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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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betreten haben, ein wenig erleichtern kann. Hier, meine Freundin Baronesse Asta von Zolba.“
    Die beiden standen einander gegenüber. Ihre Augen trafen sich mit prüfendem Blick. Der seinige blieb ruhig und fest auf ihr haften; sie aber senkte ihre Augen. Es war ihr unmöglich, ihn – so wie er sie – anzusehen. Dann wendete er sich zu Milda:
    „Gnädige Baronesse, ich komme unfreiwillig als einer, dem Sie einen Teil der Traulichkeit Ihres Heims zum Opfer bringen sollen. Ich kann mich nicht selbst entschuldigen, und Sie sollen selbst entscheiden, ob ich ein strenges Urteil verdiene oder nicht.“
    Wie klang das so ganz anders als vorher auf dem Bahnhof! Astas Augen blitzten unwillkürlich auf, und als er sich jetzt zu der Bürgermeisterin wandte, um auch dieser vorgestellt zu werden, da folgte sie seinen Bewegungen mit hellen Blicken.
    Wie war es nur möglich, daß sie diesen jungen Mann auf dem Bahnhof so hatte beleidigen können? Diese kräftige, ebenmäßige Gestalt, diese gewandten Bewegungen, die eigenartigen, männlich-schönen Züge, das große, dunkle, glutvolle Auge – ja, er war schön, und er war sogar noch mehr, er war interessant, höchst interessant.
    Sie beschloß ihren großen Fehler durch gesteigerte Liebenswürdigkeit wiedergutzumachen.
    „Eigentlich bin ich diejenige gewesen, welche die Ankunft der Herren hier gemeldet hat“, sagte sie. „Der Herr Baron von Alberg hatte die Güte, mich damit zu beauftragen. Ich hatte das Vergnügen, mich wiederholt mit ihm über den neuen Stern zu unterhalten, welcher so plötzlich am Himmel der Kunst erschienen ist. Leider konnte ich nicht erfahren, in welchem Sternbild er eigentlich entdeckt wurde.“
    Während die Herren sich setzten, antwortete der Professor:
    „Um auf Ihr Bild einzugehen, könnte ich antworten: im Sternbild des Steinbocks.“
    „Also im Tierkreis!“ lachte sie.
    „Ja“, fiel Anton selbst mit ein. „Ich wurde nämlich im Gebirge entdeckt und will zur besseren Erläuterung hinzufügen, daß ich eigentlich ein wenig Wildschütz gewesen bin.“
    Dabei ließ er seinen Blick zu Asta hinüberschweifen. Sie errötete, denn sie dachte an die Szene im Bahnhof, wo er den ‚Wilddieb‘ mit einer Ohrfeige beantwortet hatte.
    „Ja“, fügte der Professor bei, „sonderbarerweise macht Herr Warschauer kein Hehl daraus, daß er zuweilen das Leben gewagt hat, um sich eine Gemse zu holen. Die Herren vom Amt sind auch so scharf hinter ihm her gewesen, daß er sich nur dadurch retten konnte, daß er einen Bären tötete, welcher dem König an das Leben wollte. Diese kühne Tat war der erste Schritt auf der Bahn, welche er jetzt zu wandeln hat. Der zweite Schritt war der fürchterlich waghalsige Aufstieg zur Felsenwand, von welcher er mir meine arme, verunglückte Frau herabholte.“
    „Ich bitte, bitte, nicht weiter!“ fiel Asta ein. „Das ist ja ein ganzes Verzeichnis von Heldentaten. Gemsjäger, Bärentöter, den König gerettet, Ihre Frau Gemahlin gerettet! Dürfte man darüber nicht vielleicht etwas Näheres hören?“
    Anton sträubte sich gegen die Erzählung dieser Ereignisse; aber der Professor ließ es sich nicht nehmen, die Kühnheit seines Schülers in ein helles Licht zu stellen. Anton konnte nichts dagegen tun, als hier und da einen Einwand dazwischenzuwerfen, wenn der Professor sich gar zu weit hinreißen ließ.
    Dadurch wurde die Unterhaltung eine außerordentlich belebte. Ein Wort gab das andere. Anton hatte keine Schule genossen, aber er war außerordentlich gut veranlagt. Er hatte seinen Aufenthalt in Wien fleißig ausgenutzt und fühlte sich infolge des heutigen Vorkommnisses den Damen überlegen. Das gab ihm eine außerordentliche Sicherheit, und so war es kein Wunder, daß er bei seinen körperlichen Vorzügen einen höchst günstigen Eindruck machte, besonders auf Asta, welche für männliche Schönheit so sehr leicht empfänglich war.
    „Und bitte, wo haben Sie ihn denn zum ersten Mal singen gehört?“ fragte sie.
    „Das sollte ich eigentlich gar nicht erzählen“, antwortete der Professor, „denn die Rolle, welche ich dabei spiele, ist keineswegs eine sehr ehrenvolle. Es war in einem kleinen Badeorte. Ich saß in einer hochgelegenen Restauration, zu welcher ein steiler Pfad emporführte. Herr Warschauer kam diesen Pfad heraufgestiegen und begann gerade unter meinem Fenster zu jodeln. Im beispiellosen Erstaunen über diese unvergleichliche Stimme vergaß ich, daß das Fenster geschlossen war, und fuhr mit dem

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