68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
weil mich keine hat haben wollen.“
„Dich? Wenn ich dich ansehe, so möchte ich trotz deines Alters behaupten, daß du in deiner Jugend ein ganz hübscher Bursche gewesen sein mußt.“
Er nickte leise vor sich hin, schüttelte dann den Kopf und antwortete:
„Ja, was soll das nützen, wann man kein übles Aussehen hat und hernach dennoch keine Frau bekommt! Freilich wohl bin ich nicht ganz häßlich gewesen, aber es hat mir gar nix nützt.“
„So hast du gar kein Mädchen gehabt?“
„Freilich hab ich mal eine habt; der Leni ihre Muttern ist's gewest. Die hab ich so liebhabt, so sehr lieb, aber sie ist untreu worden, als ich beim Militär standen hab und eine Zeiten lang nicht heimkommen bin.“
„Also geliebt hast sie?“
„Grad wie mein Leben und auch noch mehr.“
„Das wollt ich wissen. Ich wollt erfahren, ob du die Liebe kennengelernt hast.“
„Oh, die hab ich kennengelernt, mehr als genug, mit all ihrem Glück und mit all ihrem Leid. Als ich hab hört, daß es aus ist mit uns, da ist mir's grad so gewest, als ob ich schier vergehen soll und mich gleich hinlegen und sterben. Das hätt ich wohl nicht zweimal derleben könnt; das, wann man's nur einmal mitmachen tut, so ist's grad schon mehr als genug.“
Er wischte sich über die Augen und dann mit dem Ärmel über den Schnurrbart. Es war die Rührung über ihn gekommen, welche ihn jedesmal übermannte, wenn er an jene Zeit dachte, in welcher er hatte entsagen müssen.
„Sepp, ich fühle mit dir. Nun ich weiß, daß du die Liebe kennengelernt hast, wirst du mich verstehen und nicht gar schlimm von mir denken. Ich kann also von dem Jugendfehler, welchen ich begangen habe, mit dir sprechen.“
„Ja, das können 'S halt ganz gut. Ich hätt mir wohl später ein Weib nehmen könnt; wann ich wollt hätt, denn es hat mehrere geben, welche gar gern ihr Ja sagt hätten, und sind auch ganz saubere Dirndln gewest; aber ich hab eben nicht wollt. Die Lieb hat mir zu tief im Herzen sessen; sie ist meine erst und einzige gewest und wird auch mal mit mir ins Grab hinuntergehen. Da brauchen 'S also gar keine Sorg zu haben. Was die Lieb betrifft, davon versteh ich schon auch so ein kleines Wengerl.“
„So höre mich an! Ich werde es möglichst kurz machen, um nicht all das Vergangene, aber nicht Vergessene wieder in mir aufzuwühlen.“
„Ja, sprechen 'S nur! Ich hör schon zu.“
Sie setzte sich ihm wieder gegenüber und begann:
„Als ich jung war, hielt man mich für ein schönes Mädchen –“
„Ja“, fiel er ein. „Das glaub ich gar wohl, daß die Frau Bürgermeisterin ein appetitliches Dirndl wesen ist. Das sieht man ja sogar jetzunder noch.“
Sie überhörte diese Bemerkung und fuhr fort:
„Mein Vater war Bankier. Er galt für reich; aber er hatte sich auf Zureden seines Compagnons in sehr verwickelte Spekulationen eingelassen, und eines schönen Tages stellte es sich heraus, daß ihm kein Gulden und kein Kreuzer übrigbleibe, wenn er so ehrlich sein wollte, seine Passiva zu decken.“
„Ja, das hat man davon, wann man sich einen Compagnonerl anschafft! Das hab ich mir auch immer denkt, und darum hab ich meinen Wurzelhandel stets ganz allein trieben. Ich mag halt keinen andern dazu.“
„Er war ehrlich und zahlte. Er mußte eine untergeordnete Stelle im Bureau eines andern annehmen.“
„Das war brav. Er hat niemand betrogen. Solche Leutln sind aber nicht gar zu häufig zu finden.“
„Ich hatte einen Jugendgenossen, welcher stets viel Interesse an mir genommen hatte. Er studierte Jurisprudenz und besuchte uns täglich, wenn er in den Ferien daheim war.“
„Ah, jetzunder beginnt die Liebesgeschichten!“
„Nein. Ich war ihm sehr freundschaftlich gesinnt, aber Liebe fühlte ich nicht für ihn.“
„Der arme Schluckerl!“
„Ich glaube vielmehr, daß meine Schwester ihm im stillen eine innige Zuneigung widmete. Sie war ein gutes, aber immer kränkliches Mädchen, welches wenig Geräusch von sich machte. Er hieß Holberg.“
„Ah, so heißen 'S doch jetzt selbst! So ist er also doch noch Ihr Mann worden?“
„Später! Als Vater sein Geschäft aufgeben mußte, reichte sein Gehalt nicht zu, unsere gemeinschaftlichen Bedürfnisse zu bestreiten. Ich als älteste sah mich darum gezwungen, dem Vater die Last zu erleichtern. Ich sah mich nach einer Stelle um und wurde Gouvernante in einer adligen Familie.“
„Das ist ein großes Viehzeug, eine Gouvernanten; das weiß ich auch schon bereits. Denen Gouvernanterln steht
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