisten folgen werde; aber er wirbelte nur die Spitzen seines prächtigen Schnurrbarts in die Luft und sagte:
„Hörens mal, zunächst verbitt ich mir das Du! Ich glaub nicht, daß ich mit Ihnen oder Sie mit mir die Schweinen gehütet haben! Und das Wort Burschen, das können's meinetwegen anwenden, wanns mal mit sich selber reden! Und wo ich am richtigen oder am falschen Platz bin, das muß ich am allerbesten wissen. Ich bin höflich hereinikommen, hab grüßt und um Erlaubnissen beten, mich
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