68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
ist ja die Gegend, welche ich dir genannt habe!“
„Ganz richtig. Aber um Regensburgen herum sind gar viele Örtern und gar viele Häusern und gar viele Türen. Was nun ist das richtige?“
„Ich habe dir gesagt, daß ich den Ort selbst nicht weiß.“
„Das ist schlimm. Aber grad darum muß ich doch das andre derfahren, was Sie noch wissen.“
Sie kämpfte mit sich selbst. Sie hatte ein großes Vertrauen zu dem Alten, und sie wußte recht gut, daß er dieses Vertrauen auch gar wohl verdiene; aber konnte sie, die Frau, einem Mann von ihrer Jugend erzählen, von dem Fehltritt, dessen sie sich damals schuldig gemacht hatte? War das nicht zuviel verlangt?
Als sie zögerte, nickte er bedächtig vor sich hin und sagte:
„Na, ich weiß es gar wohl: Es gibt halt Sachen, von denen man nicht gern redet. Darum will ich auch nix derfahren. Nachher aber dürfen 'S auch nicht verlangen, daß ich mich weitern um diese Sach bekümmern tu. Ich sag Ihnen also, was ich weiß, und sodann mögen 'S halt schaun, ob's das übrige selber dermachen können. Ich werd Ihnen also mal was zeigen.“
Er holte seinen Rucksack aus der Ecke, in welche er ihn gelegt hatte, öffnete ihn und nahm einen kleinen Lederbeutel heraus, den er ihr gab.
„Hier haben 'S dieses Beuterl, Frau Bürgermeisterin. Schaun 'S mal hinein, ob 'S das kennen, was sich jetzt darinnen befindet!“
Sie zögerte. Sie hielt den Beutel zagend in der Hand, drückte ihn an die Brust und seufzte:
„Was wird es sein? Was?“
„Das werden 'S ja gleich schaun!“
„Jawohl. Aber es ist mir, als ob ich jetzt ein Urteil vernehmen solle, welches über Leben und Tod entscheidet.“
„Na, so schlimm wird's halt doch nicht sein. Da nehmen 'S auch noch das Papiererl, was ich da in meiner Taschen hab.“
Er zog ein zusammengefaltetes Papier aus der Tasche und gab es ihr hin. Das öffnete sie. Es enthielt jenes kleine Stückchen Holz, welches zu dem bereits erwähnten Kreuz gehörte.
„Das Bruchstück, welches ich dir anvertraut habe!“ sagte sie. „Das gibst du mir wieder? Warum? Hat es dir nichts genützt?“
„Machen 'S nur das Beuterl auf, nachher werden 'S sehen.“
„Nun gut! So sei es gewagt!“
Sie öffnete den Beutel. Er enthielt jenes schwarze Holzkreuzchen, welches der Sepp bei dem Lehrer Walther entdeckt hatte. Die Frau fuhr von ihrem Stuhl auf.
„Das Kreuz, das Kreuz!“ rief sie. Sie hielt es nahe an die Lampe, um es genau zu betrachten, und sah auch, daß das abgebrochene Stückchen ganz genau dazu paßte. „Es ist's, es ist's, es ist mein Kreuz, mein Kreuz! O Gott, endlich wird es Licht; endlich finde ich, was ich so lange Zeit und so vergeblich gesucht habe!“
Sie preßte das Kreuz an ihr Herz und an ihre Lippen und brach in Tränen aus. Der Sepp sagte nichts. Er war selbst aufs tiefste gerührt. Er ließ sie gehen. Nach einer Weile fuhr sie fort:
„Wo das Kreuz gefunden worden ist, muß auch derjenige sein, dem es gehört hat! Von wem hast du es, Sepp, von wem?“
„Ich, ich weiß halt nicht, ob ich's sagen darf.“
„Warum nicht?“
„Weil mir's verboten worden ist.“
Das war nicht wahr. Er wollte vorsichtig sein. Er wollte hören, was sich damals begeben hatte, als die Mutter ihr Kind von sich gab. Erst dann konnte er gewiß wissen, ob der Lehrer dieses Kind gewesen sei, und erst dann konnte er, seiner Ansicht nach, die verlangte Mitteilung machen.
„Wer hat es dir verboten?“ fragte sie.
„Der, von dem ich's hab.“
„Er muß doch einen Grund dazu gehabt haben.“
„Freilich hat er ihn habt. Er hat nicht wollt, daß ein Mißbrauchen damit macht werde, und darum hat er mir befohlen, ich soll's nimmer eher hergeben und nicht eher was erzählen, als bis ich selber mich überzeugt hab, daß die Person auch wirklich ganz die richtige ist.“
„So traust du mir also nicht?“
„Ich? Oh, ich hab ein gar groß Vertrauen zu dera Frau Bürgermeisterin, aber was mir anbefohlen worden ist, das muß ich doch tun.“
Sie blickte still vor sich hin, betrachtete das Kreuz wieder und wieder und sagte dann:
„Nun wohl, du sollst sehen, daß ich wohl die Richtige bin. Ich werde dir alles erzählen.“
„Daran werden 'S wohl sehr recht tun. Ich werd hernach auch alles sagen, was ich zu sagen habe.“
Sie war aufgestanden und ging in großer Erregung einige Male im Zimmer auf und ab. Dann blieb sie bei ihm stehen, legte ihm die Hand auf die Schulter und fragte:
„Sepp, sage mir, warum du ledig geblieben bist!“
„Ich? Na,
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